Kapitel 21
BELLA BAKER
Mit einem Lächeln auf den Lippen stand die junge Frau auf, lief ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie den Blick zum Spiegel wendete, sah sie die leichten Blessuren, die noch von dem Schlag herrührten. Sich von ihrem Spiegelbild abwendend, lief sie aus dem Badezimmer und ging in die Küche, wo ihr Bruder schon auf sie zu warten schien. Seufzend ließ sich Bella auf einen Stuhl ihm gegenüber fallen. Schweigend sahen beide einander an. Sie merkte, wie erschöpft Ayden war. Die letzten Tage mussten ihn wohl sehr mitgenommen haben. Vor allem die Prügelei zwischen ihm und Cem hatte ihrem Bruder wohl mehr zugesetzt, als er sich eingestehen wollte. Vermutlich lag es auch an ihrem Geständnis, dass sie im Klassentreffen geäußert hatte. Zuvor wusste niemand so recht, wie Bellas Gefühle Cem gegenüber waren. Vermutlich hatten Melek und Julia eine Ahnung, die sich in jenem Moment bestätigt haben musste. Doch ansonsten wusste niemand von ihren Gefühlen, nicht einmal er selbst. Am Tag des Klassentreffens hatte er es unfreiwillig erfahren müssen, da sich Bella nicht mehr beherrschen konnte. Es war einfach aus ihr herausgeplatzt, ohne dass sie ihre Gedanken zurückhalten konnte. Den eigentlichen Grund für ihren Wutanfall an jenem Tag trug ihre innere Stimme, die sie aufgehetzt hatte. Sie war der Grund, dass Bellas Nerven mit ihr durchgegangen waren! Sie war der Grund, dass Bella komplett aus der Fassung geraten war! Sie war an diesem riesengroßen Eklat schuld!
Wenn du mir die Schuld an deinem Eklat gibst, dann hättest du dich besser zügeln sollen, warf ihr ihre innere Stimme haltlos vor und verkroch sich sogleich in einem nicht sichtbaren Winkel, sodass Bella sie nicht erreichen konnte. Kurzerhand stand sie auf und ging zum Tresen, wo eine Tasse stand, die eine dampfende Flüssigkeit enthielt. Bella nahm die Tasse an sich und nippte vorsichtig an dieser. Dann setzte sie sich wieder auf ihren Platz, blickte zu ihrem Bruder, der still dasaß und die Arme vor der Brust verschränkte. Vor ihm stand ebenfalls eine Tasse, die fast leer war.
«Hast du heute etwas Bestimmtes vor?», durchbrach ihre samtweiche Stimme die Stille und ließ ihren Bruder zusammenfahren, sodass die Tasse quer über den Tisch flog und dessen Inhalt sich verteilte. Bella lachte, schnappte sich eine Küchenrolle und wischte die Flüssigkeit auf, die versuchte vom Tisch zu fließen. Ayden half ihr dabei.
«Eigentlich habe ich nichts vor. Wieso fragst du?», sprach er mit rauer Stimme. Mitleidig sah sie ihren Bruder an, der das Gesicht verzog. Er konnte wohl an ihrer Miene erkennen, wie schuldig sie sie fühlte. Im Grunde traf dies auch zu, denn Bella trug die Schuld. Wegen ihr hatten sie sich geschlagen. Wegen ihr hatten sie sich verfeindet. Wegen ihr hatten sie sich auseinandergelebt und Blutrache geschworen. Wie eine kleine Fehde, die Cem und Ayden ausfochten. Nur, dass, wenn es weiter ging, einer von ihnen den Tod finden würde. Oder würden beide bei dem Versuch, den anderen fertig zu machen, draufgehen? Würden beide sich mit Messern erstechen? Würden sie mit Waffen aufeinander losgehen? Wenn sie sich umbringen würde, würden beide noch immer aufeinander herum hacken? Würden sie sich weiterhin die Köpfe einschlagen? Würden sie sich weiterhin bekriegen? Bella wusste es nicht. Sie wollte sich auch nicht vorstellen, wie sich die Feindschaft äußern würde, wenn sie erfahren würden, dass sie sich umbringen wollte. Bella war sich sicher, dass Cem es gutheißen würde, wenn sie verreckte. Doch Ayden? Er würde Cem dafür verantwortlich machen! Er würde versuchen ihn in den Knast zu befördern! Er würde versuchen sie am Leben zu halten. Doch Bella wusste, dass niemand sie davon abhalten konnte. Nicht einmal ihre Eltern, wenn sie versuchten Kontakt mit ihnen herzustellen. Das alles würde sie nicht davon abhalten, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Doch bis sie ihn ausführen konnte, musste sie sich gedulden und gute Miene zum bösen Spiel machen. Niemand durfte merken, wie schlecht es ihr ging. Niemand durfte merken, wie diese Situation sie belastete. Niemand durfte merken, was für Absichten sie hegte. «Bella?»
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Wenn aus Liebe Hass wird
Teen Fiction+++TEIL EINS+++ Zwei Rivalen. Zwei Feinde. Zwei Liebende. Zwei gegensätzliche Gefühle, die heftig aufeinanderprallen. Zwei Personen, die sich die Köpfe einschlagen, wenn man sie nicht voneinander fern hält. Zwei Personen, die einander bis auf den To...