"She's so stupid, what the hell were you thinking?"
Ellie's POV
Jetzt, wo ich endlich mal durchatmen konnte, hatte ich auch etwas Zeit, ihn zu mustern. Er trug ein schlichtes, weißes, leinenartiges Hemd, bei dem er aber die obersten Knöpfe offen gelassen hatte, sodass man einen kurzen Blick auf seine sonnengebräunte Brust erhaschte. Die traditionelle Jacke hatte er sich gespart. Seine Hose war auch schwarz, wirkte aber nicht so herkömmlich und konventionell wie die von Opa oder Alex. Sie sah mehr modern aus und hatte aber auch keine Muster oder ähnliches. Und ehrlich gesagt stand ihm das verboten gut.
"Schau nicht so.", sagte er dann leicht lachend, aber irgendwie etwas verunsichert. Luis? Verunsichert? Hab ich was verpasst?
"Warum? Guck mich doch mal an! Ich muss auch Tracht tragen.", zuckte ich mit den Schultern.
Er grinste lässig. "Ich meinte doch nicht wegen der Tracht. Ich weiß, dass sie mir steht."
"Wow, Selbstlob ist dein Ding, oder?", fragte ich ihn fassungslos lachend und er stieg mit ein und nickte: "Die Mädchen stehen drauf."
"Ehrlich?", hakte ich ungläubig nach.
Er zuckte lässig mit den Schultern. "Natürlich"
Wir gingen ein paar Schritte von dem Süßigkeitenwagen weg und lehnten uns an das Gatter von einer kleinen Pferdekoppel, die wohl extra für heute auf dem großen Marktplatz, aber eher abseits aufgebaut wurde. Darin befanden sich drei Pferde, eines davon war schwarz, das andere dunkelbraun und das Letzte hellbraun. Gegenüber von uns stand ein etwas dickerer Mann, der sie wohl verkaufen wollte.Ich lachte noch etwas, wollte aber nicht den roten Faden verlieren: "Also, warum soll ich nicht schauen, wenn du das doch eigentlich willst?"
"Ich will es ja nicht.", gab er zurück. "Nicht von dir. Du bist anders als alle Mädchen hier. Die starren mich normalerweise so an. Von dir will ich das nicht. Du bist das einzig normale Mädchen hier, also benimm dich bitte nicht wie alle anderen."
"Ich würde dich ja gerne bemitleiden, nur hast du eindeutig ein Luxusproblem.", lachte ich und sah ihm tief in seine dunklen Augen.
Er schien verwirrt zu sein, also klärte ich ihn sofort auf: "Na, sei doch einfach froh, dass du hier so beliebt bist, anstatt dich darüber zu ärgern, dass alle Mädchen dich anstarren, weil du gut aussiehst."
Er blieb kurz still, als müsste er das erstmal verarbeiten, doch auf einmal bildete sich auf seinem Gesicht wieder ein freches Grinsen: "Hast du gerade eben zugegeben, dass ich gut aussehe?"
"Könntest du dich bitte mal konzentrieren und den Kernsatz verstehen, nicht immer die Details?", seufzte ich, aber musste auch lächeln. "Außerdem kannst du mir nicht weis machen, dass du die Blicke nicht genießt!"
Ich wendete meinen Blick wieder zur Menschenmenge und es tat gut, ein bisschen Abstand von ihnen zu haben, nach der großen Vorstellungsrunde meiner Oma. Allerdings schnappte ich ein paar eifersüchtige Blicke auf, als ich zu einer Gruppe Mädchen sah, die nicht weit weg von uns standen.
"Apropos Blicke", meinte ich dann und nickte zu dem Mädchentrupp hin. "Die da durchlöchern uns schon mit ihren Blicken."
"Nein", erwiderte er fest entschlossen und sah mich vielsagend an. "Sie durchlöchern dich mit ihren Blicken."
"Na super, nimmst du mich jetzt als Vorwand, damit sie dir nicht zu nahe kommen oder wie? Hast du mich deswegen von Valentina weggezerrt?", fragte ich ihn etwas enttäuscht und drehte mich schnaubend von ihm weg.
"Naja... nicht nur deswegen. Auch, weil du mir leid getan hast.", antwortete er mir und ich hörte heraus, dass er die Wahrheit sagte.
Ich sah wieder hinüber zu den Mädchen. Eine von ihnen hatte schwarze Haare trug ein eng anliegendes Kleid, das zwar wie die traditionelle Tracht bestickt war, aber der Schnitt und Stoff war ganz anders. Es schaute auch ziemlich teuer aus. Dazu hatte sie sich kirschrote Lippen geschminkt."So schlimm wirken die aber doch jetzt auch nicht.", wollte ich das Thema wechseln, bereute es aber sofort, als nun auch das schwarzhaarige Mädchen mich entdeckte und mich mit ihrem zornigen Blick attackierte, nachdem ein anderes sie auf mich aufmerksam gemacht hatte.
"Weißt du, was du da sagst?", lachte er ungläubig. "Die Truppe da ist die Clique von Alicia und mit der willst du wirklich nichts zu tun haben. Also, als Junge nicht."
"Und warum nicht?", hakte ich neugierig nach und freute mich innerlich schon auf den Klatsch und Tratsch, den er mir gleich erzählen würde. So übliche Gespräche über die It-Girls der Schule hatte ich noch nicht so oft geführt.
"Siehst du die Schwarzhaarige da? Das ist Alicia. Sie ist das beliebteste Mädchen an meiner Schule und ihr Vater ist reich. Alle Mädels wollen mit ihr befreundet sein, bis auf die, die wenigstens noch etwas von sich halten. Ihre Persönlichkeit kann zwar charmant rüberkommen, aber in Wahrheit ist sie eine ziemliche Zicke. Und wenn du mit ihr zusammen bist, läuft ihr immer ihre Gruppe hinterher, das ist so ätzend."
Ich verarbeitete kurz, was er sagte und grinste dann: "Hört sich so an, als hättest du Erfahrung."
Er riss die Augen ertappt auf und wurde rot. Ich klatschte begeistert in die Hände: "Wow, ich hab es tatsächlich geschafft, dich erröten zu lassen und dich aus der Fassung zu bringen!"
"Psst, nicht so laut!", ermahnte er mich sofort und legte seine Hände über meine, um mich vom Klatschen abzuhalten.
"Warum? Blamiere ich dich dann? Vor deiner Ex?", lachte ich und liebte es, ihn zu provozieren.
"Offen gesagt: Ja, das tust du!", zischte er mich an und sah unsicher über seine Schulter, um zu checken, ob deren Blicke noch auf uns lagen, was überflüssig war, denn das taten sie so und so.
"Gut, dann bin ich jetzt leise und mache keinen Mucks mehr. Allerdings könnte ich dich noch mehr blamieren und schreien-", ich wurde zum Ende hin immer lauter und war bereit, etwas zu schreien, dass ihn endgültig beschämte, da drückte er gerade noch rechtzeitig seine Hand auf meinen Mund.
"Nicht so ungezogen, Cousinchen.", flüsterte er grinsend und wir beide begannen zu kichern, als er seine Hand wieder weg nahm.
Ich guckte interessiert zu Alicia, um ihre Reaktion dazu zu sehen. Diese war wohl Goldwert. Sie wurde rot wie eine Tomate vor Zorn.
"Ganz ehrlich, wie konntest du dich in so eine da verlieben?", fragte ich meinen Cousin fassungslos und er zuckte ratlos mit den Schultern: "Ich glaube mit verlieben hatte das nichts zu tun."
"Womit dann?"
"Du hast echt keine Ahnung vom typischen Schulleben, oder?", fragte er mich und meine Wangen färbten sich leicht rot und ich richtete meinen Blick beschämt zu Boden. Er stupste mich warm lächelnd an, dann fuhr er fort: "Naja, ich bin der beliebteste Junge der Schule, sie das beliebteste Mädchen. Sie wollte was von mir, also hab ich mich drauf eingelassen. So ist das passiert."
"Nicht gerade durchdacht.", erwiderte ich und er sah bedrückt, aber dennoch etwas lachend zu Boden: "Denken, bevor ich etwas tue, ist nicht so meine Stärke."
"Du gibst offen etwas Negatives von dir preis?", fragte ich ihn gespielt fassungslos und rüttelte dann an ihm. "Wer bist du und was hast du mit Luis angestellt?"
Daraufhin begannen wir beide zu lachen. Jedoch sah ich aus dem Augenwinkel jemanden mit stampfenden Schritten auf uns zukommen, gefolgt von einer Horde Mädchen. Alicia.
"Wir bekommen Besuch.", sagte ich dann und nickte in Richtung der Gruppe, die sich auf uns zu bewegte.
Luis wendete seinen Blick zu ihnen und seine Augen wurden groß.
"Du musst mir jetzt einen Gefallen tun.", befahl er mir etwas panisch.
"Na klar, was denn?"
"Küss mich"
"Niemals!", antwortete ich angeekelt.
Er lachte. "Jede andere hätte es sofort getan."
DU LIEST GERADE
HOME - wherever that is
FanfictionEllie Rodriguez wohnt seit sie geboren ist im Kinderheim. Sie ist eine Musikfanatikerin und läuft tagtäglich mit Kopfhörern herum. Doch sie sehnt sich sehr nach einem besonderen Ort, einem Menschen oder einem Gefühl, das sich wie "Zuhause" anfühlt...