Kapitel 57 - Einen Monat später

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Einen Monat später

Aufgeregt wippe ich mit meinen kleinen Füßen auf und ab, was von einem laut hallenden Geräusch begleitet wird, als sich plötzlich eine große Hand sanft auf mein Knie legt und somit mein Gezappel augenblicklich stoppt.
„Du bist ja nervöser, als ich, Spidergirl." Amüsiert mustert mich mein Freund von der Seite.
Ja, er hat Recht, ich bin total aufgekratzt, was wahrscheinlich nicht wirklich hilfreich für ihn ist. Aber sein heutiger Gegner ist der amtierende Regionalmeister und somit ein ernstzunehmendes Hindernis, welches mit Köpfchen ausgeknockt werden muss. Nur leider handelt es sich dabei um niemand Geringeres als Anatol Tarek. Ein mieser Arsch, der leider eine vorbelastende Vergangenheit mit Mason aufweist. Was genau ihr eigentliches Problem miteinander ist, weiß ich nicht. Darüber haben wir nie wirklich gesprochen. Sehr unvorteilhaft das Ganze, denn intensive Gefühle haben in einem Kampf nichts verloren, was hier leider so gut wie vorprogrammiert ist.
„Ich mache mir halt Sorgen um dich", antworte ich ihm wahrheitsgemäß. Seufzend lasse ich mich gegen ihn sinken und vergrabe meinen Kopf an seiner muskulösen Brust, die nach seinem herrlich männlichem Duft riecht.

Nach den ganzen Aufregungen des letzten Monats, bin ich der Meinung, dass es genug Trubel für die nächste fünf Jahre ist.
Alleine der illegale Fight von Josh und seine schlimmen Verletzungen, die bis Heute noch heilen müssen, jagen mir einen Schauer über den Rücken. Er war zwar nach ein paar Tagen wieder auf den Beinen, dennoch war mit seinen inneren Blessuren nicht zu spaßen.
Die Jungs haben mit der Zeit auch Wind von dem Kampf bekommen und ihm erstmal einen gehörigen Einlauf verpasst. Keiner von ihnen hatte Verständnis für so eine illegale Scheiẞe, denn nötig hatte er es definitiv nicht. Josh ist schließlich ein ausgezeichneter Boxer. Als er uns allerdings erklärte, dass er das Geld für seine kranke Oma dringend benötigte, konnten wir es zumindest etwas nachvollziehen. Dennoch musste der Boxer jedem von uns versprechen, nie wieder auf so eine doofe Idee, die seine komplette Karriere mit einem einzigen Wimpernschlag zerstören konnte, zu kommen. Immerhin hat er nichts als Schmerzen von diesem Fight mitgenommen.
Schlussendlich haben wir alle versucht etwas Geld zusammenzukratzen und es hat tatsächlich für die Behandlung seiner Oma ausgereicht. Bei dem Gedanken an sein überwältigtes Gesicht, vor zwei Wochen, muss ich erneut Lächeln.

„Das brauchst du nicht. Ich passe schon auf mich auf, versprochen." Liebevoll, wie mein Freund nunmal ist, streicht er mir zart über meinen Arm, weshalb ich mir wünschte, wir würden jetzt in meinem Bett liegen, und nicht in einem stickigen Bus sitzen, der uns alle in Richtung Boxkampf fährt.
Seine zarten Berührungen beruhigen mich jedesmal aufs Neue.
Mason strahlt so eine tiefenentspannte Ruhe aus, dass sie sich auch automatisch auf mich überträgt. Genauso wie es in den vergangenen, von Albträumen geplagten Nächten war. In denen ich weinend oder sogar auch schreiend aufgeschreckt war.
Anfangs hatte Mason gedacht, es wäre ein Einbrecher in meiner Wohnung oder es sei mir etwas passiert, bis er begriff, dass ich nur schlecht geträumt hatte. Umso erstaunlicher war seine Reaktion. Denn er fragte mich nicht aus oder wendete sich von mir ab. Nein, er nahm mich einfach nur in den Arm und wog mich zaghaft zurück in den Schlaf. Wie ein kleines Baby, das nach seiner Mama schrie, um liebevoll umsorgt zu werden.
Bis heute hat er mich nicht einmal nach meinen schlimmen Träumen gefragt. Ich denke, er wartet, bis ich bereit bin und es ihm von ganz alleine anvertrauen möchte, wofür ich ihm auch sehr dankbar bin, denn soweit bin ich noch nicht. Es würde mich noch Einiges an Überwindung kosten.
Verliebt und glücklich zugleich schiele ich von seiner Brust hoch in sein markantes Gesicht.
Aus dieser Perspektive wirken seine Wimpern noch voller und länger als ohnehin schon. Seine ganz kleinen Sommersprossen, die man nur aus direkter Nähe erkennen kann, umschmeicheln seine gebräunten Wangen zusätzlich. Er ist einfach perfekt, denke ich, während ein liebevolles Lächeln meine Augen in Falten legt. Perfekt für mich!
Er bemerkt mein sentimentales Starren und verzieht seine vollen Lippen zu einem wissenden Grinsen. Eines von der Sorte, bei der sofort diese niedlichen Grübchen, die sich um seinen Mund herum bilden, zu sehen sind.
Schneller als er es hätte ahnen können schieße ich nach oben und umschließe seine weichen Lippen mit meinen. Ein tiefes Brummen verlässt seinen Mund und löst ein angenehmes Brennen in meinem Körper aus. In unseren Kuss grinsend streiche ich ihm durch sein flauschiges Haar und ziehe sogar leicht daran. Sofort wird unser Kuss fordernder und hat nichts Jugendfreies mehr an sich.
Fast schon flehend streicht er mit seiner Zunge über meine Unterlippen, nur damit ich ihm Einlass gewähre, welchen er auch sofort bekommt. Wer kann da auch schon Nein sagen?
Seine warme Zunge gleitet über meine und so tänzeln sie ununterbrochen miteinander herum, während Mason seine Hand auf meinem Oberschenkel immer weiter nach Oben gleiten lässt, in Richtung meiner Mitte. Seine Berührungen hinterlassen eine prickelnde Spur auf meiner Haut unter meiner engen Jeans. Hitze steigt in mir auf. Zaghaft lege ich meine kleine Hand auf seine Große und lenke beide wieder vorsichtig nach unten zu meinen Knien. Immerhin sind wir hier nicht alleine, auch wenn uns ganz hinten niemand sehen kann. Trotzdem ist es mir unangenehm, was aber nicht heißt, dass ich abgeneigt bin. Ganz im Gegenteil, in diesem Moment brenne ich förmlich und wäre unter anderem Umständen bereit, einen Schritt weiter zu gehen als sonst.
Keuchend beenden wir unseren Kuss und schauen uns einen Moment lang in die Augen. Seine Pupillen sind geweitet und sein hungriger Blick verschlingt mich fast.
Außer Atem senke ich meinen Blick von Mason, streiche mir meine strubbeligen Haare nach hinten und versuche mich zu fangen.
Überrascht von dem Umschwung der Atmosphäre zwischen uns drücke ich ihm noch einen unschuldigen Kuss auf die Lippen und setze mich wieder normal in meinen Sitz. Der Boxer lässt so viele Gefühle in mir aufkeimen, dass ich mich irgendwie für keines entscheiden kann. In der einen Sekunde mache ich mir große Sorgen um ihn und im nächsten Moment machen wir wild miteinander herum. Was zugegebenermaßen nicht meine Art ist. Er schafft es eben mich aus meiner Deckung heraus zu locken. Mich ihm hinzugeben und eines Tages vielleicht sogar bedingungslos mit allem drum und dran.
„Trotzdem ist mir bei dem Kampf nicht ganz wohl." Mein schlechtes Bauchgefühl hat mich schon nach dem Erwachen heimgesucht und ich hoffe so sehr, dass es mich täuscht. Noch so einen schlimmen Kampf wie der von Josh muss sich nicht wiederholen. Darauf können wir alle bestens verzichten.
Im Moment bin ich nämlich sehr zufrieden mit meinem Leben hier in Miami. Das Boxen gewinnt wieder eine immer größere Rolle in meinem Leben, ohne das ich ständig dabei an Jayden denken muss.
Dieser hat sich übrigens auch nicht mehr bei mir gemeldet. Nach dem ich ihm einfach nicht geantwortet habe, habe ich echt damit gerechnet, dass er das nicht auf sich sitzen lassen wird und mir ständig auf die Nerven geht. Aber nichts. Rein gar nichts.
Auch meine Mutter ist mir wegen der Versöhnung nicht mehr auf die Pelle gerückt. Um ehrlich zu sein haben wir seit diesem Telefonat nicht mehr miteinander gesprochen, geschweige denn auf irgendeine Art und Weise miteinander kommuniziert.
Es scheint mir so, dass ich mein altes Leben wirklich hinter mir gelassen habe und hier in Miami endlich wieder neu anfangen konnte. Alles Schlechte abgeschüttelt habe. Auch wenn das bedeutet, noch weniger als zuvor mit meinen Eltern in Kontakt zu treten. Sie bemühen sich ja schließlich auch nicht wirklich. Also was soll's, muntere ich mich wieder auf.
Mein Blick schweift in dem gemieteten Bus herum und in jeder Ecke blitzt mir ein vertrautes und freundliches Gesicht entgegen. Kein Einziges von ihnen will mir etwas Böses, mich ausgrenzen oder mich verabscheuen. Ganz im Gegenteil, sie alle haben mein Leben wieder lebenswerter gemacht. Mir gezeigt, dass es Menschen gibt, die hinter mir stehen und füreinander einstehen. Ich würde mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass wir eine große Familie sind, die sich nicht gesucht, aber dennoch gefunden hat. Für Nichts und niemanden würde ich einen Einzigen von ihnen austauschen wollen. Kalvin, der immer einen frechen Spruch auf den Lippen hat, Josh, den es nur noch im Doppelpack mit Jenny gibt, Alexander, der einfach immer einen guten Rat bereit hält, Percey, unser Partygänger, Noah, der sanftmütige Spaßvogel, Daniel, der eine harte Schale, aber einen unfassbar weichen Kern besitzt und zu guter letzt Mason, der mich jeden Abend vor dem Ertrinken rettet. Meine bessere Hälfte. Mein Anker in der Dunkelheit, die sich trotz all dem Guten in meinem Leben sehr oft versucht an die Oberfläche zu kämpfen.
Ich bin ihnen allen so Dankbar für die Chance auf ein neues Leben, die sie mir unbewusst gegeben haben.

Ein besseres Leben.

Hey ihr Schnuckies,

eeennndddllliiiccchhhh ein neues Kapitel für euch. 😊
Bin echt froh darüber und hoffe es gefällt euch.

Ich hoffe euch allen geht es gut und ihr hattet einen guten Start in die Ferien?

Fühlt euch gedrückt
❤️ eljomucona ❤️

Angel Kiss (Beendet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt