Kapitel 29
Die Straßen Berlins waren überfüllt. Ayden verdrehte genervt die Augen. Er hasste es, wenn die Straßen so voll waren. In anderen Städten war es dasselbe Prozedere mit den überfüllten Gegenden.
Das Hupen eines Wagens riss ihn aus seinen Gedanken. Sofort drückte er aufs Gas und fuhr weiter. Schließlich wollte er die Autofahrer hinter sich nicht verärgern.
Das würde deinem Image schaden.
Ayden ließ einen tiefen Seufzer aus seinem Mund entweichen. Seine innere Stimme schien ihn bis aufs Höchste verärgern zu wollen; doch er ging nicht darauf ein, fuhr weiter.
«Hoffentlich ist er in seinem Haus», murmelte dieser leise vor sich hin und drückte auf die Bremse, da die Ampel gerade auf Rot umschlug. Jetzt hieß es warten, warten und nochmals warten.
Endlich hatte Ayden sein Ziel erreicht. Hastig warf er die Tür seines Wagens zu. Die Türen verriegelten sich automatisch, nachdem sie ins Schloss gefallen waren. Ohne dass ihn jemand erkannte, lief er ins Innere des Hauses und klingelte an der Tür. Niemand öffnete. Waren sie doch nicht anwesend? Sollte er später vorbeischauen? Als sich Ayden umdrehte, öffnete sich die Tür in seinem Rücken. Hasserfüllte Blicke bohrten sich in seinen Rücken. Blitzschnell wandte sich Ayden um und blickte in eisblaue Augen, die ihn anfunkelten.
«Was willst du hier?»
Deutlich konnte er die Fahne riechen, die von seinem Gegenüber ausging.
«Du solltest nicht so viel saufen. Damit machst du dir das Hirn kaputt», bemerkte Ayden beiläufig und schob ihn aus dem Türrahmen, um ins Innere zu treten.
«Hey! Verpiss dich aus meiner Wohnung!», knurrte sein Gegenüber und packte ihn grob. Ayden sollte ihn nicht unterschätzen. Auch im trunkenen Zustand war er eine Gefahr.
Und Schläge verteilen kann er so am besten.
Wie recht seine innere Stimme hatte, wusste Ayden nur zu gut. Beide hatten sich öfter die Köpfe eingeschlagen. Auch nachdem Cem einmal betrunken vor seiner Tür stand und unverständliches Zeug murmelte. Er war froh gewesen, dass Bella in jenem Moment nicht da war. Wer wusste schon, wie sie reagiert hätte.
Sie ist ein zartes Wesen. Vermutlich hätte sie versucht euch zu trennen, mischte sich seine innere Stimme ein. Gedanklich stimme Ayden ihr zu. Bella war nicht jemand, der gerne dabei zu sah, wenn sich Menschen schlugen. Aber sie hatte sich geändert. Ob zum Schlechten oder zum Guten, dass wusste Ayden nicht. Wie oft hatte er versucht mit ihr darüber zu reden. Wie oft hatte sie ihm versichert, dass alles in Ordnung sei.
Du musst es einfach akzeptieren.
Das sagte sie so leicht. Sie waren Zwillinge. Ayden spürte immerzu, dass in Bella etwas vorging, doch kam er nicht an sie heran. Vermutlich vertraute sie ihm nicht mehr. Bestimmt lag es an dem Streit, den sie hatten. Zuvor verstanden sich die beiden, sie konnten über alles sprechen. Aber jetzt? Einiges hatte sich seit jenem Tag geändert. Sie hatte sich immer weiter und weiter von ihm entfernt. Wenn Bella Probleme hatte oder etwas sie zu bedrücken schien, schluckte sie alles hinunter. Wieso tat sie es? Sollte Ayden mit ihr darüber sprechen? Sollte er ihr sagen, dass sie ihm alles erzählen konnte?
Das würde sie mehr unter Druck setzen.
Wieder einmal hatte seine innere Stimme recht. Bella würde niemandem etwas anvertrauen, außer sie tat es aus freien Stücken. Man sollte sie nicht mehr dazu zwingen, sie nicht drängen. Nur zu gut wusste Ayden in diesem Augenblick, was geschehen würde, wenn man es erneut täte.
Aus diesem Grund bist du doch hier, sprach seine innere Stimme. Du solltest ihn fragen. Vielleicht weiß er etwas.
Ayden seufzte leise und schob seine Gedanken sowie Sorgen beiseite. Kühl trafen seine Augen auf Cems, der ihn noch immer fest im Griff hielt.
«Wo ist meine Schwester?», rief er aus und schob seine Hände zur Seite, um ihn im Anschluss von der Tür zu drängen. Schließlich sollten die Nachbarn nichts davon mitbekommen. Dies schien auch in dem Hirn seines Gegenübers anzukommen, denn murrend ließ er es geschehen, dass Ayden die Tür schloss und sich mit dem Rücken gegen das braune Holz lehnte.
«Woher soll ich wissen, wo die Schlampe ist», spuckte Cem aus und verzog hasserfüllt das Gesicht. Ayden ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten würde er auf ihn losgehen wollen, um ihm die Fresse einzuschlagen. Er konnte jedoch nicht. Kein Blut sollte mehr fließen. Er wollte sich nicht mehr schlagen. Nicht, wenn es auch friedlich ging.
«Wo. Ist. Bella?», sprach er und betonte dabei jedes einzelne Wort.
Cem seufzte und rollte mit den Augen. «Woher soll ich wissen, wo sich die Nutte aufhält?»
Ayden presste die Lippen zu einem schmalen Strich. «Noch einmal und du bekommst meine Faust zu spüren!»
Abfällig lachte sein Gegenüber. «Das traust du dich doch eh nicht.»
Er hätte es tun sollen. Ihm einfach die Fresse einschlagen, aber Ayden konnte nicht.
«Na los», provozierte Cem und kam ein Stück näher. Instinktiv drehte Ayden seinen Kopf zur Seite, um die heftige Fahne, die von Cem ausging, nicht mehr riechen zu müssen. «Schlag zu, wenn du dich traust. Oder hat deine Schwester dich zu einem verfickten Weichei erzogen?»
Dies brachte das Fass zum Überlaufen. Er entfernte sich von der Tür, kam Cem gefährlich nah und holte aus. Im nächsten Moment hörte er, wie sich ein Schlüssel im Türschloss drehte. Blitzschnell ließ er die Hand sinken und schaute stattdessen nur funkelnd zu ihm herüber.
«Es wäre hilfreich, wenn du mir sagen könntest, wo Bella ist», sprach Ayden und setzte ein gefälschtes Lächeln auf.
«Deine Schwester ist nicht hier», beteiligte sich die Person hinter ihm am Gespräch. Seufzend trat Ayden zur Seite und ließ die Person ins Innere eintreten. Als Ayden zu ihm herübersah, bemerkte er, wie die Person ihren Kopf schüttelte, sich dann an Cem wandte und sprach. «Du trinkst eindeutig zu viel.»
«Fick dich, Burak», zischte Cem und lief auf die Tür zu, schob Ayden fort, nahm seine Sachen und verschwand. Hinter ihm fiel die Tür krachend ins Schloss.
«Wenn er so weiter macht, wird er sich sein Leben zerstören», sprach der Mann, den Cem Burak genannt hatte. Zustimmend nickte Ayden. «So langsam hat er die Wahrheit doch verdient.»
Wieder seufzte Ayden und verschränkte die Arme vor der Brust. «Dann tickt er erst recht aus.»
«Wann soll er es denn erfahren! Wenn Sylvia aufgewacht ist und ihm unter die Augen tritt?»
«Die Entscheidung liegt bei ihren Eltern und nicht bei mir», meinte Ayden und drehte sich um. Kalt lag die Türklinke in seiner Hand, als er diese herunterdrückte und aus dem Inneren der viel zu warmen Wohnung verschwand.
Wütend flog die Autotür ins Schloss. Ayden schnallte sich nicht einmal an, nachdem er den Motor angelassen hatte und aus der Parklücke fuhr.
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Eintrag 42, 26.07.2030.
Warum zur Hölle schlägt mein Herz schneller, wenn es dich sieht? Warum ist ein Leben ohne dich nicht möglich? Eine berechtigte Frage, die in meinem Inneren spukte. Wieso brach der gottverdammte Kerl mir das Herz nicht so, dass ich aufhören musste, ihn zu lieben? Warum zum Teufel zog er mich magisch an? Wieso musste ich ausgerechnet ihn lieben? Konnte es nicht jemand anderes sein, dem ich mein Herz schenken durfte? Wieso hatte ich mich überhaupt auf diesen Arsch eingelassen? Warum hatte ich mit ihm geschlafen? Warum zum Teufel war das Schicksal ein verfickter Verräter?! Konnte es mich nicht in Frieden lassen? Wieso war ich diejenige, auf dessen Gefühlen man herumtrampelte? Weshalb war das Glück nicht auf meiner Seite? Liebten sie es, mich zu foltern? Sahen sie mir beim Zerbrechen zu? Machte es ihnen solch einen Spaß, dass sie mich am Leben ließen, um weiter zu zuschauen, wie ich an meinem Elend zerbrach? Warum ließ ich mich von ihm schwängern?
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Wenn aus Liebe Hass wird
Teen Fiction+++TEIL EINS+++ Zwei Rivalen. Zwei Feinde. Zwei Liebende. Zwei gegensätzliche Gefühle, die heftig aufeinanderprallen. Zwei Personen, die sich die Köpfe einschlagen, wenn man sie nicht voneinander fern hält. Zwei Personen, die einander bis auf den To...