Schlechte Träume

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„Niemand wird hier geopfert!",  seufzte Finn. „Ich verstehe echt nicht, wie ihr in unserer wirklich mehr als bescheidenen Situation noch die Kraft findet, euch ständig anzuzicken."

Er legte die leicht verknitterte Karte des Apuseni-Gebirges ausgebreitet vor sich auf den Boden. Dann fragte er, zu Jennifer gewandt: „He, Jen – hast du die Powerbank noch, nach der ich vorhin gefragt habe? Ich würde damit gerne mein Handy laden und auf die Offline Weltkarte von Google Maps zugreifen."

„Wozu das denn? Wir haben ja mehrmals gesehen, dass die Landkarte totalen Bullshit zeigt und uns null weiterhilft!", ereiferte sich Kim. „Wenn, dann sollten wir den Akku sparen, kann ja sein, dass wir doch mal in eine Ecke kommen, in der Empfang da ist und von wo aus wir Hilfe rufen können."

Doch niemand achtete auf sie und während Jennifer in ihrem Rucksack kramte, zog Finn sein flaches, schwarzes Handy aus der Hosentasche. Auf Linas Blick hin meinte er: „Ja, ich weiß. Eigentlich bescheuert, das nutzlose Ding ständig mit mir herumzutragen. Aber ist eben Gewohnheit."
Die Powerbank tat ihren Dienst. Sie leuchtete, als Finn sie mit seinem Handy verband und nach kurzer Zeit schaltete sich das Telefon mit einer leisen Melodie ein. Ein Weltall-Wallpaper erschien mitsamt ein paar Icons und Finn tippte auf das Maps-Symbol. Gleich darauf konnte man die bekannte Karte sehen.

„So. Also, hier sind wir. Apuseni, Rumänien."

Alle Augen waren jetzt auf das Display gerichtet und Finn zog die Satelliten-Map mit den Fingern größer. Supernah komme ich leider nicht ran, aber man kann es einigermaßen erkennen."

Lina schluckte. Sie sah ein riesiges Gebiet voller Berge, Bäume, Wiesen, Seen – keine Häuser, keine Zivilisation. Und sie waren mittendrin. Mitten im Nirgendwo.

„Super. Und wir sind wahrscheinlich genau.... da!" Kim stieß mit der Fingerspitze an einen winzigen Punkt, der sich gefühlt am weitesten in der allertiefsten Pampa befand. „Wenn ich das sehe, fühle ich mich noch beschissener, als sonst schon."

Finn wischte Kims Finger beiseite. „Ich scrolle jetzt raus. Auf die andere Seite der Welt. Besser gesagt, in den Amazonas."

Der Regenwald tat sich vor ihnen auf. Eine riesige, grüne Fläche, gesprenkelt von braunen Flecken.
„Vielleicht finden wir irgendeinen Hinweis. Eine ähnliche Formation, irgend sowas in der Art."

Lina kam sich ein wenig bescheuert vor, auf das kleine Display des Handys zu glotzen und nach Formen Ausschau zu halten. Sowas kannte sie sonst eher von ominösen Verschwörungstheorie-Seiten im Internet.

„Sieht das nicht aus wie ein umgedrehtes Pentagramm?", sagte Kim und deutete auf eine Stelle links unten. Und hier – das hier hat eindeutig die Form eines Peni-"

„Kannst du das hier nicht einmal ernst nehmen?" Finn entzog ihr das Handy und presste die Lippen zusammen. „Ist mir schon klar, dass das hier nicht so wirklich nach viel Sinn aussieht, aber in unserer Situation ist mir jeder noch so kleine Hinweis recht, der uns hier rausbringen könnte. Und dem Forscher ist anscheinend nun mal irgendeine Verbindung zwischen diesen Orten aufgefallen."

„Das Einzige, was ich da sehe, sind die Massen an abgeholzten Flächen des Regenwaldes. Vielleicht ist Gaia deshalb angepisst." Kim setzte ein beschwichtigendes Lächeln auf. „Inspiziert ihr mal weiter eurer...Zeug. Was auch immer. Ich leg mich hin."
Damit verschwand sie in ihrem Zelt und zog den Reißverschluss hinter sich zu.

„Na endlich...", murmelte Finn leise. „Sie ist anstrengend."
„Kannst du laut sagen.", stimmte Lina ihm flüsternd zu und auch Jennifer nickte.

Dann konzentrierten sie sich erneut auf die Landkarten.
„Ich wünschte, ich hätte eine Weltkarte dabei. Oder einen Atlas. Damit könnte man es besser vergleichen als mit dem Handy." Finn scrollte über die Oberfläche und landete im Harzgebirge. Einer der Orte, die der Forscher beschrieben hatte.

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