Kapitel 8

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Kapitel 8

Die Nacht war vergangen. Sonnenstrahlen fielen sanft in ihr Zimmer. Müde öffnete Bella ihre mit Schlafsand bedeckten Augen und streckte sich. Gähnend tastete sie auf dem Nachttisch nach ihrem Handy. Als sie dieses fand und sah dass es fast halb eins war, sprang sie aus dem Bett. Mit fahrigen Fingern nahm sie sich einige Klamotten und rannte zum Bad. Die Tür fiel hinter der gehetzten Frau ins Schloss. Das Wasser wurde aufgedreht, nachdem sich Bella ihrer Kleidung entledigt hatte. Gedankenverloren schloss sie ihre Augen und ließ ihre Erinnerungen schweifen.

Sie dachte an ihre Kindheit. Daran, wie ihr Bruder und sie im Sandkasten gespielt hatten. Daran, dass sie ihrem Bruder die Schaufel über den Kopf gezogen hatte, weil er ihre Puppe im Sandkasten vergraben hatte. Sie dachte daran, wie sie eingeschult wurden. Dachte an ihre Klassenfahrt, die sie nach Oxford getätigt hatten. Dachte an den Abschlussball, den sie nach der zehnten Klasse organisiert hatten.

Dachte an ihn. An seine Lippen, die ihre das erste und letzte Mal berührt hatten. Dachte an seinen gutgebauten Körper, der sich ihr langsam näherte. Dachte an sein Aftershave, welches er noch heute trug. Dachte an seine eisblauen Augen, die sie noch immer in ihren Bann zogen. Dachte daran, wie er sie schikaniert hatte! Wie er sie demütigte! Wie er sie vor allen bloßstellte! Wie er eine andere vor ihren Augen geküsst hatte! Wie er sie fertig machte! Wie er sie schlug! Wie er sie...

«Willst du im Bad schlafen?», rissen sie die Worte ihres Bruders aus ihren teilweise schönen Erinnerungen. Bella hatte gar nicht bemerkt, wie sie einfach nur dastand und ihren Gedanken nachhing. Erst die lauten Worte ihres Bruders brachten sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Erst jetzt spürte sie die Kälte, die sich auszubreiten schien.

«Ich komm gleich», sprach sie mit belegter Stimme und drehte das Wasser auf. Schnell wusch sie sich den Schaum vom Körper, trocknete sich ab, zog ihre saubere Kleidung an und kam aus dem Bad. Ayden besah sie mit einem fragenden Blick. Doch Bella schüttelte nur den Kopf und lief an ihm vorbei. Direkt in die Küche, wo sie sich etwas zu Essen machte. Ihr Bruder folgte ihr schweigend.

«Wann ist das Klassentreffen?», wollte sie nach einer Weile des Schweigens wissen.

Ayden nahm sich eine Tasse aus dem Schrank und goss sich den dampfenden Kaffee in diese.

«Nicht mehr lange», sprach er und nahm einen kleinen, vorsichtigen Schluck, «ich glaube noch ungefähr zwei Wochen.»

Bella nickte, nahm sich ihre Tasse und goss sich ebenfalls etwas von dem Kaffee ein, der in einer Kanne vor ihnen stand.

«Hast du eigentlich noch etwas vor?», durchbrach Ayden die Stille.

Bella zuckte mit den Schultern. «Nein, wieso? Willst du mich wieder auf einen Dreh schleppen? Oder mich irgendwohin schleifen, wo ich gezwungen bin, an deiner Seite zu bleiben? Oder willst du mich gar foltern?»

Er lachte leise und trag ihr gegen das Schienbein.

«Au! Du Blödmann!», quiekte sie und legte ein zartes Lächeln auf ihre Lippen.

«Trink den Kaffee und zieh dir etwas Schickes an!», forderte er und stand von seinem Stuhl auf, um sich genüsslich zu strecken.

«Und wozu soll das gut sein?»

«Das wirst du dann sehen, meine Liebe.»

Ayden drehte sich um und verschwand aus der gemütlich eingerichteten Küche. Bella schüttelte fragend ihren Kopf und trank den Rest aus ihrer Tasse in einem Zuge aus. Sie stand ebenfalls auf und begab sich in die Richtung ihres Zimmers, wo sie die Tür ihres Kleiderschrankes öffnete und genervt in diesem herumwühlte.

Wenn aus Liebe Hass wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt