Kapitel 25 - Einfach mal los lassen

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Der Refrain von „Let You Love Me" ertönt ein zweites Mal in voller Lautstärke und ich lasse mich voll und ganz auf die Musik ein. Was tue ich hier? Noch vor wenigen Stunden, nein, selbst Minuten, wenn nicht sogar Sekunden, habe ich nicht daran gedacht, dass ich so locker tanzen kann. Meine Hüften kreisen sich - hoffentlich - im Takt zur Musik und meine Arme schwingen neben meinem Körper umher.
Ein Blick zu Liz verrät mir, dass ich alles richtig zu machen scheine, denn sie grinst mir breit entgegen und klatscht mit ihren Händen im Takt, während sie laut mitsingt.
Als das nächste Lied folgt, wird das Gejubel und Gegröle noch lauter als die Male zuvor.
Nie hätte ich gedacht, dass das möglich ist, allerdings werde ich gerade eines Besserem belehrt und muss herzhaft lachen.
Es ist ziemlich erstaunlich, wie ansteckend die Euphorie der anderen überzuspringen scheint, auch auf mich, genau wie auf alle Anderen.
So hemmungslos habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Alles fällt von mir ab. Die Sorgen, die Last, die Ängste, einfach alles und ich kann das tun, wonach mir gerade ist. Auch wenn das bedeutet, wie eine Verrückte mit meiner besten Freundin zu tanzen, ohne das jemand mit dem Finger auf mich zeigt.

(Hier bitte das verlinkte Lied einschalte)

„Everyday is a gift, so live it
And put your all into it
You got one chance to do this
Trust your faith and don't you lose it

When darkness comes, bring the light
Look inside your heart and get through the night
Feel the thunder rise inside
It's time for the fire to reignite

The elements of life can hit you like a freight train
It's a mind game, in a time frame
Face it and take it
And just believe you can make it

Gotta roar like a lion and choose the path of a champion
You're f**king indestructable

This is the thunder
Running through your veins
It feels like a hurricane
A hurricane

You got the thunder
Coming from within
It feels like a hurricane
A hurricane, yeah"

Der Bass ertönt und die Menge fängt an, mehr oder weniger, im Einklang zu der Musik auf und ab zu hüpfen.
Liz greift nach meiner Hand und wir tun es den Anderen gleich.
Ihre roten Haare fliegen hoch und runter, wirbeln wild durch die Luft und würden verknoten, wenn sie nicht diese besondere Spülung verwenden würde, zumindest ist das meine Vermutung. Liz wollte mir ihr großes Geheimnis leider nicht verraten. Blöde Kuh mit perfekten Haaren, die ich liebe.
Völlig verschwitzt und außer Atem will ich einfach nicht aufhören. Zu schön ist das Gefühl des Adrenalins, das durch meine Adern fließt, das Gefühl der unendlichen Freiheit, die ich hier in diesem stickigem Flur neben fremden Menschen empfinde.
Als ich den Text des Liedes höre und ihn mir durch den Kopf gehen lasse, muss ich schmunzeln.
Es spricht mir gerade sowas von aus der Seele, auch wenn es nur einen kurzen Text aufweist, fasst es meine momentane Gefühlslage gut zusammen. Eine Gänsehaut überkommt mich bei der Strophe: „Du bist verdammt unzerstörbar."
Genau das bin ich gerade, unzerstörbar!
Zum zweiten Mal ertönt der Refrain und ich kann die ganzen mitsingenden Leute um mich herum genau hören. Dieses Lied scheint fast alle in seinen Bann zu ziehen und jeder, wirklich jeder auf der Tanzfläche gibt alles, auch Liz und ich gehören dazu.
Nachdem das Lied vorbei ist, deute ich meiner besten Freundin an, etwas trinken zu gehen und eine kleine Pause einzulegen.
Sie nickt mir verstehend zu und folgt mir sogleich, als ich Richtung Bar laufe.
Die Tanzfläche scheint sich allmählich etwas zu leeren, aber kein Wunder, so wie alle gerade abgegangen sind.
Mein Blick sucht die Menge nach Jenny und Adam ab, die ich immer noch in der selben Ecke vorfinde, aber nicht mehr alleine.
Mein Herz springt mir, bei diesem Anblick, der sich mir gerade bietet, fast aus der Brust.
Es stehen keine Geringeren als die Boxer - meine Jungs, wie Jenny sie immer nennt - bei ihnen und Mason schaut genau zu mir herüber, so wie er es immer tut und es macht mich echt verrückt, dieser fokussierte Blick!
Er lehnt lässig mit dem Rücken gegen die kahle Wand, stemmt dabei seinen linken Fuß gegen sie und hält einen roten Becher in der rechten Hand, die schlaff nach unten hängt.
Ich mustere ihn mit jedem Schritt, den ich tue, genauer und muss feststellen, dass er heute unglaublich gut aussieht. Wie schaffte er das, von mal zu mal, an dem ich ihn sehe, besser auszusehen?
Seine dunklen Haare sind nach hinten gegelt. Dadurch werden seine Tattoos, die unter seinen Sidecuts liegen, besonders betont und seine schwarze eng anliegende Kleidung setzt jeden einzelnen Muskel von ihm perfekt in Szene.
Sein Blick ruht unverändert auf mir und er scheint bemerkt zu haben, wie ich ihn gerade gemustert habe, denn er fängt an frech zu grinsen. Erwischt, denke ich und ziehe scharf die Luft ein. Meinen Blick lasse ich schnell zu Jenny schweifen.
Sie scheint die ganze Aufmerksamkeit der restlichen Jungs zu genießen und flirtet, was das Zeug hält.
„Sag bloß, das sind die besagten Boxer?", fragt Liz hinter mir ungläubig. Als ich mich zu ihr umdrehe, kann ich sehen, wie ihr der Mund aufklappt.
„Ja, das sind sie, mach den Mund wieder zu, es zieht schon", ärgere ich sie. Weswegen mir meine beste Freundin nur einen empörten Blick zuwirft. Wir beide lachen gemeinsam los und mir fällt schon wieder auf, wie gut mir ihre Nähe tut.

Angel Kiss (Beendet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt