Kapitel 6

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„Wie fangen wir an?", fragte Felix Izzi, welcher sich wieder an der Kamera zu schaffen machte. Sie begannen eine kleine Diskussion, doch ich hörte nur mit einem Ohr zu. Ich sah zu Taddl hinüber und beobachtete ihn und Ardy. Die beiden wirkten als kannten sie sich schon ein Leben lang, obwohl ich von den Erzählungen wusste, dass sie sich erst etwa vier Jahre kannten. Ich fühlte einen Stich in der Brust. Wie ich sie beneidete. Ich vermisste Leo immer noch. Sie war meine beste Freundin gewesen. Wir waren zusammen aufgewachsen, liebten dieselben Dinge, unser erster Schwarm war der gleiche Junge gewesen und wir hatten uns regelmässig gefetzt. Wir hatten uns perfekt ergänzt. Bis sich innerhalb eines Jahres alles verändert hatte und ich Hals über Kopf nach Köln gezogen war. Seither hatte ich nichts mehr von ihr gehört. Erst durch Sean und Clarice hatte sich das Loch in meinem Herzen langsam zu füllen begonnen, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich nie aufhören würde, sie zu vermissen.
„Hey. Erde an Jules", Izzi riss mich aus meinen Gedanken. Ich wandte mich ihm zu, „ja?". Er sah von mir zu Taddl und dann wieder zu mir. Offensichtlich hatte mein Blick immer noch auf Taddl geruht, auch wenn ich mit meinen Gedanken Kilometer weit entfernt gewesen war.
Was auch immer Izzi dachte, er sprach es nicht aus, sondern fragte mich stattdessen: „Hast du Lust ein wenig zu helfen?" Ich zog meine Augenbraue hoch. „Echt? Ihr wollt mich in eurem Video?"
„Klar.", Izzi zuckte mit den Schultern, „weshalb auch nicht?" Mir fielen sofort hunderte Gegenargumente ein, aber ich blieb stumm und nickte begeistert. „Ich bin dabei."
„Du musst auch nicht viel tun.", bemerkte Felix und lächelte mir zu. „Wir machen das Ganze OneTake, ausser dem Intro, dem Ton und der Endcard schneiden wir normalerweise nicht viel." Ich nickte, „Was soll ich tun?"
„Stell dich am besten hier hin.", Felix stand auf und stellte sich etwa zwei Meter hinter die Longboards. Ich ging zu ihm hinüber und stellte mich genau an die Stelle, auf die er zeigte. Er musterte mich kurz und griff dann in meine Haare. Mit einem geschickten Griff löste er sie aus ihrem Knoten. Ich fühlte meine Haare weich über meine Schultern fallen. Es fühlte sich ungewohnt an. Seit ich beim Starbucks arbeitete, hatte ich sie immer hochgesteckt. Es war einfach praktischer. Meine Haare waren weder gerade, noch wirklich gelockt. Irgendwie wellig. Felix sah mich mit grossen Augen an. „Deine Haare sind echt lang.", stellte er fest. Ich sah an mir hinunter. Sie gingen mir tatsächlich bis zur Taille. Dadurch, dass ich sie gut pflegte, hatte ich praktisch nie Spliss und sie wuchsen auch unglaublich schnell. Es war schon beinahe nervig, wie schnell sie wuchsen. „Besser mit den Haaren unten?", fragte ich ihn nun, teilte meine Haare hinten und schob sie nach vorne. Dann fuhr ich durch sie, um einen Scheitel zu verhindern. Felix nickte, dann erklärte er: „Du stehst jetzt einfach da und siehst in dein Handy und dann..." Er unterbrach sich kurz und rief Taddl zu uns. Taddl stand auf und schlenderte zu uns hinüber: „Was ist denn?" Sein Blick streifte kurz meine Frisur. Seine Miene war verschlossen und ich konnte nicht hinauslesen, ob er es besser fand so. „Kannst du kurz mitspielen?", fragte Felix ihn und Taddl lächelte, „Klar doch."
„Also", fuhr Felix an mich gewandt fort, „du stehst hier so und Izzi und ich werden vorne etwas sagen. Dann kommt Taddl,, legt den Arm um dich und ihr geht davon, so wie es Pärchen halt tun. Ein verliebter Blick würde auch nicht schaden." Er zwinkerte mir kurz zu, ich überging das aber. Waren meine Gefühle so offensichtlich? Taddl grinste, „ich denke, dass kriegen wir gerade so hin." Ich fühlte die Röte in meinen Wangen und überspielte es mit einem übertriebenen Augenaufschlag in Taddls Richtung, „Ja, vielleicht werden wir das schaffen."
„Okay. Dann wäre das ja geklärt.", Felix sah zwischen uns hin und her, „also Jules, du bleibst hier stehen, Taddl, komm mit." Ich sah zu Ardy hinüber, der uns mit einem Blick beobachtete, denn ich nicht deuten konnte. Izzi stand immer noch hinter der Kamera. Felix hatte Taddl unterdessen so platziert, dass er, von meiner Sicht aus, nicht im Bild der Kamera stand und wandte sich jetzt an Izzi: „Bist du so weit?" Dieser nickte. Ich fischte mein Handy aus meiner Hosentasche und tat so als wäre ich völlig vertieft. Ich schielte kurz hinüber und ein rotes Blinken der Kamera verriet mir, dass sie an war. Ich strich mir eine Strähne hinters Ohr und fokussierte wieder auf das Handy. Ich hörte Izzis Schritte zu Felix hinüber. Die beiden sassen auf ihren Longboards. „Hey Izzi!", begann Felix das Gespräch. „Siehst du das Mädchen da?" Ich hatte das Gefühl, ihn im Augenwinkel zu mir Nicken zu sehen. Obwohl ich wusste, dass sie aufnahmen, fühlte es sich komisch an. „Die ist doch süss oder?", fuhr Felix fort, „soll ich sie ansprechen?"
Mir war noch nie der Gedanken gekommen, dass mich jemand als so attraktiv einschätzen könnte, dass ein fremder Mann überlegte mich anzusprechen. Wenn wir im Ausgang waren, war es auch immer Clarice, die nicht alleine oder mit mindestens einer Telefonnummer mehr nach Hause ging.
Offensichtlich war das Taddl's Stichwort, denn ich konnte seine Schritte hören. Sie kamen immer näher. Mein Herz begann mit jedem seiner Schritte schneller zu pochen und ich versuchte angestrengt, ruhig zu atmen. Ein und aus. Ein und aus. Als die Schritte schon nah waren, sah ich auf. Er war praktisch schon hinter mir. Ich lächelte ihm entgegen. Er kam zu mir, legte mir den Arm um die Schulter und lächelte zurück. Ich schmiegte mich an ihn. Seine Schultern waren angenehm breit und mein Kopf passte sich ihr perfekt an. Er roch angenehm nach Parfüm und Mann.
„Sie hat einen Freund.", hörte ich Izzi hinter mir feststellen. Ich war so von Taddl abgelenkt gewesen, dass ich völlig vergessen hatte, dass wir drehten. Wir waren ausser der Reichweite der Kamera und ich hob meinen Kopf von Taddls Schultern, um ihn anzusehen. Er grinste mich an. „War wirklich nicht so schwierig oder?" Ich schüttelte den Kopf. Ich brachte keinen Ton heraus. In meinem Hals steckte ein grosser Klumpen und mein Herz pumpte mit hoher Geschwindigkeit Blut durch meine Adern.
„Sie sehen aber glücklich aus", fuhr Felix fort.
Ich drehte mich zu Izzi und Felix um, da ich wissen wollte, wie sie das Thema jetzt einleiten wollten. Beide sahen zu uns hinüber. Sofort traten wir beide einen Schritt auseinander. Ich schielte zu Taddl hinüber. Er grinste von einem Ohr zum anderen und ich konnte mir selbst das Grinsen kaum verkneifen. Ich konnte erkennen, wie Felix und Izzi sich das Lachen verkniffen.
„Wäre schon schön, wieder eine Freundin zu haben.", meinte Izzi darauf.
Felix nickte: „Da hast du recht."
„Und damit Hallo und Herzlich Willkommen zu ramble. Ich bin I doppel-z I und das ist D N E R.", begrüsste Izzi ihre imaginären Zuschauer.
„Du hast dich schon wieder zu erst genannt.", neckte Felix ihn und grinste. „Stimmt.", bestätigte Izzi und verdrehte die Augen. „Heute ramblen wir über das Thema Liebe!"
Mein Grinsen wurde breiter. Aus ihren Erzählungen konnte ich mir nur vorstellen, wie ihr weiblichen Fans so waren, aber ich wusste selbst wie es war ein Fan zu sein. Ich weiss noch, wie ich, als ich jünger war, jedes Wort des Leadsängers von All Time Low über die Liebe verschlungen hatte. Deshalb dachte ich mir, dass es ihre Fans bestimmt freuen wird, wenn sie über ein solches Thema sprechen würden.
„Und als erstes:", Felix schielte zu uns hinüber, „Nein, das war nicht Taddls Freundin." Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als würde er noch etwas hinzufügen wollen, liess es dann aber. Er winkte mich zu ihnen hinüber. Wollte er mich vor der Kamera? Ich zuckte mit den Schultern und ging hinüber. „Das ist Jules.", stellte Felix mich vor. Ich setzte mich vor Izzi und lehnte mich an seine Beine. „Hey, Leute.", ich winkte ein wenig schüchtern in die Kamera und fuhr mir wieder durch die Haare. „Sie ist keine Youtuberin, sondern einfach eine Freundin von uns.", fügte Izzi hinzu, „und sie hat keinen Ton, das heisst, sie sitzt einfach hier und sieht hübsch aus."
Ich zog eine Augenbraue hoch und drehte mich zu ihm um. Er lachte auf, als er meinen Gesichtsausdruck sah.
„Also, die Liebe.", sprach Felix das eigentliche Thema wieder an.

Eine andere Welt ~ Eine Youtuberfanfiction (Taddl & co.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt