9. Kapitel

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"There's a light when you walk in the room"

Ellie's POV

"Und was genau soll ich jetzt damit machen?", fragte ich dann doch etwas hilflos in die Runde. So ziemlich niemand bemerkte mich, denn sie waren in eine Diskussion über Selena Gomez vertieft, ganz weit vorne dabei war anscheinend Jack, der durchgängig davon redete, wie hübsch sie sei.

Da hatte er wirklich Recht. Selena ist hübsch. Im Gegensatz zu mir. Ich... hässlich und unbegabt in... so ziemlich allem! Alles was ich konnte war Musik hören und Klavier spielen... kein Meisterwerk. Also, was konnte ich? Nur ich? Was machte mich besonders? Wo gehörte ich hin? Wer war ich überhaupt? Wo ist mein Zuhause? Werde ich es jemals finden? Ich sehnte mich so sehr danach! Ein Ort oder ein Mensch, ein Gefühl oder ein Wort... Was ist Zuhause? Was ist es für mich?

Vor lauter Fragen schüttelte ich den Kopf. Ich hoffte so sehr, ich würde alle Antworten bekommen, aber was, wenn nicht? Was, wenn ich nie etwas über meine Vergangenheit erfahren werde? Was, wenn ich immer weiter im Dunkeln sitzen werde? Ich hatte Angst, dass ich nie herausfinden würde, wer ich wirklich war. Es ist komisch, nichts über sich selbst zu wissen. Oder seine Vergangenheit. Es war, wie wenn man jeden Tag mit einer großen Ungewissheit lebt, die immer auftritt, wenn du Entscheidungen treffen willst oder auf dich allein gestellt bist. Es verschließt dir jede Tür in deinem Leben.

Diese Ungewissheit trat zum Beispiel auf, als ich einmal mit Noah in einem Café saß, ich glaube es war kurz bevor er mich zurückließ. Damals wollten wir so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen und jede Minute zusammen genießen. Ich saß neben ihm, sein Arm um meine Schulter gelegt. Er zog mich nah an sich, und ich konnte die beruhigende Wärme spüren, die von ihm ausging.
Er gab mir gerade einen sanften Kuss auf meine Wange, da sah ich geradeaus vor mir, wie ein kleiner Junge von seinem Vater aus versuchte, zu seiner Mutter zu laufen. Diese hielt ihm strahlend die Arme hin und man konnte den Stolz in ihren Augen sehen. Beide Elternteile strahlten vor Glück und der Kleine strampelte fröhlich in den Armen der Mutter, als er es zu ihr geschafft hatte und sie ihn hoch hob.
Ich musste daran denken, wie meine Mutter reagierte, als ich vor ihrer Tür stand, wie sie mich ablehnte und alles andere als glücklich war bei meiner Anwesenheit, und kleine, einzelne Tränen flossen mein Gesicht hinunter. Warum wurde es mir nicht vergönnt, in so einer Familie aufzuwachsen? Warum musste ich erst durch so viel Mist durch, um dann jetzt erst, als ich einen-

"Ellie? Ellie!", holte mich Jonah zurück in die Realität. Mit seinen Fingern schnippte er vor meinem Gesicht herum und sah mich verwirrt an. Erst dann bemerkte ich, dass ich wohl eine halbe Ewigkeit mit gerunzelter Stirn den Boden angestarrt hatte.
Ich schüttelte erneut den Kopf um diese tausenden Fragen auf die Seite zu schieben, so wie wohl eigentlich immer...

"Ja? Ähh- Was ist los?", stammelte ich noch etwas verwirrt.
"Du hast ne ganze Weile konzentriert auf einen Punkt gestarrt, alles okay? Geht's dir nicht gut?", fragte Jonah mich.
Die anderen waren immer noch in ihre Unterhaltung vertieft, somit bekamen sie unser Gespräch nicht mit.
"Äh ja- ich meine nein. Also...", stotterte ich vor mich hin. Ich atmete tief ein und aus, dann fuhr ich fort: "Es ist alles okay... schätze ich. Danke der Nachfrage."
Er grinste mich an.
"Was ist?", fragte ich ihn nun und lächelte ein wenig.
Er antwortete: "Naja, ein bisschen lustig ist das schon. Ich kenne dich erst seit heute und ich weiß jetzt schon genau, dass du lügst!"
Na super. Erwischt hätte ich mal gesagt.
"Was ist los, kleine Schwester?", hakte er nach.
Mein Herz machte einen großen Sprung. Kleine Schwester? Hatte er mich gerade wirklich so genannt? Oh Gott wie süß!

Mein besorgter Blick verwandelte sich sofort in ein Grinsen.
"Kleine Schwester?"
"Ja ich dachte das würde jetzt passen, schließlich bist du ja sowas wie ne kleine Schwester für mich...", meinte er und kratzte sich am Hinterkopf.
Er wurde unsicher: "Äh- wenn's dir nicht gefällt, lasse ich es! Also-"
"Nein! Lass es bitte! Ich find's super!", kam ich ihm zuvor und fiel ihm begeistert um den Hals. Anfangs war er wohl noch leicht überfordert, doch nach ein paar Sekunden schloss er seine Arme um mich.

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