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Nachdem ich auch die letzten Bilder an der Wand angebracht hatte, ging ich zur Kommode und nahm den obersten Pullover heraus.
Er gehörte eigentlich Lucas, weshalb er mir viel zu groß war. Doch er roch noch nach meinem besten Freund und gab mir das Gefühl nicht ganz allein in diesem riesigen Land zu sein. Auf der anderen Seite der Erde.

"Verdammt", murmelte ich panisch. Ich hatte total vergessen ihn anzurufen.
Mein Handy lag neben meinem Bett und ich gab seine Nummer ein.

Es läutete zwei mal, als er schon abhob: "Hey Lizzy", seine Stimme klang erleichtert.

"Tut mir leid, dass ich mich erst so spät melden."

"Kein Problem, du hast sicherlich geschlafen."

Ich nickte, doch dann fiel mir ein, dass er mich ja nicht sehen konnte und sagte: "Ja."

Für einen kurzen Moment war es still. Bis Lucas sich dann endlich zwang, die Frage, die ihm wahrscheinlich schon die ganze Zeit auf den Lippen lag, zu fragen.

"Wie geht es dir? Haben sie sich geändert? Lebst du jetzt mit einer märchenhaft schrecklichen Stiefmutter zusammen?", Ich lachte, atmete tief ein und begann zu erzählen.

"Ehrlich gesagt habe ich bisher noch nicht viel mit ihnen gemacht. Was mir auch ganz recht so ist. Aber sie scheinen mir genauso zu sein wie vor zwei Jahren. Alec ist immer noch fies, Dad ist immer noch von ihm überzeugt. Und die Beiden hielten es nicht nötig mir zu erzählen, dass ich einen Stiefbruder namens Ashton habe."

Lucas hörte aufmerksam zu. Doch auch ihn überraschte die Nachricht von einem plötzlichen Stiefbruder merkbar.

"Klingt doch sympathisch. Wie alt ist er?"

"19. Und ja meine Familie kann sich mit ihrem Charmemodus mal wieder nicht zurückhalten."

In diesem Moment klopfte es an der Tür und Ashton's braunblonde Haare kamen zum Vorschein. Als er sah, dass ich telefonierte gestikulierte er, dass es Zeit war zufahren.
Ich lachte, weil es unglaublich komisch aussah. Es tat gut zu lachen, ich machte es einfach zu selten.

"Luci, tut mir leid, aber ich muss auflegen. Wir telefonieren morgen, versprochen", verabschiedete ich mich und legte auf.

Ashton zog anzüglich eine Augenbraue hoch und sagte doppeldeutig grinsend: "Luci."

Ich verdrehte die Augen, konnte aber mein Grinsen nicht verbergen.

"Lucas. Er heißt Lucas. Er ist mein bester Freund", erklärte ich, als wir die Treppe nach unten gingen.

"Wer ist dein bester Freund", kam es von einer Stimme hinter mir.

Sofort wusste ich um wen es sich handelte. Diese raue tiefe Stimme würde ich überall erkennen. Alec. Ich hatte ihn nicht nach Hause kommen hören.

Wir waren mittlerweile schon im Flur, wo auch die anderen Jungen warteten. Ich drehte mich genervt um und sagte mit ziemlich kühler Stimme: "Wenn du mein Bruder wärst, wüsstest du das, Alec."

Ich spuckte seinen Namen aus, als wäre es eine Beleidigung. Was es ja auch irgendwie war.

Ich drehte mich wieder zu den anderen, zog meine Schuhe an und ging den Jungs voraus nach draußen. Mir entging nicht, dass Ashton Alec ziemlich vorwurfsvoll ansah. Ich hoffe, ich hatte mich nicht verguckt. Es war schön einen Verbündeten auf seiner Seite zu wissen.

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In dem kleinen Imbiss war es ziemlich leer, also nahmen wir einen großen Tisch am Fenster. Ich saß zwischen Ashton und dem Fenster, mir gegenüber Luke. Michael und Calum holten gerade unser Essen.

Keiner von uns sagte etwas, doch ich überwund mich und fragte: "Geht ihr eigentlich noch zur Schule?"

Ashton und Luke tauschten einen Blick. "Ashton ist im letzen Jahr, wir anderen müssen noch ein Jahr länger", klärte mich Luke auf. 

Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, kamen Michael und Calum mit dem Essen. Die Jungs stürzten sich auf ihr Essen, als gäbe es kein Morgen. "Manieren", murmelte Luke, als er meinen überraschten Blick sah.

Wir schauten uns an und mussten lachen. Die anderen schauten sich verwundert an. Langsam legten sie ihre Hamburger wieder hin und wischten ihre Mundwinkel ab. "Sorry, wir sind eben manchmal ein bisschen", fing Calum an. "Hinterwäldlerisch", schlug ich vor. 

Die Anderen verdrehten die Augen und Michael sagte, mit perfekter Imitation meines britischen Akzents: "Es tut mir leid Mylady, dass sie in einer so unzivilisierten Runde gelandet sind." Er nahm sich, mit gespitzten Finger, eine Serviette, legte sie auf seinen Schoß, nahm Messer und Gabel und machte sie daran, seinen Hamburger weiter zu essen. Seinen kleinen Finger spreizte er gekonnt ab. 

Wir bekamen alle einen Lachkrampf, der so heftig war, dass Calum fasst an seinem Essen erstickt wäre.

Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, wurde ich mit Fragen nur so durchlöchert. Ich fand schließlich heraus, dass keiner von ihnen jemals Australien verlassen hatte. "Ich war nur in Neuseeland, aber das zählt irgendwie nicht wirklich", hatte Calum zwischen seinen Hamburger Bissen gesagt.

"Wo warst du schon überall?", fragte Calum interessiert.

Kurz dachte ich nach bis ich antwortete: "Früher sind wir recht viel gereist. Wir waren fast jeden Sommer in Frankreich. Manchmal auch in Spanien oder Portugal."

"Ich will auch", murmelte Luke mit einem sehnsüchtigen Blick.

Ich sah ihn nur skeptisch an: "Die meisten Leute die ich kennen, träumen davon mal hierher zu kommen. Überdurchschnittlich viel Sonne, wenig Regen und viele leichtbekleidete Leute. Aber wenn ihr wollt, könnt ihr mich ja gerne mal besuchen und euch selber überzeugen."

"Du kannst dich darauf verlassen, dass wir vorbeikommen. Spätestens wenn wir auf Tour gehen", sagte Michael in einem übertrieben lässigen Ton. 

"Tour?", fragte ich ihn mit hochgezogener Augenbraue. "Wollt ihr euch als Roadies anheuern lassen oder was?"

"Du kannst gerne unser Roadie sein, wenn wir mit 5sos auf Tour sind"

"5, was?"

"Unserer Band", meinte Luke.

"Wir haben vor ein paar Jahren eine Band gegründet. 5 seconds of summer, 5sos."

Ich schaute sie beeindruckt an.

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"Eine echte Band?", fragte ich zum zehnten Mal, als wir auf dem Rückweg nach Hause waren. 

"Ja, aber nur so zum Spaß. Ab und zu laden wir Videos auf Youtube hoch oder spielen auf kleinen Partys", wiederholte Ashton zum dutzensten Mal an diesem Abend.

"Wer singt?", fragte ich aufgeregt, als wäre ich vier und hatte Geburtstag.

Sie tauschten ein Blick, bis sie alle die Hand hoben. Ashton zögerte jedoch ein bisschen.

"Ihr könnt  alle singen?", fragte ich ungläubig. 

Weshalb ich mich so freute weiß ich eigentlich selber nicht. Nun ja, doch vielleicht schon. Wer hätte nicht gerne einen australischen Bruder, der mit seinen drei, ziemlich gut aussehenden Freunden in einer Band spielt? Es lebe das Klischee.  

"Können wäre zufiel gesagt", murmelte Ashton in seinen Pulli. Dafür kassierte er sofort einen Schlag von Calum.

"Ach komm Ash, du weißt, dass du echt gut bist", fügte er hinzu.

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Hey, ich hoffe euch gefällt das Kapitel :) lasst einen Kommentar da, würde mich freuen 


New life, Australia // 5SOSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt