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Mein neues Zimmer ist riesig. Mir würde alles groß vorkommen, was nicht in einem Trailer oder um eine Luftmatratze herum ist. Trotzdem schlafen Jug und ich in einem Raum. Man könnte uns eine posttraumatische Belastungsstörung andichten, aber ich denke, es ist bloß Macht der Gewohnheit. Ich kann längst nicht mehr gut schlafen, wenn ich alleine bin. Ich stehe am Fenster und sehe auf die Straße herunter. Nichts los. Eine verschlafene Nachbarschaft, wie sie es immer war.

„Wie langweilig", murmle ich. Im Vergleich mit den letzten Monaten kommt es mir vor, als habe jemand die Zeit angehalten. Ich will keinen zweiten Serienmörder oder eine Massenschlägerei. Eigentlich weiß ich, was ich will. Mit Sweet Pea war mir noch nie langweilig. Zu einen, weil einer von uns immer Scheiße gebaut hat, zum anderen, weil einer immer eine gute Idee hatte. Ich vermisse ihn. Ich bin auch nicht besser als die anderen Mädchen, die ihren Typen hinterherheulen. Will ich auch gar nicht sein. Es ist erlaubt, traurig zu sein, aber man muss weitermachen. Ich muss weitermachen. Jetzt.

Wenigstens schickt er mir ein weiteres Lebenszeichen von sich. Wie gnädig von ihm.

Eine Postkarte. Ein kitschiges Motiv. Ein sich küssendes Paar vor einem überzeichneten Sonnenuntergang am Strand. Die Farben sind so grell, dass sie in den Augen brennen.

„Ich weiß, du hasst sie", steht auf der Rückseite, „deine bösartigen Kommentare fehlen mir."

Abgeschickt in Sacramento. Ist das ein Zeichen? Erwartet er, dass ich ihn finde? Wie soll ich das machen? An mir ist zwar ein kleiner Detektiv, nicht aber ein ausgewachsener Sherlock Holmes verloren gegangen. Ich pinne die Karte an die nackte Wand über mein Bett und werfe ihr einen letzten Blick zu, ehe ich mich auf den Weg zu Pop's mache. Die anderen warten schon auf mich.


„Wo hast du gesteckt?", fragt Veronica neugierig, „triffst du dich wieder mit jemandem?"

Archie, der Einzige, der den dramatischen Abgang halbwegs miterlebt hat, stößt ihr in die Seite. Sie wirft ihm einen finsteren Blick zu. Schon gut, Arch, ich werde es überleben.

„Sie kann ihm ja nicht ewig hinterhertrauern", sagt sie entschlossen, „tu das nicht, Greta. Die Kerle würden dir die Bude einrennen, wenn du nicht abgeschlossen hättest."

„Mhm", augenverdrehend setze ich mich hin. Ich weiß nichts von diesem Ansturm. Der Einzige, der so etwas wie einen Vorstoß gewagt hat, indem er mich auf einen Milchshake einladen wollte, war Reggie. Ich hätte ihm fast den Kopf abgerissen und seither geht er mir offensichtlich aus dem Weg. Betty spielt nachdenklich mit ihrem Zopf.

„Nimm dir die Zeit, die du brauchst", sagt sie liebevoll.

„Könnten wir das bitte nicht zum Thema für eine Unterhaltung machen?", schlage ich vor, „das Leben geht weiter."

Das tut es. Ziemlich schnell sogar. Ich habe schon oft gedacht, dass ich nicht weiterkomme, aber hier bin ich. Gesund und munter.

„Der arme Reggie zittert heute noch, wenn er deinen Namen hört", Archie zwinkert mir zu. Ich schenke ihm ein verschwörerisches Lächeln. Wir bestellen etwas zu essen und plaudern über die Schule. Teenager. Vielleicht lasse ich mich doch von ihm einladen. Auch, wenn ich diesen Part wahrscheinlich übernehmen müsste. Er kommt nie wieder auf mich zu. Ich empfand es als respektlos, als sei ich frisch verwitwet. Nicht nur Sweet Pea ist ein Idiot, ich bin wirklich die dazu passende Idiotin.

Als hätte er es geahnt, meldet er sich jetzt häufiger. Endlich unter einer Nummer, unter der ich antworten kann. Ich will ihn warten lassen, aber ich kann nicht. Es liegt nicht in meiner Natur, geduldig zu sein oder andere hinzuhalten. Ich kann keine fünf Minuten mit der Antwort warten.

SP [23:10] Noch wach? Wie läufts auf der Northside?

Greta [23:05] Wieso willst du das wissen?

Ja, ich bin noch sauer. Aber immerhin stelle ich eine Frage, das hält doch ein Gespräch am laufen, oder?

SP [23:06] Ich muss mich doch versichern, dass du ohne mich klarkommst.

Greta [23:07] Was ist mit dir? Kommst du ohne mich klar?

SP [23:08] Ich gebe mir Mühe. Was macht das Haus?

Greta [23:09] FP könnte Hilfe gebrauchen.

Daraufhin antwortet er nicht mehr. Ein Wink mit dem Zaunpfahl ist wohl doch ein bisschen zu viel des Guten. Ich schalte mein Handy in den Flugmodus und schließe die Augen. Gute Nacht, Sweets.

Die Wahrheit über Greta.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt