Der Tannenwald, durch die sie wanderten, zog zu und wurde dichter. Wo anfangs nur ein paar Bäume am Wegesrand standen, mussten sie jetzt im Zickzackschritt laufen, um den dicken Stämmen auszuweichen und sich teils durch das Gestrüpp kämpfen. Immer wieder versperrten knorrige, verformte Äste und Wurzeln ihnen den Weg.
„Sind wir hier echt richtig?", fragte Chris schließlich unwirsch, während er einen dicken Ast abbrach, der ihm beinahe ins Gesicht geklatscht wäre. „Kommt mir irgendwie nicht so vor."
Finn, der immer wieder Blicke auf die Karte in seiner Hand warf, nickte halbherzig. „Der Wald müsste bald enden. Dann kommt ein Trampelpfad, der uns direkt zurück in die Zivilisation führen müsste. Zumindest hoffe ich das..."Den letzten Satz murmelte er mehr in sich hinein, als dass er ihn laut aussprach.
„Das hoffen wir alle.", erwiderte Matthias, der neben ihm lief – und stoppte dann plötzlich.
„Ruhig!". Er legte den Kopf schief, kniff die Augen zusammen und lauschte. „Was ist das? Hört ihr das?"
Lina spitzte die Ohren. Sie hörte exakt nichts. Nur ihre eigenen leise pfeifenden Atemzüge.
„Was meinst du?", fragte Kim mit einer Spur Beunruhigung in der Stimme.
Matthias runzelte die Stirn. „Ich dachte, ich hätte etwas gehört. Ein...Knacken."„Wahrscheinlich ist jemand auf einen Ast getreten. Wäre zumindest logisch." Finn trat wie zur Bestätigung auf ein trockenes Stück Holz. Das Geräusch drang durch die Stille.
„Nein, es klang anders. Ein bisschen wie ein...Schuss."
„Ein Schuss? Vielleicht Jäger!" Aufregung schwang in Kims Stimme mit. „Solange die uns nicht für Freiwild halten, wäre das die Rettung!"
„Vielleicht...." Matthias wirkte nicht gerade, als würde er Kims Worten beipflichten.„HALLO?!"
Der laute Ruf ließ sie alle zusammenfahren. Chris hatte die Hände an den Mund gelegt und schrie in den Wald hinein. „IST DA JEMAND?"
„Spinnst du?", zischte Kim und riss den Arm ihres Freundes nach unten. „Schrei doch nicht so!"
Chris riss sich los und grinste Kim an. „Warum? Wenn hier jemand ist, kann er uns retten. Also!"
Wieder stieß er einen lauten Schrei aus, der zwischen den Bäumen wiederhallte.
Es dauerte einige Sekunden, dann stimmte auch Jennifer in Chris Rufe ein.Linas Herz klopfte. Sie wusste nicht warum, aber es schien ihr, als wären der Lärm, den Chris und Jennifer veranstalteten, keine gute Idee.
Sie fühlte sich mit einem Mal wie eine Maus in der Falle.
„Ruhe jetzt!", Matthias schien sich ebenso unwohl zu fühlen. Seine Augen wanderten unruhig umher. „Seid still!"
„Und warum? Wir sind verdammt nochmal die Einzigen hier in dieser VERFLUCHTEN PAMPA! Die letzten Worte schrie Chris so laut, dass Lina die Ohren dröhnten. „Das müsstest doch sogar DU langsam verstanden haben, Matt!"Dieser fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, schwieg aber.
„Ja, ganz genau..." Chris grinste ein völlig humorloses Grinsen und fuhr fort mit seinen lauten Rufen.
Und dann sah Lina es. „Wartet mal!" Sie starrte auf einen der breiten Bäume vor sich. „Seht ihr das auch oder bilde ich mir das ein?"
Eine hochgewachsene Buche ragte vor ihnen in die Höhe. Und in die raue raue, abgesplitterte Rinde hatte eindeutig jemand Zeichen eingeritzt.„Ja! JA!" Chris Ruf zerriss die kurze Stille, die Linas Entdeckung bereitet hatte. „Scheiße, ja! Das ist menschengemacht!"
Jetzt wollte jeder die Schnitzereien aus der Nähe betrachten. Die Rinde der Buche war von einem oberflächlichen senkrechten Schnitt durchzogen, durch den am oberen Ende zwei kleine kleinere, waagrechte Linien schlossen.
„Und...was soll das heißen?", fragte Kim leise. „Sieht irgendwie aus wie eine Rune. Oder ein ...Gaunerzinken?"

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HOJA
Mystery / ThrillerEine Wanderung in den endlosen Wäldern Rumäniens wird für vier junge Menschen zum absoluten Horror-Trip. Eine Gruselgeschichte pünktlich zur düstersten Zeit des Jahres. Das ist mein erster Roman, bitte seid nett ;))