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Mist, Mist, Mist, Mist, Mist! Das würde ein teurer Spaß werden. Wieso musste ich auch erst vor fünf Minuten feststellen, dass meine Uhr im Wohnzimmer seit heute Morgen nicht mehr lief und zu allem Übel war natürlich jede Ampel zur Sparkassenarena rot und unterwegs lief gerade auch noch eine Unfallaufnahme, da es einen Auffahrunfall gegeben hatte. Na super! Der Tag könnte nicht besser laufen und den Treffpunkt hatte ich bereits verschlafen. Schnell schrieb ich Rune, dass ich etwas später kommen würde.

Hektisch stellte ich mein Auto vor der Halle in die viel zu kleine Parklücke, nahm meine Tasche über die Schulter und rannte Richtung Halle. Fast hätte ich vergessen abzuschließen. „Entschuldigung, kommt nie wieder vor", hechelte ich, schmiss meine Tasche auf den Boden und setzte mich zwischen Rune und Patrick, die mir einen Platz freigehalten hatten. „Hallo Steffen!", ertönte da auch schon Alfreds Stimme, ich lächelte ihm kurz zu und nahm mir schließlich ein Glas und füllte Wasser hinein. „Danke Rune", flüsterte ich meinem Mannschaftskollegen nochmal dankbar zu und trank dann einen großen Schluck. Der Tag hatte mich ja bisher schon fertig gemacht – wie sollte das nur heute beim Spiel gutgehen?

Während ich weiterhin in meinen Gedanken versunken war ging Alfred die letzten taktischen Mittel durch und zeigte uns noch die letzten Videos – vorbereit waren wir. Beziehungsweise könnten wir sein – wenn man, wie ich, natürlich so gut wie nichts von seiner Ansprache mitbekommen hatte, dann könnte das Spiel durchaus eine Herausforderung werden.

In der Kabine war ich anschließend nicht gerade anwesender mit dem Kopf, sodass die ersten mir schon komische Blicke zuwarfen. Eigentlich wartete ich eigentlich auch nur noch darauf, dass alle raus in die Halle gehen würden, dass ich noch einmal kurz Ruhe für mich hatte.

Es war nicht nur die Tatsache, dass meine Uhr stehengeblieben war, dass ich zu spät kam und ich absolut nicht mit dem Kopf beim Spiel war – es hatte einen anderen Grund: Meine Freundin und ich stritten uns nun seit mehreren Tagen und gestern Abend hatte sie entschieden, vorerst auszuziehen und meinte nur zu mir, sie bräuchte eine Beziehungspause. Das ging mir einfach so sehr nach und ich hatte sie schon vermisst, direkt nachdem sie mir die Türe vor der Nase zugeknallt hatte. Ihr passte es einfach nicht, dass ich ständig unterwegs war. Auswärtsspiel hier – Nationalmannschaft da. Und wenn ich dann doch mal daheim war, hatte ich Training und wenn ich da wieder zurückkam hatte sie meistens schon geschlafen. Es machte mich im Moment einfach kaputt.

Die gute Stimmung in der Halle konnte meine miese Stimmung bedauerlicherweise nicht sonderlich aufhellen. Unter meinem Arm trug ich meinen Ball, meine Flasche und Nikos Flasche – diese stand noch einsam in der Kabine rum und außer mir war eh niemand mehr da gewesen. „Du hast deine Flasche vergessen", meinte ich zu ihm und er drehte sich sofort um. Hatte ich ihn gerade erschrocken, weil ich auf einmal so dicht hinter ihm stand? Er schaute mich etwas komisch an, ich konnte den Blick nicht so ganz deuten. Er schien für den Moment genauso neben der Spur zu sein, als ich. Ich lächelte ihm gequält zu und lief dann zur Bank.

„Wo kommt Andi denn jetzt her?", fragte ich Niklas, der gerade neben mir stand. Ich dachte, ich wäre der Letzte in der Kabine gewesen. „Der hat gemeint, der müsste vor dem Spiel noch duschen gehen, weil seine Freundin daheim zu ihm gesagt hat, dass er stinken würde", erklärte mir unser dänischer Torhüter mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht. Allerdings vertrieb mir das Wort „Freundin" schon wieder meine Laune, die ja eh schon ganz unten gewesen war. „Jetzt schwitzt er doch eh gleich wieder", kommentierte ich dennoch und Niklas zuckte nur mit den Schultern. Rune schien unser kurzes Gespräch mitbekommen zu haben und legte einen Arm um meine Schultern. „Das ist Andi Wolff, mehr kann man dazu auch nicht sagen. Kommst du Steffen? Wir laufen uns warm". Ich nickte und stellte mich neben Rune an die Grundlinie. Wir redeten über dies und das und ich konnte mich danach wirklich so mehr oder weniger auf das anstehende Spiel konzentrieren und fokussieren.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt