Kapitel 18

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Ich lächelte. Aus irgendeinem Grund fiel mir ein Stein vom Herzen, dass Felix so locker reagierte.
„Und wir haben ein Date morgen.", fügte ich noch hinzu. „Echt? Taddl ist sonst nicht so der „Date"-Typ.", meinte er neugierig, „Wohin geht's denn?" „Keine Ahnung. Er hat mir ein Zettel mit einer Adresse und einem Datum in die Hand gedrückt. Schien fast schon geplant zu sein.", ich nahm einen Schluck Tee, um das trockene Gefühl der Nervosität auf meiner Zunge zu vertreiben.
„Das wiederum sieht Taddl ähnlich. Wenn ein Date, dann schon geheimnisvoll und mit Stil.", Felix klang beinahe stolz. Als würde er von einem Bruder reden, dem etwas gut gelingt.
„Aber ich hab keine Ahnung, was ich anziehen soll!" Dieses Problem schwebte schon eine Weile in meinem Hinterkopf umher und ich war erleichtert, es endlich ausgesprochen zu haben. So was war normalerweise, nicht so meins, also machte ich mir beinahe doppelt Sorgen.
Felix lachte wieder einmal. „Ach. Mädchen. Am besten etwas Bequemes. Jeans oder sowas.", schlug er vor, aber nicht ohne vorher zu seufzen. „Danke für den Tipp.", sagte ich, obwohl es mir nicht wirklich weiterhalf.
„Du hast das Video ja immer noch nicht gesehen!", rief er plötzlich. Ja, dass hatte ich auch bemerkt. Meine Maus schwebte schon eine Weile über „Play". „Jep. Ich melde mich später nochmal, in Ordnung?", verabschiedete ich mich und wartete einen Moment, bis auch er sich verabschiedet hatte, dann hängte ich auf. Sofort drückte ich auf „Play" und beobachtete gespannt, was da auf dem Bildschirm passierte. Man sah Felix und Izzi vorne auf ihren Longboards hocken, hinter ihnen rauschte der Rhein und auch ich war noch zu sehen. Meine Haare wehten in der leichten Brise und irgendwie sah ich so gar nicht aus, wie ich mich sonst sah. Ich sah nicht das scheue Mädchen, welches die Haare immer praktisch hochgebunden hatte und so selten wie möglich in den Spiegel sah. Die junge Frau im Video stand selbstbewusst da und schien völlig in ihr Handy vertieft zu sein. Als sie sich dann umdrehte, um zu dem jungen Mann zu schauen, der auf sie zu kam, schien sie von innen heraus zu strahlen und man konnte ihre Augen auch aus dieser Entfernung funkeln sehen. Aber auch in Taddl schien eine Veränderung vorzugehen, die ich in jenem Moment nicht bemerkt hatte. Als er näher kam, richtete er sich gerader auf und ich meinte, in seinen Augen ein Blitzen zu erkennen.
Als wir aus dem Sichtfeld der Kamera waren, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Izzi und Felix. Ich lachte laut auf. Ihre Gesichter waren göttlich, als sie sich das Lachen zu verkneifen versuchtem, weil sie mitangesehen hatten, wie Taddl und ich automatisch beide einen Schritt auseinander gingen. Izzi rang sichtlich mit der Fassung, bis er es schaffte den nächsten Satz zu sagen. Nach dem Intro riefen sie mich vor die Kamera und man konnte meinem Gesicht die Verwirrung ansehen. Ich übersprang den nächsten Teil, weil ich ja wusste, über was sie so sprachen. Ich sah ab dem Moment weiter, in dem Taddl und Ardy vor die Kamera kamen. Als Taddl und ich einen Blick tauschten, breitete sich ein warmes Gefühl in meinem Bauch aus. Vielleicht war es nur, weil mir jetzt so viel klarer war, wie da, aber ich konnte in diesem Blick so viel lesen. Nachdem das Video zu Ende war, begann ich durch die Kommentare zu scrollen.
Felix hatte nicht gelogen. Keine Ahnung, wie viele Kommentare „Aww, habt ihr den Blick zwischen Jules und Taddl bei 20:05 gesehen? Egal, was Dner sagt, nur Freunde sind die nicht." Die Antworten darauf waren meistens nur positiv. Es gab aber auch negative. Sie störten mich aber nicht sonderlich. Ich war gegen so was ziemlich abgehärtet. Irgendwann bemerkte ich, wie mir die Augen zufielen. Also schloss ich meinen Laptop, stapelte mein Geschirr in der Spüle, putzte mir die Zähne und aktivierte den Wecker auf meinem Handy. Und obwohl ich unglaublich viel geschlafen hatte, war ich, nachdem ich mich hingelegt hatte, sofort weg.

Der nächste Tag ging vorbei wie jeder normale Arbeitstag auch, mal abgesehen davon, dass ich am Morgen eine gute halbe Stunde vor dem Kleiderschrank stand, weil ich nach der Arbeit keine Zeit mehr haben würde, nach Hause zu gehen. Was bedeutete, dass ich nur hoffen konnte, dass bei der Arbeit nichts schief ging und mein Outfit am Abend immer noch akzeptabel war. Und auch etwas anderes war anders als sonst. Kristen fehlte. Sie war noch immer im Krankenhaus, auch wenn sie unterdessen aufgewacht war. Es hiess, es ginge ihr gut. Ich würde sie aber nicht noch einmal besuchen. Diesen Fehler würde ich kein zweites Mal begehen. Da weder Sean noch Clarice besonders scharf auf die Arbeit im Büro waren, übernahm ich das. Zum einen hasste ich es, Rechnungen und Abschriften zu ordnen und zu überprüfen, zum anderen bedeutete das, dass kein Kaffee auf mein Outfit verschüttet werden konnte.
Ich hatte mich schliesslich doch an Felix Tipp gehalten und trug meine dunkelblaue Lieblingsjeans, die, so hoffte ich, meine Kurven gut betonte. Das T-Shirt sass locker und wenn ich mich streckte war mein Bauch zu erkennen. Es trug die Aufschrift „Just keep breathing." Es war grau und die Schrift selbst war schwarz. Meine Haare hatte ich ausnahmsweise auch nicht hochgebunden, sondern liess sie offen über die Schultern fallen. Ich fühlte mich gut. Manchmal hatte ich solche Tage. Tage, an denen ich mich einfach hübsch fühlte. Meistens verschwand das Gefühl aber wieder, gleich nachdem ich meine Wohnung verliess. Heute aber blieb es. Es blieb den ganzen Tag. Nur wurde es immer kleiner und immer weniger. Als würde mit jeder Stunde ein kleiner Teil meines Selbstbewusstseins wie Sand in einer Sanduhr fortrieseln. Als um zwanzig vor acht Clarice nach hinten ins Büro kam, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass es Zeit für mich war zu gehen, arbeitete ich schon eine Weile nicht mehr richtig. Stattdessen tigerte ich hin und her und zupfte immer wieder an meinem T-Shirt herum. Clarice musste sich sichtbar das Lachen verkneifen, als sie mich so sah. Aber sie schaffte es nicht zu lachen und aus irgendeinem Grund war ich ihr dankbar dafür. Sie kam auf mich zu und ihre grünen Augen funkelten, während sie mich musterte. „Du siehst wunderschön aus, weisst du das?"
Ich spürte die Röte in meinen Wangen und sah verlegen weg. Es war selten, dass wir uns so direkt Komplimente machten. Und obwohl Clarice und ich uns angefreundet hatten, war immer noch etwas an unserer Freundschaft gewesen, das nicht ganz echt und offen war. Doch in diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass dieses etwas wie weggeblasen war.
„Der Lidstrich steht dir. Hab ich dir das schon mal gesagt?" Ihr Lächeln war echt und warm. „Nein, hast du noch nie gesagt. Danke dir." Ich umarmte sie. Sie wusste, dass ein Lidstrich und Wimperntusche das einzige an Make-Up war, dass ich jemals freiwillig brauchen würde. Sie hatte einmal versucht, mich zu mehr zu überreden. Das hatte aber nicht geklappt. Ich fühlte mich dann einfach nicht wohl. Auch so schminkte ich mich nur selten, es war also keine Überraschung, dass sie mit diesem Kompliment gerade heute herausrückte.
„Jetzt aber ab mit dir!", befahl sie, während sie mich an den Schultern aus dem Raum schob. Ich winkte Sean noch kurz zu und schon stand ich vor dem Starbucks. Normalerweise würde ich jetzt Musik hören, aber die Adresse, die Taddl mir gegeben hatte, war nicht allzu weit entfernt und ich wollte nicht unhöflich mit Kopfhörern in den Ohren auftauchen. Es war überraschend warm und die Luft roch nach Frühling. Obwohl ich mich mitten in der Stadt befand, konnte ich die Natur praktisch spüren. Das war etwas, dass ich vermisste. Die Natur. Weite Felder und plätschernde Bäche. Das war tatsächlich ein Vorteil eines Dorfes.

Da ich mich schlichtweg weigerte die Adresse im Internet einzugeben, um wirklich überrascht zu werden, musste ich mich durchfragen. Ich hatte sogar Recht gehabt und musste nicht lange laufen, bis ich zu einer Gasse mit dem richtigen Strassennamen kam. Sie war klein und der Boden war aus Pflastersteinen, was mir verriet, dass ich mich in der Nähe der Altstadt befinden musste. Mein Herz begann in einem unregelmässigen Rhythmus zu klopfen, als ich die Gasse hinunter ging und die Hausnummern abzählte. Und dann plötzlich stand ich davor. Die Hausnummer sprang mir förmlich ins Gesicht und mein Herz blieb für einen Moment stehen. Einfach nur, weil ich jetzt da war. Ich trat einen Schritt zurück und musterte das Reihenhaus. Dass sah ihm ähnlich. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich war nahe dran laut zu lachen. Einfach nur, weil dieser Ort als Date so zu ihm passte und ich es hätte wissen müssen.

Eine andere Welt ~ Eine Youtuberfanfiction (Taddl & co.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt