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Das Türschloss unserer Wohnung hakte schon seit wir vor knapp vier Jahren hier eingezogen sind. Nur mit einer Kombination aus Gefühl und purer Gewalt bekam man die Tür, mit einem lauten Knarzen auf. 

"Bin wieder da", rief ich durch den Flur, während ich meine Schultasche neben den Schuhschrank stellte. "Na wie war es in der Schule?", fragte meine Mutter mich aus der Küche. Ich schnaubte nur, während ich versuchte den Knoten in meinen Schuhen zu lösen.

Meine Mutter stand vor dem Herd, als ich in die Küche kam. Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und setze mich an den Tisch. Einen Moment brauchte ich um zu bemerken, was sie da kochte. 

Hähnchencurry. Besser bekannt als "Schlechte-Neuigkeiten.Mahlzeit".

"Was ist los?", fragte ich und betrachtete meine Mutter, die ein wenig zu konzentriert auf die Pfanne vor ihr starrte.

"Lizzy ....", begann sie, unterbrach sich aber selber. Sie befüllte zwei Teller und setzte sich zu mir an den Tisch. Stirnrunzeln schaute ich sie an. Die Falten auf ihrer Stirn waren heute besonders tief.

"Sag schon", ich schaute sie herausfordernd an und fing an zu essen. Meine Mutter zögerte einen Moment. Ich bemerkte, dass ihre Augen gefährlich glasig aussahen. Im nächsten Moment rollten schon die ersten Tränen ihre Wange herunter.

"Was ist los?", meine Stimme zitterte und ich versuchte ihr in die Augen zu gucken. Doch sie drehte sich weg. Mum hat seit jener Zeit vor zwei Jahren nicht einmal mehr geweint. Damals gab es einen Abend in dem sie sich in ihr Zimmer einschloss und mehrere Stunden weinte und schrie und Sachen durch den Raum warf. In diesen Stunden ließ sie all den Schmerz und Kummer, die Wut und die Verzweiflung auf einmal raus. Am nächsten Morgen wartete sie in einem hübschen Sommerkleid lächelnd am Frühstückstisch auf mich. Sie tat als wäre nichts gewesen, also tat ich das auch. 

Mum schniefte: "Lizzy, ich... ach verdammt!", sie schmiss ihre Gabel auf den Teller und sah mich an. "Ich muss auf eine Geschäftsreise", murmelte sie.

Ich atmete erleichtert aus. 

"Deshalb machst du hier so ein Theater? Ich dachte schon jemand sei gestorben", sie war oft auf Geschäftsreise, dass war nichts Ungewöhnliches. Die zwei Wochen würde ich auch ohne sie überleben. Ich war schon öfters ein paar Tage alleine in der Wohnung. Es war schön, mal alles für sich zu haben.

Traurig sah sie mich an: "Diesmal ist es anders. Die Firma hat mir die Leitung eines Projekts übertragen. Für ein halbes Jahr in Amerika."

"Ohh...", in mir machte sich ein dumpfes Gefühl breit. Als würde mir mein Herz in die Hose rutschten. Mit ganz ruhiger Stimme sagte ich: "Das ist doch nicht schlimm. Ich weiß wie sehr du das liebst, das Reisen und so. Ich komme hier dann schon klar."

"Lizzy, du weißt, dass geht nicht. Du kannst hier nicht bleiben. Nicht ein halbes Jahr. Nicht  alleine", ihre Stimme war wieder klar und kräftig. Ein Zeichen, dass sie sich arg zusammenriss. 

"Na gut, dann frag ich eben...", sie unterbrach mich. "Ich habe mit deinem Vater geredet und er...", bei diesem Wort klingelten bei mir alle Alarmglocken. Sie hatte was? Diesmal unterbrach ich sie.

"Ah. Witzig. Aber wenn du dachtest, dass ich scharf auf eine Vater Tochter Vereinigung bin, dann hast du dich da ziemlich geirrt. Zu dem werde ich sicherlich nicht gehen!"

"Doch und es gibt keine andere Option."

Wie konnte sie nur? Wie konnte sie mir nur jetzt so in den Rücken fallen? Ich rannte aus der Küche, zog meine Schuhe an und schleuderte die Tür hinter mir zu. Zwei Sekunden später öffnete sie sich wieder. Meine Mutter stand mit Tränen in den Augen vor mir. 

New life, Australia // 5SOSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt