14. Kapitel

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Ich stürmte die Treppe hinunter, ohne auf denjenigen hinter mir zu achten, der versuchte mich aufzuhalten.
Ich lief festen Schrittes auf die Veranda, deren Tür nicht abgeschlossen war.
Nolan, der in seiner Menschengestalt auf der Treppe saß, drehte sich mit großen Augen zu mir um.
"Du elendiger Lügner! Du sagtest, dass der Mist durch Bisse nicht übertragen werden könnte. Du sagtest, dass dieser Spinner", ich deutete auf den Alpha, der nun in der Tür stand und uns beobachtete, "sich nicht um ein Menschenmädchen kümmern würde, das ihn angeschossen hatte. Du ..."
Mein wütender Wortschwall wurde unterbrochen, als mein Mund zugehalten wurde.
"Wie wärs, wenn du dir erst unsere Erklärungen anhörst, bevor du uns alle zum Teufel fluchst?", sagte der Alpha dicht an meinem Ohr. Er drückte mich an seine Brust, um mich festzuhalten. Er war nah, zu nah. Ich wagte es kaum zu atmen.

"Ich hatte ihm gesagt, er solle sich mit Informationen zurückhalten, da nicht klar war, ob du dich noch verwandelst.
Die meisten verwandeln sich innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie gebissen wurden. Bei dir hatten wir fast schon die Hoffnung aufgegeben. Wir haben nur einmal im Jahr die Möglichkeit jemanden zu verwandeln und das ist an dem Tag, an dem wir uns selbst verwandelt hatten. Du warst vier Wochen über der normalen Frist, also wirf Nolan nicht vor, dass er sich an meine Regeln gehalten hat.", zischte er an meinem Ohr.

Ohne jegliche Vorwarnung biss ich ihm in die Hand, die noch immer auf meinem Mund ruhte und wirbelte herum, als er mich los ließ. Dieser körperliche Abstand war absolut notwendig, wenn man bedachte, dass er derjenige war, der dafür gesorgt hatte, dass ich von einem Dach fiel und dann noch mit Bissverletzungen und Knochenbrüchen ins Krankenhaus kam. Wenn man es so sah, war mein Schuss der erste Teil meiner Revanche.
"Mit dir habe ich auch noch ein Wörtchen zu reden! Du bist schuld an der ganzen Scheiße! Du bist schuld daran, dass ich nie auf das Sportcollage gehen kann, an dem ich mich eingeschrieben hatte. Du bist schuld daran, dass ich meine Eltern und alle anderen Menschen, die mir etwas bedeuten, verlieren werde, aufgrund dieses ... Dings ." Ich fand keine Worte dafür. Geheimnis würde einigermaßen passen auch wenn es in diesem Bezug falsch klang. "Du bist jetzt also ruhig und wartest bis du dran bist, bevor ich eine meiner Waffen nehme und dich von oben bis unten aufschlitze, um zu sehen, was bei euch anatomisch falsch läuft.", zischte ich und als ich nur einen erstaunt, irritierten Blick erntete, drehte ich mich zu Nolan um, der uns aus großen Augen beobachtet hatte. Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen und schluckte meinen Kloß im Hals hinunter.
Als ich gerade wieder loslegen wollte, schlang der Alpha wieder seine Arme um mich. Eine hielt meine Arme gegen die Rippen gepresst, die andere hielt mir meine Nase zu, um mich daran zu hindern, ihn nochmals zu beißen. Ich versuchte mich zu befreien, allerdings kam ich gegen ihn kaum an.
"Und du hörst mir jetzt zu, Nevaeh. Wenn du weiter hier so herumschreist, werden vermutlich deine Nachbarn aufwachen und dem Lärm auf den Grund gehen wollen. Was werden sie wohl sagen, wenn sie uns alle hier so sehen? Sei lieber still, bevor ich sie zum Schweigen bringen muss, nur weil du sie angelockt hast." Seine Stimme hatte einen drohenden Klang angenommen, der mich schockierte.
Ich verstummte in seinen Armen und hörte auf, mich zu wehren. Das würde er nicht wagen, oder?
Es war das Letzte, mir mit solchen Drohungen zu kommen, während meine Welt in Scherben lag.
Er ließ mich los und wieder drehte ich mich zu ihm um.

Ich stieß ein lautes Knurren aus, bei dem Nolan hinter mir leise winselte, doch der Alpha blieb ruhig. Er sollte es sich ja nicht wagen, noch irgendjemanden in die Sache mit hineinzuziehen. Ich würde ihm das Leben noch mehr zur Hölle machen als ich es jetzt schon vorhatte.
"Wage es ja nicht!", zischte ich ihn langsam an, damit er mich auch verstand, doch er lächelte wieder.
Oh dieses Lächeln ... ich würde es ihm aus dem Gesicht beißen, wenn ich jemals mit diesem Ding in mir zurecht kommen sollte.

"Lerne erstmal, deine neue Gestalt zu kontrollieren, bevor du mir drohst. Dann sehen wir weiter.", sagte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. Verdutzt sah ich ihn an. Hatte er meine Gedanken gelesen? Konnten sie so etwas?
Und wie sollte ich das bitte anstellen?
Ich wusste nicht einmal, wie ich vorhin in diese Gestalt gelangt war, wie sollte ich sie dann kontrollieren können?
Ich stieß ein trockenes Lachen aus.
Er musste mir die Zweifel ansehen, denn sein Lächeln veränderte sich für einen kurzen Moment.
Es wurde ehrlicher und verständnisvoller.
Dann erschien wieder diese Maske und ich sah das Lächeln wieder, das ich so sehr an ihm hasste. Dieses überhebliche und arrogante Lächeln ...
"Keine Sorge, Neve. Wir werden dir schon alles beibringen und erklären, was du wissen musst."
Er hatte mich Neve genannt. Damit übertrieb er es.
"Na schön! Wenn das alles ist, dann könnten wir ja hier eine Schnittstelle machen und morgen reden wir weiter über dieses Problem. Und du nennst mich nie wieder Neve.", zischte ich.
Sollten er und Nolan sich doch zum Teufel scheren. Sie hatten mir wichtige Informationen verschwiegen und noch dazu über meinen Kopf hinweg über mein Schicksal entschieden. Ich ging hinein, schloss die Verandatür hinter mir ab und ignorierte die beiden Wölfe, die dastanden und mir ratlos hinterherblickten.
Ich würde nicht mehr schlafen können, so viel stand fest.
Oben in meinem Zimmer angekommen, sah ich das Blut und ging sofort wieder hinaus. Ich musste erst alle Beweise beseitigen, die mein Problem verrieten. Erst dann konnte ich vielleicht Ruhe finden.

Als alles weg und ich unter der Dusche gewesen war, setzte ich mich auf mein Bett.
Was sollte ich nun tun? Was sollte aus meinen Eltern werden? Aus Emily? Was sollte ich ihnen sagen? Welche Erklärungen konnte ich ihnen liefern, um ihnen allen beizubringen, dass sich das Sportcollage nun für mich erledigt hatte?
Die Wände kamen näher, während ich über das alles nachdachte und Übelkeit machte sich in mir breit.

Als ich mich in die Toilette übergab, rollten mir gleichzeitig Tränen über die Wangen.
Wie konnte ich das rückgängig machen?

Auch am nächsten Morgen ging ich nicht in die Schule.
Ich wurde mit Blutgeruch und einem Kadaver auf der Veranda begrüßt, als ich die Treppe hinunter ging.
Nolan war nicht da, geschweige denn der Alpha.
Etwas in mir schrie auf vor Hunger, was ich jetzt erst überdeutlich wahrnahm, doch das drängte ich zurück.
Dieses Etwas konnte sich auch von Käsebroten und Kakao ernähren. Nun da ich ahnte, dass die Übelkeit von der Veränderung in meinem Körper stammte, konnte ich auch wieder essen.
Ich ging zum Kühlschrank und suchte mir alles für das Frühstück heraus.
Während ich aß, huschte mein Blick immer wieder zu dem Kadaver.
Als ich dies nun schon zum neunten Mal in Folge bemerkte, knurrte ich protestierend auf.
Konnten die denn nicht kommen und den Mist selbst essen?
Ich aß mein Frühstück auf, aber keiner kam und der Kadaver verschwand auch nicht.

Secret of the TimberwolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt