Kapitel 52 - Mut zur Wahrheit

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Immer noch total geflasht von dem Kuss, muss ich anfangen zu lachen, nachdem Mason meinen Ex als Volltrottel bezeichnet hat. Denn das trifft den Nagel auf den Kopf. Auch der Boxer neben mir kann sich ein Brummen nicht verkneifen.
Schon komisch, wie befreiend sich das Aussprechen dieser kleinen Wahrheit tatsächlich anfühlt, die ich eigentlich komplett hinter mir lassen wollte. Ich dachte, ich kann sie einfach totschweigen, nie wieder darüber reden. Nur leider funktioniert das so nicht und genau das wird mir jetzt auch klar. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen.
Meine Vergangenheit wird immer ein mieser Teil von mir sein. Sich immer irgendwie an der Oberfläche bemerkbar machen, ob durch Narben, Erinnerungen, zwielichtige Typen oder eine meiner Panikattacken. Sogar in meinen Träumen lauert der „Vollidiot" -wie Mason ihn so schön benannt hat- ständig hinter der nächsten Ecke, nur um mir einen erneuten Stich zu versetzen. Aber ich habe jetzt begriffen, mich dafür nicht mehr zu verstecken. Nicht vor Mason.
Wie hat er so schön gesagt, „sein Päckchen zu tragen". Bitte hier, Jayden ist mein tonnenschweres Päckchen und ich bin bereit etwas Ballast loszuwerden!
„Was denn? Ist doch nur die Wahrheit. Ich kann nicht verstehen, dass er dir nicht den ganzen Tag an deinen Lippen gehangen hat, bei deinem Talent." Spitzbübisch schaut er zu mir und ich muss schüchtern schmunzeln.
„Aber mal ernsthaft, wie kommt er dazu, seiner Freundin so etwas zu verpassen?" Interessiert deutet der Schönling auf meine Beine.
Meinen Blick immer noch gesenkt, hole ich einmal tief Luft, um mir all meinen Mut zusammen zu nehmen und ihm von meinen Erlebnissen zu erzählen.
„A-also..." Meine Stimme zittert so stark, dass ich mich erneut sammeln muss. Verärgert über meine Schwäche streiche ich mir verzweifelt durch meine Locken, als sich plötzlich eine wohlige Wärme auf meinem unteren Rücken ausbreitet. Mason streift mir dort sanft über die Haut und schenkt mir all den Mut, die Dinge endlich beim Namen zu nennen und nicht nur dann, wenn ich einen Zusammenbruch erleide.
„E-es ist... a-auch eine längere Geschichte." Angespannt mahle ich mit meinem Kiefer und zupfe an meinen Fingern herum.
„Jayden und ich kannten uns auch schon ewig bevor wir ein Paar wurden, so ähnlich wie bei Delia und dir eigentlich. Er ist, oder besser gesagt war, auch ein Boxer. Zusammen waren wir ein unschlagbares Team. Erfolgreich, jung und verliebt. Es passte einfach alles. Zusammen konnten wir viel trainieren, uns Tipps geben und beistehen. Es war wirklich schön, dass gleiche Hobby zu lieben. Allerdings änderte sich so einiges, als er ständig gewonnen hatte. Er wurde irgendwie total überheblich. Hat sich von niemandem mehr etwas sagen, geschweige denn helfen lassen." Sofort flackert das zornige Gesicht vor meinem inneren Auge auf, mit welchem er mich viel zu oft abschätzig beäugt hat und ich muss laut Schnauben.
„Naja, so kam es dann schonmal dazu, dass ich, seiner Meinung nach, meine vorlaute Klappe nicht halten konnte, obwohl ich ihm im Grunde nur helfen wollte und er mir ein bisschen Respekt ihm gegenüber beibringen wollte. Was dann auf solche Aktionen wie mit dem Nudelwasser hinauslief."
Seine Hand auf meinem Rücken hält kurz inne.
„Aber das muss doch mal jemandem aufgefallen sein?" Mit gerunzelter Stirn schaut Mason auf mich herab. Die Besorgnis in seinen traumhaft schönen Augen ist auch mal eine nette Abwechslung zu seinem sonst eher neutralen Ausdruck, finde ich.
„Pah!", rutscht es mir boshaft heraus.
„Jayden war und ist einfach jedermanns Liebling. Er ist ein solch guter Schauspieler, glaub mir, und doof ist er ja auch nicht. Die meisten Verletzungen hätte man meinem Sport zuordnen können, wenn diese dann an sichtbaren Stellen waren." Wissend nickt mir mein Gegenüber bedauernd zu.
„Und was ist mit deinen Eltern? Spätestens denen hätte doch etwas auffallen müssen", bohrt er hoffnungsvoll weiter nach, aber ich muss ihn leider enttäuschen.
„Meine Eltern wissen von nichts." Nervös knibble ich an meinen Fingern herum. Irgendwie fühle ich mich für dieses Thema, was meine Erzeuger betrifft, noch nicht bereit und belasse es bei den wenigen Worten dazu. Mason scheint das zu bemerken, weil er nicht weiter nachfragt, weswegen ich ihm sehr dankbar bin.
Viel zu oft stand ich schon selber vor dieser Frage, aber bin nie auf einen grünen Zweig gekommen. Jayden war natürlich auch der absolute Traum-Schwiegersohn, weshalb meine Eltern sich immer gefreut haben, wenn er vorbeigekommen ist oder uns zu irgendwelchen Veranstaltungen begleitet hat. So konnten sie sich natürlich in seinem Licht sonnen.
Ich solle mir doch ein Stückchen von ihm abschneiden, hieß es so oft. Was mich aber damals und genauso heute einfach nur wütend macht.
„Also hast du definitiv eine Schwäche für Boxer", neckisch strahlt er zu mir herüber. Was ich mit einem verzückten Grinsen erwidere, mich leicht gegen ihn lehne und somit meine Eltern aus meinem Kopf verbanne.
Überrascht von meiner plötzlichen körperlichen Offenheit, verharre ich angespannt in meiner Position und erwarte nichts Gutes. Aber all meine Zweifel sind wie weggeblasen, als mich der muskulöse Adonis in seine kuscheligen Arme zieht. Er hat sich bequem in der Couch vergraben, während ich seitlich in seinen starken Armen, halb auf ihm drauf, verweile und scheiße, es ist ein tolles Gefühl!
Einen Moment lang hängen wir beide unseren eigenen Gedanken nach, bis Mason mir noch eine weiter Frage stellt, die es in sich hat.
„Was meinte dieser Dawson eigentlich mit dem fahrbaren Untersatz?" Für einen kurzen Moment blieb mir die Luft zum Atmen weg und ich bin mir nicht sicher, ob ich mit diesem Teil der Geschichte alles kaputt mache, was sich gerade zwischen uns entwickelt hat. Immerhin bin ich dafür verantwortlich, das Jayden im Rollstuhl sitzt. Vollidiot hin oder her!
Aber verdammt, jetzt oder nie! Irgendwann werde ich es sowieso erzählen müssen und so ist es noch nicht zu spät, sein Herz zu schützen. Immerhin wären nur ein paar Schrammen das Resultat einer Abweisung. Denn wenn es erstmal noch tiefer zwischen uns werden würde, ist es umso schwieriger mit dem Abstand klarzukommen. Dann wäre mit einem Totalcrash meines Herzens zu rechnen, welches doch erst gerade wieder dabei ist, aus seiner Starre zu erwachen.
„Das ist jetzt echt nicht einfach für mich", puste ich mir eine Locke aus dem Gesicht.
„Wenn du es nicht erzählen willst, ist das okay für mich. Du musst nichts machen, was du nicht willst." Mason streicht mir sanft über mein Schlüsselbein und ich frage mich, wo dieser Traum von Mann nur die ganze Zeit gesteckt hat?
„Nein, schon gut. Irgendwann hätte ich es sowieso erzählen müssen, also mache ich es solange ich noch Mut dazu hab." Ich rücke von Mason weg und stütze meine Ellenbogen auf meinen Beinen ab, um mich darauf vorzubereiten, was ich ihm gleich zu sagen habe.
„Wir waren auf einer Party eingeladen, wo wir natürlich auch hingegangen sind, aber meine Lust hielt sich definitiv in Grenzen. Auf Partys konnte Jayden sich immer besonders aufplustern und wenn er noch zusätzlich Alkohol getrunken hatte, war er echt unerträglich. Grenzen gab es für ihn dann fast keine mehr. Jedenfalls standen wir alle draußen zusammen und er ließ wieder den Obercoolen raushängen, weswegen ich mit meinen Augen rollen musste. Dies blieb ihm aber nicht verborgen, weswegen er mich anzischte und seine Berührungen auch immer grober wurden, wenn niemand hinsah. So ging es dann den halben Abend weiter, bis er mir etwas entgegen hauchte, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat und ich ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe." Unwohl rutsche ich auf der Couch hin und her. Mason ganz still direkt neben mir. Sein Körper strahlt eine solche Wärme aus, dass ich sie spüren kann, ohne direkten Körperkontakt zu ihm zu haben.
„Was zur Folge hatte, dass er nach hinten gefallen ist und mit der Wirbelsäule auf einen Stein donnerte. Querschnittsgelähmt wegen mir. Das hat es mit dem fahrbaren Untersatz auf sich." Bedrückt senke ich meinen Blick zu meinen zupfenden Fingern herunter.
Aus dem Augenwinkel heraus kann ich sehen, wie der Boxer sich über seinen Mund streicht und alles Gesagte erstmal verarbeiten muss. Was ich ihm absolut nicht übelnehmen kann, denn fast alle anderen, die davon wissen, haben sich von mir abgewandt.
Ich denke gerade darüber nach, wie schön es ist ein ganz normales Leben zu führen, zwischen den Jungs, die lebhafter nicht sein könnten. Keiner der mir irgendwie schiefe Blicke zuwirft oder Ähnliches. Aber das werde ich mir jetzt bestimmt auch abschminken können, denke ich, während ich aufseufzen muss.

Hey ihr Süßen,
Freitag ist definitiv mein Lieblingstag in der Woche. :P

Denkt ihr Mason wird sich von Ava zurückziehen?

Auf Ava bin ich ja richtig Stolz. Sie hat es ihm endlich gesagt, wenn auch nicht gleich alles, aber das Grundlegende.

An dieser Stelle möchte ich euch allen für eure Treue danken und ich muss wirklich zugeben, dass ihr mich mit euren Reads, Kommentaren und Sternchen richtig pusht. Wer weiß ob ich sonst immer meinen Elan zum weiterschreiben gefunden hätte. Also Danke, ihr seid die Besten! ❤️❤️😘😘
Es bedeutet mir wirklich viel, dass ihr Ava und Mason auf ihren Weg in eine bessere Zukunft begleitet. Danke, Danke, Danke und nochmals Danke.

Und auch chany9100 und g-facet herzlichen Dank für eure Hilfe. 😘❤️😘
Fühlt euch gedrückt
❤️eljomucona❤️

Angel Kiss (Beendet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt