54. Kapitel

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"Everything is never as it seems"

Ellie's POV

Ich wachte auf durch die warmen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster schienen. Durch den Streit gestern konnte ich nur schwer einschlafen, hatte es dann aber nach einer Stunde hin und her wälzen doch geschafft.
Meine Familie war wohl doch nicht so normal, wie sie sich ausgab. Der Streit von gestern lag mir noch schwer im Magen, ich wollte doch, dass wir uns hier alle gut verstanden, wenn ich schon mal hier war. Alles war einfach nie so, wie es schien, auch wenn ich es mir immer zu sehr wünschte.
Es war, als wäre gestern die Blase um mich herum, die mich vor meinen eigenen Sorgen geschützt und alles lieblicher wirken lassen hatte, geplatzt. Nun kamen auch die Jungs wieder zurück in meinen Kopf. Ich wusste gar nicht, dass man jemanden so sehr vermissen konnte. Ich fragte mich, wie es ihnen gerade ging. Kurz vor dem Einschlafen hatte ich plötzlich so ein komisches Gefühl bekommen und es hatte sicher mit ihnen zu tun gehabt, das spürte ich. Naja, vielleicht mit jemandem konkretem. Aber das bildete ich mir mit Sicherheit ein.
Ich würde gerade so gerne mit ihnen reden. Jonah's Stimme hören. Wissen, wie es allen ging. Bei ihnen sollte doch noch "gestern" sein, oder? Man, das mit dieser blöden Zeitverschiebung machte mich noch fertig.

Ich stand gähnend auf und ging mit wackligen Schritten in Richtung meines schwarzen Koffers, der neben dem Schreibtisch stand. Ich öffnete ihn und zog mir ein gestreiftes Top mit einer kurzen Jeans heraus. Hier war es so warm, ich musste keine lange Hose tragen.
Dann ging ich in den Flur und sah mich nach dem Badezimmer um. Als ich es gefunden hatte, klopfte ich erst an, um nachzusehen, ob jemand darin war, aber als keiner ein Zeichen gab, betrat ich den kleinen Raum und schloss hinter mir ab.
Als ich dann auch im Bad fertig war, ging ich nach unten ins Esszimmer.

"Guten Morgen, mi flor.", begrüßte mich meine Großmutter glücklich und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. "Gut geschlafen?"
Ich nickte nur. Ich war noch zu müde, um zu reden.
"Guten Morgen", begrüßte mich auch Alex, der putzmunter den Raum betrat. Er setzte sich neben mich auf einen Stuhl und begann zu frühstücken, was ich ihm nicht gleich tun konnte. Mir war ziemlich übel von dem vielen Essen von gestern, ich sollte erstmal nichts zu mir nehmen.
"Keinen Hunger, Ellie?", fragte mich Valentina und ich erhaschte etwas Besorgnis in ihrem Blick.
"Nein, ich bin noch ziemlich voll von gestern.", antwortete ich und zwang mir ein Lächeln ins Gesicht, um sie nicht zu verunsichern. Es war trotzdem komisch, mit den Zweien in einem Raum zu sein, nachdem ich gestern ihr ziemlich heikles Gespräch belauscht hatte.
"Wie dein Vater", sagte sie verträumt lächelnd. "Er wollte auch nie etwas frühstücken."
"Soll das jetzt ein Kompliment sein?", fragte Alex sie leicht sarkastisch und grinste gefälscht. Das fragte ich mich allerdings auch...
Ich glaubte, dass Alex und ich ziemlich gleich sind, was unsere Meinung zu meinem leiblichen Vater betraf.
"Noch ein falsches Wort", zischte meine Oma zornig, aber etwas leiser, als könnte ich sie so nicht hören, jedoch verstand ich natürlich jedes Wort.
Er zuckte nur mit den Schultern und wir aßen weiter.

"Heute haben wir ein Straßenfest mit unseren Nachbarn, Ellie.", informierte mich meine Großmutter lächelnd, als wäre ihr Zorn wie weggepustet.
"Ist eine kleine Tradition in der Gemeinde. Nichts offizielles.", antwortete Alex mir auf meinen fragenden Blick, den ich ihm zuvor zugeworfen hatte.
"Oh, schön.", meinte ich dann und versuchte, fröhlich zu klingen. Was sollte ich mir schon darunter vorstellen?
"Rosa und ihre Familie wird auch kommen. Alle in Tracht. Das wird wunderbar!", schwärmte meine Großmutter und sah verträumt zum Fenster hinaus.
"Aber abuela", legte ich dann ein. "Ich habe gar keine Tracht."

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Zwei Stunden später mussten wir uns für dieses Straßenfest fertig machen. Oma zog mich zu ihr ins Zimmer und wühlte dann in ihrem Kleiderschrank herum, bis sie fand, wonach sie suchte. Sie zeigte mir die bunten Kleidungsstücke.
"Und das soll ich anziehen?", fragte ich, wenn auch etwas unglaubwürdig. Sie nickte euphorisch: "Sowas werden heute alle tragen."
"Und die Männer?", hakte ich interessiert nach. Wie würde Luis aufkreuzen?
"Das wirst du schon sehen.", zwinkerte sie mir grinsend zu. "Und jetzt ziehst du dich um, damit wir noch rechtzeitig fertig sind."
Ich befolgte und ging in mein Zimmer.

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