Amors kleines Helferlein

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Vier Tage später war dann der Tag gekommen, auf den alle Blumenhändler und sicher auch alle anderen Geschäfte, nach den Weihnachtstagen, sehnlichst gewartet hatten.
Valentinstag.
Die meisten vergaßen, das es eigentlich ein Gedenktag war und ließen ihr Geld lieber in den Kassen von Süßwarengeschäften verschwinden.
Das einzige was ich an diesem Tag toll fand, war, das man an jeder Straßenecke kleine Gratisschokoladenpröbchen in die Hand gedrückt bekam.
Damit konnte ich mich gerade so anfreunden.
Doch an diesem Tag wollte ich etwas machen, was ein klein wenig mit dem ganzen Liebeszeug zu tun hatte.
Es war mal wieder Zeit, einen Verkupplungsversuch zwischen Steve und der Kellnerin zu starten.
Dafür hatte ich ihn am Vortag extra angerufen und ihn geradezu gedrängt, mich am nächsten Tag in dem Café zu treffen.
Ich war heut also sozusagen, Amors kleines Helferlein.
Nachdem ich noch meine Jacke übergezogen und die Tasche umgehängt hatte, schaute ich stirnrunzelnd auf die Nachttischschublade, in der ich am Sonntag die Waffe von Clint hineingelegt hatte.
Leider hatte ich versprechen müssen, sie wenn ich raus ging, ständig bei mir zu tragen.
Obwohl ich nicht wirklich glaubte, das die Pistole bei einem Angriff irgendwas ausgerichtet hätte.
Seufzend zog ich die Schublade auf und legte ein Tuch darüber, um die Waffe darin einzuwickeln.
>>Ich werde dieses Mordwerkzeug nicht anfassen, wenn es nicht unbedingt sein muss!<<
Als ich sie in der Tasche verstaut hatte, schaute ich noch einmal kurz in den Spiegel und sorgte dafür, das das Pflaster, was mittlerweile schon etwas kleiner geworden war, durch meine Haare verdeckt war.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer, kam mir dann Tony entgegen.
"Was machst du denn hier?" fragte ich ihn verwundert.
Es kam nämlich selten vor, das er in diesem Stockwerk aufkreuzte.
"Ich wollte dir sagen, das Pepper gerade wiedergekommen ist. Du wolltest doch wissen wann sie kommt. Aber jetzt würde ich gerne erst einmal wissen, wo du denn hin möchtest."
Genau das wollte ich verhindern.
Tony war chronisch neugierig.
Und da er sowieso nicht eher locker lassen würde, rückte ich gleich mit der Sprache heraus.
"Ich treffe mich mit Steve."
Eigentlich hatte ich gedacht, das sein Wissensdrang damit gestillt wäre, doch der Milliardär rührte sich nicht vom Fleck.
Ganz im Gegenteil.
Er verschränkte die Arme und schaute mich skeptisch an.
"Sag mal... Läuft da was zwischen euch?"
Wow! Nach jetzt bekam seine Fantasie aber Höhenfluge.
Ich konnte mir das lachen, seiner Vermutung und seinem Gesichtsausdruck nach, nicht verkneifen.
Tony schien es nicht lustig zu finden und wartete tatsächlich auf eine Antwort.
"Du solltest es wirklich aufgeben, Vermutungen anzustellen. Da bist du nicht sehr gut drin." meinte ich und versuchte tunlichst, mit dem lachen wieder aufzuhören.
"Und warum triffst du ihn dann heute? Schon wieder, um es genau zu sagen. Das ist schon sehr merkwürdig."
"Das einzige was merkwürdig ist, sind deine Gedankengänge. Ich treffe mich mit ihm, um ihm bei etwas zu helfen. Aber glaub ja nicht, das ich dir sage, um was es geht. Es ist Top Secret."
"Geht es um eine Frau?"
>>Mist!<<
Ich schaute ganz unschuldig in eine andere Richtung.
"Es geht um eine Frau." stimmte Tony sich dann grinsend selbst zu.
"Okay, da brauch der Eiszeit Captain wirklich Hilfe. Happy wird dich hinbringen."
Verdutzt schaute ich ihn an.
"Ich kann auch laufen. So weit ist es nicht."
Doch er schüttelte mit dem Kopf.
"Nach alldem was passiert ist, wirst du sicher nicht allein draußen herum laufen."
"Tony, ich bin die ganze Zeit-"
Er hob seinen Zeigefinger in die Höhe und bedeutete mir still zu sein.
"Du wirst mit Happy fahren."
"Aber ich-"
"Ah!"
"Aber-"
"Ah, ah!"
Ich machte einen Schmollmund und ging an ihm vorbei zum Aufzug.
"Dann fahre ich eben mit Happy." grummelte ich.
"Na also. Braves Mädchen. Dafür gebe ich heut Abend eine Runde Shawarma aus."
Sofort war er wieder locker drauf.
"Ähm, nein? Du wirst mit Pepper allein essen." entgegnete ich ernst, woraufhin er mich fragend anblickte.
Augen rollend, erklärte ich es ihm.
"Man, Tony! Heute ist Valentinstag. Du wirst mit ihr schick essen gehen. Anscheinend hat nicht nur Steve Hilfe nötig."
Er sagte noch irgendwas, doch ich ignorierte ihn gekonnt.

Steve hatte sich bereits im Café eingefunden und nippte auch schon an einer Tasse Kaffee, als ich eintrat.
Irgendwie hatte ich es geschafft zu verhindern, das Happy auch noch mit reinkam.
Das herfahren hatte schon gereicht.
"Hi, du bist heute ja richtig pünktlich." sagte der Captain zu Begrüßung, weshalb ich die Augen verdrehte, als ich mich setzte.
"Ich bin immer pünktlich." verteidigte ich mich und hing die Jacke über den Stuhl.
Sofort kam eine Bedienung an den Tisch und nahm meine Bestellung auf.
Als das erledigt war, schaute ich mich kurz um.
Selbst wenn man krampfhaft versuchte, den Tag heute zu ignorieren, hatte man in einem Laden wie diesem, schlechte Karten.
Überall standen Rosen herum und auch Herzen waren hier und dort vertreten.
"Also, sagst du mir jetzt, warum du mich unbedingt hier treffen wolltest?" fragte er, weshalb ich mich wieder meiner selbst auferlegten Aufgabe widmete.
"Ach nur so. Im Tower ist es nach einiger Zeit langweilig."
>>Gut abgelenkt.<<
Doch wirklich glaube tat er das wohl nicht.
"Ist ja auch egal. Ich wollte sowieso noch mal mit dir sprechen."
Aha. Na jetzt war ich aber gespannt.
Ich nahm einen schluck aus meiner Teetasse, die mittlerweile angekommen war, und gab ihm mit einem nicken zu verstehen, weiterzusprechen.
Er kratzte sich etwas unbeholfen an der Schläfe und schien nicht recht zu wissen, wie er anfangen sollte.
"Nun... Es ist ziemlich persönlich. Ich habe deine Akte gelesen."
>>So persönlich ist das gar nicht. Deine und die von Tony und Bruce hab ich mir auch angeschaut.<<
Nur hatte ich das meiste was dort drin stand, schon wieder vergessen.
Anscheinend war das aber noch nicht alles.
"Ich wollte dich da eigentlich schon eher drauf ansprechen, aber ich kann mir denken, das es dir sicher unangenehm ist und-"
"Steve, rück jetzt mit der Sprache raus!"
Ich fragte mich, was er denn entdeckt hatte.
Was in der Akte stand, wusste ich. Aber ich fand nichts darin interessant genug, um darüber zu sprechen, geschweige denn, sich in Steves Fall so komisch zu verhalten.
"Also... Ich habe mich gefragt, warum bei den Angaben deiner Eltern, kein Vater aufgeführt ist."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Ist das alles oder kommt da noch mehr?"
"Dir macht es nichts aus?" fragte er überrascht.
"Nicht wirklich. Und ich dachte schon, das du etwas spannenderes Fragen wolltest."
Der Captain schaute erst etwas verdutzt, räusperte sich dann aber und nickte.
"Ähm, okay... Kennst du deinen Vater? Ich weiß, das ist merkwürdig, das ich mich so dafür interessiere, aber es ist wirklich komisch, das selbst SHIELD darüber nichts weiß."
Schulterzuckend nahm ich einen weiteren schluck vom meinem Tee.
"So komisch auch wieder nicht. Meine Mutter war ungefähr so alt wie ich jetzt, als sie schwanger wurde. Sie hat den Typen wohl nicht gekannt. Ein typischer One-Night-Stand eben. Sie redet darüber nicht und ich will es auch nicht wissen. Es ist also kein Wunder das SHIELD nichts weiß, wenn es keine Informationen gibt."
Steve nickte verstehend und schaute mich über den Rand seiner Tasse prüfend an.
"Du scheinst es nicht besonders schlimm zu finden, ihn nicht zu kennen."
"Wieso sollte ich? Was man nie kennengelernt hat, kann man auch nicht vermissen. Und wer weiß was das für ein Typ ist. Vielleicht bin ich schon Kind zwölf oder so. Ne, ne. Da bleib ich lieber für immer unwissend."
"Ja, das klingt logisch."
>>Tja, das mach ich öfters. Logisch denken und der ganze Kram.<<
Ich leerte die Tasse nun vollends und schob sie dann ein wenig weg, um die Arme auf dem Tisch zu verschränken.
"So, und nun würde ich gerne etwas wissen."
Steve runzelte die Stirn, sagte aber nichts, weshalb ich weiter sprach.
"Hast du sie mittlerweile mal nach ihrer Nummer gefragt? Oder wenigstens nach ihrem Namen?"
Ich deutete mit dem Kopf auf seine Kellnerin, die gerade einen anderen Tisch abräumte.
Er schaute ebenfalls in die Richtung und seufzte dann.
"Nein... Es gab noch nicht die Möglichkeit dafür."
Jetzt war ich es die seufzte.
"Du bist fast jeden Tag hier. Da wird es doch wohl einen Augenblick gegeben haben."
Seinem Gesichtsausdruck nach, gab es den.
"Oh Gott! Steve! Du gehst jetzt dahin! Frag nach ihrer Handynummer und ihrem Namen!"
Ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht laut zu werden.
"Aber sie arbeitet doch, da kann ich nicht-"
"Halt die Klappe und geh!"
Er wischte sich mit einer verzweifelten Geste über das Gesicht und stand auf.
Er schien wohl bemerkt zu haben, das ich es ernst meinte.
>>Na bitte. Ich kann mir selber auf die Schulter klopfen.<<
Als er bei ihr war und endlich mal mit ihr sprach, konnte ich mir das grinsen nicht verkneifen.
"Endlich hat der Jungspund mal die Initiative ergriffen." lachte ein älterer, weißhaariger Mann mit Brille.
"Ja, er ist... Altmodisch. Er hätte sie wahrscheinlich niemals angesprochen." erwiderte ich.
Kurz nachdem er sich wieder seinem Gesprächspartner zugewandt hatte, kam Steve wieder und setzte sich.
Er machte es spannend und sagte nichts, bis er eine Serviette hochhielt, auf der mit Kugelschreiber eine Nummer geschrieben war.
"Ha! Ich habe es doch gesagt!" meinte ich stolz und klopfte mir jetzt wirklich auf die Schulter.
Der Soldat selbst lächelte etwas verlegen.
Ein paar Minuten später, kam dann seine Angebetete an den Tisch und stellte uns mit einem Lächeln zwei Teller vor die Nase.
"Sie sind Stammkunden, da geht der heute aufs Haus."
Steve schaute von ihr, zu dem Stück Schokoladenkuchen vor sich und nickte dann.
Als sie weg war, quietschte ich begeistert auf.
"Wie süß. Sie mag dich."
"Das ist doch nur ein Stück Kuchen. Du hast auch eins."
Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn.
Anscheinend hatte er das offensichtliche nicht bemerkt.
"Es wäre ja auch unhöflich, nur dir eins zu geben. Außerdem ist meiner ein Apfelkuchen. Und um es dir ganz einfach zu sagen, so das du es auch verstehst: Wenn eine Frau, einem Mann am Valentinstag Schokolade schenkt, bedeutet das, das sie ihn mag. Und zufälligerweise, besteht Schokoladenkuchen aus Schokolade."
Jetzt konnte man förmlich sehen, wie die Erkenntnis sich in seinem Gehirn breitmachte.
>>Oh man, da hab ich noch ne Menge Arbeit vor mir.<<
Nach einer halben Stunde war der Kuchen verputzt und ich bereit zu gehen.
Dieses mal übernahm ich aber die Rechnung, und bekam prompt ein paar Schokoherzen.
>> Ich liebe essbare gratis Geschenke.<<
Zurück in der Tiefgarage des Towers, da Tony auch befohlen hatte, das Happy mich zurück bringt, lief ich geradewegs Clint in die Arme, der wiederum aus dem Fahrstuhl kam.
"Du bist ja schon wieder hier." meinte ich Augen verdrehend.
"Irgendwer muss ja nachsehen, ob Loki keinen Mist baut. Also dachte ich, das ich das mache." entgegnete er und klopfte mir beim vorbeigehen auf die Schulter.
"Hey, warte mal!"
Bevor er noch einen Schritt machen konnte, drückte ich ihm was in die Hand und ging in die Fahrstuhlkabine.
Mit einer hochgezogen Augenbraue, schaute er sich das kleine Schokoherz an.
"Ist das dein ernst? Du schenkst mir Schokolade?" fragte er dann.
"Jap."
Und schon waren die Türen zu.
>>Da sind Nüsse drin. Und ich mag keine Nüsse.<<

Der Spaß hat ein Ende!(?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt