Kapitel 48

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Als ich mich schliesslich aus seinen Armen löste, hatten auch die Tränen endlich aufgehört zu fliessen. Aber ich verstand immer noch nicht, weshalb er mir das alles erzählt hatte. Ich konnte keinen Vorteil darin erkennen. Für mich machte es alles, um ehrlich zu sein, nur noch schlimmer. Denn ich sah keine Lösung. Egal, was Ardy jetzt alles erzählt hatte, ich würde nicht zu Taddl zurückkriechen. Das könnte ich nicht. Sollte er sich doch vorstellen, er würde sich für mich opfern. Dabei hätte er nur einmal genauer hinsehen müssen und dann hätte er verstanden, was er mit dieser Entscheidung anrichtete. Wir hätten einfach miteinander reden müssen. Es wäre so verdammt einfach gewesen.

„Jules?“, Ardy‘s Stimme war sanft und das Schnippen seiner Finger vor meinem Gesicht riss mich endgültig aus meinen deprimierenden Gedanken. Aus Ardy’s Blick sprach Sorge. Als würde ich gleich völlig durchdrehen. Was eigentlich gar nicht so weit hergeholt war. Ich konzentrierte mich ganz auf sein Gesicht und auf seine Atmung, um genau das zu verhindern. Mein Gott, es hätte alles nur noch komplizierter gemacht. Und obwohl ich mir bewusst war, dass ich mich auf ziemlich glattem Eis bewegte, konnte ich mir die eine Frage nicht verkneifen. Aber ich wollte sicher gehen.
 „Darf ich dich etwas fragen?“ Kaum hatte ich es ausgesprochen, nickte Ardy schon. „Alles.“ Keine Sekunde hatte er gezögert. „Du darfst mich immer, alles fragen.“ Am liebsten hätte ich die Augenbraue hochgezogen. Dieses vollständige Vertrauen sah Ardy überhaupt nicht ähnlich. Ich hoffte nur, dass er es nicht bereuen würde.
Ich atmete tief durch und fixierte seinen Blick. „Warum hast du es mir erzählt?“ Sofort zuckte er sichtlich zusammen. Kurz sah er weg, aber dann fanden seine Augen wieder meine. Als würde er sich gegen einen Kampf wappnen, zog er die Schultern hoch. Schliesslich sagte er: „Weil ich will, dass du wartest.“ Für einen Moment verstand ich nicht, was er meinte. Und dann war mir, als würde eine eiskalte Hand mein Herz umschliessen und es dazu bringen, aufzuhören zu schlagen.
„Du willst, dass ich meine Leben nicht weiterlebe?“ Meine Stimme zitterte mit meinen zu Fäusten geballten Händen um die Wette. „Du verlangst von mir, dass ich wie eine alte Jungfrau an meiner ersten grossen Liebe festhalte?“
Wieder zuckte er zusammen. Aber im Gegensatz zu mir war seine Stimme fest und als er weitersprach, hörte es sich so an als redete er mit einem kleinen Kind. „Ja. Genau das.“
Ich rümpfte meine Nase. Sofort war seine Stimme wieder eine Oktave tiefer und das Lächerliche an dem Gespräch verschwand. Ich wusste aber nicht, was ich davon halten sollte, als Ardy seinen Faden wieder aufnahm. „Ich kenne Taddl. Er liebt dich und er wird seinen Fehler irgendwann einsehen. Und in diesem Moment wird er keine Sekunde zögern und wenn nötig auf Knien zu dir zurückkriechen.“
Ardy’s Augen glühten vor Leidenschaft und Sorge um seinen besten Freund. Wenn ich doch nur einen besten Freund wie Ardy hätte. Jemand, der mich besser kannte, als ich mich selbst. Denn gerade jetzt war mir nur zu gut bewusst, dass Ardy nur wegen Taddl hier war. Egal, wie sehr ich es mir wünschte, hier ging es nicht um mich, sondern um Taddl. Und ganz ehrlich? Ich wusste nicht, ob ich bereit war, ihm zu verzeihen. Geschweige denn, darauf zu warten, wie er wie ein begossener Pudel zu mir zurückkam. Aber dann sagte Ardy etwas, dass meine spontane Entscheidung ins Wanken brachte.
Seine Stimme war leise, aber ich war mir sicher, dass er wollte, dass ich die Worte hörte.
„Aber am Wichtigsten ist:“, er machte eine bedeutungsvolle Pause, „Ich kenne dich.“ Wieder sah er mir direkt in die Augen und sie waren so offen, ehrlich und voller Sorge, dass sich die eisige Faust um mein Herz ein wenig lockerte. Er legte mir kurz die Hand auf die Schulter und dann sprach er weiter. „Und ich weiss, dass du stärker bist, als du selbst denkst. Du wirst daran nicht zerbrechen. Im Gegenteil. Vertrau mir einfach.“ Wieder machte er eine Pause und dann lächelte er schräg. „Ich kenne dich wirklich.“ Natürlich verstand ich die Anspielung, auf das was ich Minuten zuvor gesagt hatte, aber trotzdem veranlasste der letzte Satz, dass ich mich besser fühlte. Ich glaube nicht, dass er wusste, wie perfekt seine Worte gewesen waren. Nichts hätte mich so sehr beruhigen können. Er zeigte mir, dass ich ihm auch wichtig war. Die starke Faust in meiner Brust verschwand mit dem Wind, der an Ardy und mir zehrte, als würde sie sich in ihm auflösen.

„Ich werde warten.“, sagte ich schliesslich. Einfach, weil ich es ausgesprochen haben wollte. Ardy nickte. Als hätte er niemals daran gezweifelt. Und auch ich konnte nicht umhin, als zu bemerken, dass Ardy trotzdem sein Versprechen hielt. Er kämpfte immer noch. Aber nicht für sich selbst. Ob das jetzt engstirnig oder einfach unglaublich lieb war, konnte ich nicht ganz entscheiden.

Eine andere Welt ~ Eine Youtuberfanfiction (Taddl & co.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt