Kapitel 7

9 1 0
                                    

Kapitel 7

MELEK GÜL

Wochen waren vergangen, nachdem ihr Bruder sie so zugerichtet hatte. Wochen waren vergangen, in denen sie im Krankenhaus um ihr Leben bangen musste. Wochen waren vergangen, nachdem sie einen Ton sagte. Wochen waren vergangen, nachdem sie wieder richtig aufstehen konnte, ohne Schmerzen zu haben.

Als sich diesmal die Tür des Zimmers öffnete, stand Bella mit einem Strauß Blumen im Rahmen und kam langsam auf Melek zu, die sich im Bett aufgesetzt und ein leichtes Lächeln aufgesetzt hatte, nachdem sie ihre Lieblingsblumen in der Hand Bellas sah. Bevor sie Melek sachte in die Arme nahm, stellte sie die Blumen auf den kleinen Tisch, der sich neben dem Bett befand. Dann umarmten sich die beiden erst richtig.

«Es freut mich, dass es dir wieder gut geht», sprach Bella mit einem dicken Kloß im Hals, nachdem sie sich von Melek gelöst hatte.

«Ich bin froh dich zu sehen», erwiderte Melek und strahlte über das ganze Gesicht.

«Weißt du schon, wann du entlassen wirst?»

Melek schluckte, sah zu den Blumen, dann zu Bella. «Soweit ich weiß, werde ich heute entlassen. In einigen Minuten kommt nochmal ein Arzt und macht eine Visite und dann kann es losgehen. Die Papiere werden mir dann von einer Schwester gegeben, wenn ich heute gehen kann. Und wenn nicht, dann werde ich morgen entlassen.»

«Hast du noch Schmerzen?», fragte Bella mit vorsichtiger Stimme.

«Es geht. Wenn ich mich zu schnell bewege, dann ja, aber sonst eigentlich nicht.»

Nachdem Melek ihren Satz beendet hatte, schwiegen beide. Bella sah an die Wand, an dem der Putz leicht abblätterte. Melek sah zu den Blumen, die auf dem Tisch lagen. Dann stand sie auf, nahm die Blumen, ging nach draußen und suchte nach einer Schwester. Wenige Minuten später kam sie mit einer Vase in der Hand in das Zimmer zurück und stellte diese auf den kleinen Tisch, der neben ihrem Bett stand.

«Du hast eine Vase für die Blumen geholt?»

Melek nickte. «So vertrocknen sie nicht.»

Bella stand auf. «Ich werde dann mal.»

«Wohin musst du denn?»

«Habe noch einen Termin beim Verlag. Ayden wird in einer Viertelstunde hier sein.»

Melek stand auf und nahm Bella in ihre Arme.

«Wir schreiben», sprach Melek, als Bella im Türrahmen war und ihr zuwinkte. Als sie ihre Freundin nicht mehr sehen konnte, schloss sie die Zimmertür und setzte sich – mit nachdenklicher Miene – auf die Bettkannte.

Gedankenverloren glitt ihr Blick zum Fenster. Draußen schien die Sonne und tauchte die Pflastersteine vor ihrem Zimmer in einen rötlichen Schein. Wenn sie nach rechts schaute, konnte sie eine Wiese entdecken, auf der kleine Butterblumen ihre Knospen öffneten. Ein prächtiges Farbenspiel spielte sich vor ihren Augen ab. Blühende Blumen, Klee, das sich ebenfalls auf der Wiese ausbreitete, Gänseblümchen, die sich dem Wind entgegen streckten, Rosen, die auf der gegenüberliegenden Seite der Wiese wuchsen.

«Hi Melek», sprach jemand. Sie erschrak und ein kleiner Schrei entwich ihrer Kehle. Der Mann lachte leise. «Sorry. Ich wollte dich nicht erschrecken.»

«Alles gut. Nichts passiert. War nur zu sehr in Gedanken.»

Sie stand auf und nahm Ayden in die Arme. Sanft fuhr seine Hand über ihren Rücken und malte kleine Kreise auf das Krankenhaushemd, welches sie anhatte. Melek lächelte und drückte ihn an sich. So standen sie eine Weile lang da.

«Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, wird er es erleben», zischte Ayden leise und verzog das Gesicht zu einer wutverzerrten Fratze.

Sie lachte leise. «Das will ich sehen. Aber hör auf so zu gucken.»

Wenn aus Liebe Hass wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt