Lüge oder Wahrheit

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Die nächsten drei Tage behielt ich diese Strategie bei.
Jedesmal wenn die anderen etwas anderes machten, nervte ich Loki mit meinen Besuchen.
Entweder hörte ich einfach nur Musik oder erzählte ihm, wie eine Mikrowelle funktionierte.
Wobei das am lustigsten war, da er keine Ahnung hatte, von was ich überhaupt sprach.
Obwohl er es nicht zeigte und ein Pokerface bewahrte, konnte ich mir denken, das es hinter seiner Fassade mehr als brodelte.
Aber trotz allem sagte er nichts.
Was eventuell auch daran liegen konnte, das er nichts von den Angreifern wusste.
Dennoch blieb ich hartnäckig.
An diesem Tag hatte ich mich wieder für die Musik entschieden.
Wieder auf dem Boden sitzend und an der Wand gelehnt, lauschte ich den musikalischen Ergüssen Shinedowns.
Loki hatte mittlerweile begonnen, mich zu ignorieren und lag desinteressiert auf der Liege herum, die Augen mit einem Arm verdeckt.
Doch irgendwann brach die Musik plötzlich ab.
Sofort schaute ich auf das Display und musste feststellen, das der Akku leer war.
>>Nein! Warum jetzt? Warum nicht später?<<
Seufzend steckte ich das Gerät wieder weg.
Ich brauchte irgendeine andere Beschäftigung.
"Gibt es in Asgard eigentlich Esel?"
Natürlich wusste er, das ich ihn meinte.
Wen auch sonst?
Aber er bewegte keinen Muskel.
Also sprach ich einfach weiter.
"Esel haben eine ganz andere Körpertemperatur als Pferde. Ziemlich interessant, oder?"
HA! Eine Regung.
Er stöhnte genervt.
Mir fiel schnell etwas ein, wie ich das ganze noch auf die Spitze treiben konnte.
Ich stand auf und stellte mich vor das Glas, um dann im stetigen Rhythmus dagegen zuklopfen.
"Loki, Loki, Loki, Loki..."
Nach zehn weiteren Loki's, sprang er wütend auf und schlug mit der Faust gegen die Scheibe.
"Sei endlich still, du nervtötendes Gör!"
Ich konnte gar nicht anders, als wie blöd zu grinsen.
>>Also genervt ist er schon mal. Ich sollte mir auf die Schulter klopfen.<<
So wie es aussah, bemerkte er jetzt auch mal, das er wohl etwas zu impulsiv gehandelt hatte.
Doch anstatt irgendetwas zu sagen, verbarg er seinen Zorn hinter einer ausdruckslosen Miene und starrte mich durchdringend an.
Aber das konnte ich auch.
Ich starrte zurück.
>>Wie gern ich dem jetzt mit einem Stock ins Auge pieken würde...<<
Nach ein paar Minuten fiel mir dann etwas auf, was ich schon einmal bemerkt hatte.
>>Wieso ist der so Groß?<<
Vielleicht war das bei Göttern, oder sterblichen Göttern, einfach so.
Thor war schließlich auch riesig.
Um den Größenunterschied ein wenig auszugleichen, fing ich an, auf- und abzuspringen.
Und wie so oft in den letzten Tagen, hatte ich es auch heute geschafft, ihn mit meinem Tun, vollkommen zu verwirren.
"Was... tust du da?" fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen.
Ich hörte auf und verschränkte die Arme.
"Tja... Das wüsstest du wohl gern, was?"
Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich augenblicklich.
Er trat noch einen Schritt vor, und wäre das Glas nicht gewesen, hätte ich nicht einmal meinen ganzen Arm ausstrecken müssen, um ihn zu berühren.
Das war dann doch etwas bedrohlich.
"Ich hätte dich töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte."
>>Das er immer alles und jeden umbringen muss."
Er sprach weiter.
"Wenn ich dir verrate, was ich über diese Wesen weiß, die euren so geliebten Frieden bedrohen, dann lässt du mich in Ruhe!"
Jetzt war ich baff.
Das ich ihn so schnell zum reden bringen würde, damit hätte ich nicht gerechnet.
Ich bemühte mich um einen unbeeindruckten Blick und nickte nur.
Innerlich führte ich aber einen Freudentanz auf.
>>Ha, ha! Ich sollte Polizistin werden!<<
"Na dann legte mal los."
Loki trat wieder einige Schritte zurück.
"Ich weiß nicht, wer oder was dafür verantwortlich ist. Und ich habe ganz sicher nichts damit zu tun. Schließlich bin ich ein Gott. Ich brauche keine Hilfe."
Sofort hörte mein innerer Freudentanz auf.
>>Buh... Wie unspektakulär.<<
Nur war jetzt die Frage, ob das wirklich die Wahrheit war.
Er war ja schließlich nicht der vertrauensvollste.
Aber eine Möglichkeit es herauszufinden, hatte ich jetzt nicht.
"Also. Ich habe es dir gesagt. Jetzt kannst du verschwinden." meinte Loki, nach dem er sich wieder auf die Liege gesetzt hatte.
Ausnahmsweise tat ich ihm den gefallen.
"Gut, ich habe sowieso noch etwas wichtigeres zu tun, als mit dir zu reden. Ich muss den Handyakku aufladen."
Ehe er etwas sagen konnte, war ich schon aus dem Raum geeilt, die Treppen hoch und dann in den Fahrstuhl.
Dort angekommen, wandte ich mich an den guten Geist des Hauses.
"Jarvis, sind Tony und Bruce noch in der Werkstatt?"
"Mister Stark und Dr. Banner gönnen sich eine Mahlzeit in der Lounge."
>>Woha! Wieso sagen die mir nicht Bescheid, wenn es etwas zu essen gibt?<<
Der Akku musste warten.
Jetzt war das essen wichtiger.
Tatsächlich hatten es sich die beiden auf der Couch bequem gemacht und schauten auf, als der Fahrstuhl sich öffnete.
"Da bist du ja. Chinesisch?"
Tony hob einen Essenskarton in die Höhe.
"War die Frage ernst gemeint?"
Ich schnappte mir den Karton und setzte mich neben den Milliardär.
"Und? Habt ihr schon was herausgefunden? Zeit hattet ihr ja zur genüge... Oh, Hühnchen."
>> Mist! Blöde Stäbchen...<<
Weil Tony gerade den Mund voll hatte, musste Bruce das antworten übernehmen.
"Wir haben alle Kameras, die eventuell etwas aufgezeichnet haben könnten, überprüft. Aber nichts. Alle Angriffe fanden Nachts statt, sodass außer dem bekannten Schatten, den ihr beschrieben hattet, nichts zu sehen war. Wobei der auch nur zweimal auftauchte. Die einzige Möglichkeit die wir jetzt nicht haben, um etwas zu erfahren, ist Loki."
"Der weiß nichts." warf ich ein und piekte in der Schachtel herum.
Die beiden sahen mich stirnrunzelnd an.
"Und woher willst du das wissen?"
>>Oh mist...<<
Da hatte ich doch glatt vergessen, das die beiden nichts von meinen Besuchen bei dem Ex-Gott wussten.
Zeit für ein Ablenkungsmanöver.
"Das schmeckt wirklich lecker. Echt gut."
Aber so leicht ließen sie sich nicht abwimmeln.
"Sarah?"
Oh mein Gott.
Tonys autoritärer Tonfall.
Wenn der den einsetzte, meinte er es wirklich ernst.
Beim letzten mal hatte ich ihn vor anderthalb Wochen gehört, als mir, aus versehen, eine Vase heruntergefallen war und ich die Trümmer, wortwörtlich, unter den Teppich gekehrt hatte.
Aber zum Glück hatte sie ja "nur" dreitausend Dollar gekostet, weshalb er sich schnell wieder beruhigt hatte.
Das sah jetzt aber nicht so aus.
Also musste ich wohl oder übel die Wahrheit sagen.
"Na ja... Ich hab ihn ein wenig ausgefragt und in seinen Gedanken gestört. Das letzte hat wohl so gut funktioniert, das er mich förmlich gebitten hat, zu gehen. Davor sagte er aber noch, das er nichts mit den Angreifern zu tun habe."
Bruce schaute nachdenklich drein.
"Er ist ein Meister der Lügen. Vielleicht hat er genau das getan. Gelogen."
Tony dagegen beschäftige etwas ganz anderes.
"Wie hast du es geschafft, ihn so zu nerven, das er überhaupt etwas sagt?"
"Jahrelange Übung." antwortete ich grinsend.
Er nickte langsam und verstand anscheinend.
Schließlich hatte er ja auch Erfahrung darin, Leuten mit seinen Worten auf die Palme zu bringen.
"Du solltest dich in Zukunft von ihm fernhalten." sagte er noch, ehe er sich wieder seinem Essen widmete.
Irgendwie nahm ich seinen letzten Satz nicht ernst.
Nachdem die Pappschachteln geleert waren, saßen wir noch eine Weile auf der Couch, unterhielten uns und machten uns über SHIELD lustig.
Das übliche eben.

Der Spaß hat ein Ende!(?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt