Kapitel 42

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Es dauerte nicht lange und schon kam ich zu einem Kiosk. Ich staunte nicht schlecht, als mir auf dem Titelblatt der Bravo ein um einiges glücklicheres Abbild meiner selbst entgegen grinste. Daneben ein Bild von Taddl und ein riesiger Schriftzug ""Taddl und ich hatten eine wunderschöne Zeit"". Darunter etwas kleiner, aber immer noch gut leserlich: "Alles aus bei dem Traumpaar? Mit exklusiven Interviews." Eine bisher nicht gekannte Übelkeit stieg in mir hoch. Was für Interviews? Ich blätterte auf die genannte Seite und da stand klar und deutlich: Ein anonymer Insider packt aus. Wer den bitte? Wer wusste denn den wahren Grund ausser Taddl, mir und unseren engsten Freunden?

Während ich den Artikel überflog, verstärkte sich das Schwindelgefühl und ich musste ihn schliesslich sinken lassen. Alles, absolut alles, was da stand war totaler Quatsch. Da stand was von wegen, die Chemie hätte nicht mehr gestimmt und die Liebe wäre erloschen. Wie bei so einem alten Ehepaar. Und, verdammte Scheisse, wie ich ihn noch liebte. Als ob ich damit einfach aufhören könnte. Ich weiss, es war erst eine Woche her, aber ich war mir meinen Gefühlen sicher. Seine warmen Arme waren meine ersten Gedanken am Morgen und sein Gute Nacht Kuss das letzte, was mich am Abend verfolgte. Jede Zelle meines Körpers schien ihn zu vermissen.
Vielleicht war das ja normal, wenn man eine Trennung hinter sich hatte. Aber normalerweise trennte man sich nicht, wenn sich beide noch lieben, oder? Er liebte mich doch auch noch?

"Junge Dame. Kaufen Sie die Zeitschrift nun oder nicht?" Die Kioskdame stand mit auf den Hüften aufgestützten Händen vor mir und ihre Augen funkelten. Noch immer durcheinander schüttelte ich den Kopf. Sie sah mich so wütend an, dass ich mir kurzerhand das erstbeste andere Magazin schnappte und sie so triefend wie möglich anlächelte. "Aber dieses nehme ich gerne."

Etwas später sass ich auf dem kalten Stein und starrte auf den Rhein hinaus. Es hatte leicht zu schneien begonnen und ich fühlte mich regelrecht festgefroren. Die Zeitschrift, die ich schliesslich gekauft hatte, handelte von Autos und diente mir momentan ziemlich nützlich als Sitzunterlage. Und während ich so da sass, entschied ich mich, nach einer Woche und nach alldem, was ich zuvor erfahren hatte, mich aus dem sicheren Flugmodus zu wagen.

Es überraschte mich, dass mein Handy nicht abstürzte. Die eintreffenden Nachrichten überschlugen sich förmlich und ich konnte nicht anders, als das Spektakel zu bewundern, dass mein Handy veranstaltete. Und es war nur What's app. Überall sonst war ich ausgeloggt. Als sich schliesslich alles wieder beruhigt hatte, checkte ich als erstes meine eMails. Es war absolut unglaublich. Als ich alles erledigt hatte, von eMail bis Twitter, hatte mein Handy noch 5% und ich am nächsten Tag bestimmt eine Erkältung. Als ich mein Handy in der Hosentasche verschwinden liess, war mir schwindlig und starke Kopfschmerzen hatten eingesetzt. Es war so viel geschehen! Ich konnte es überhaupt nicht fassen. So viele Menschen, die sich nach mir erkundigten. So viele: "OMG JULES! Hast du das mitbekommen?" Mein Video auf Youtube hatte über eine Millionen Klicks und darunter wurden heftige Diskussionen geführt. Mindestens 15 Mails waren von Mediakraft. Sie wollten mit Taddl und mir eine Konferenz und unsere Vorgehensweise besprechen. Mir wurde bei dem Gedanken mit Taddl in einem Raum zu sein, ohne irgendeine Fluchtmöglichkeit, so schlecht, dass ich am liebsten einfach nicht gegangen wäre. Aber ich wusste, dass es das einzig intelligente war. Allein würde ich mit diesem Medienrummel nicht fertig werden. Ich hatte so viele Mails von Zeitschriften und Journalisten bekommen, dass ich mich langsam fragte, wer ihnen meine Adresse verraten hatte.

Aber weder Ardy, noch Felix oder sonst jemand meiner engeren Youtube Freunde hatte sich gemeldet. Wahrscheinlich dachten sie, dass das mit der Pause von Youtube auch auf sie bezogen war. Dabei vermisste ich sie jeden Tag. Ich wollte mich aber nicht als erstes melden. Vielleicht vermissten sie mich überhaupt nicht. Vielleicht dachten sie auch, sie würden Taddl verraten, wenn sie sich bei mir melden würden. Aber gerade bei diesem Medienrummel würde ich sie am meisten brauche. Niemand den ich sonst kannte, würde wissen, wie man mit so etwas umgeht.

Eine andere Welt ~ Eine Youtuberfanfiction (Taddl & co.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt