Viel zu schnell

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In den nächsten Tagen läuft leider nichts von dem, was ich mir vorgestellt habe, nach Plan. Die Serpents machen Jug und mich dafür verantwortlich, dass FP nicht dazu zu bewegen ist, um die Southside zu kämpfen. Er würde das für uns tun, damit wir ein neues Leben beginnen könnten, fern ab von Kriminalität und brutalen Älteren, die uns nie völlig dulden würden. Vielleicht ist das so, aber wir haben ihn nie darum gebeten. Vielleicht ist FP es auch einfach nur leid, sich um eine Horde nicht eigenständig denkender Menschen kümmern zu müssen. Vielleicht sind es nicht wir, die sich einen Neuanfang wünschen.

Sweet Pea legt sich unterdessen mit jedem Bulldog an, der ihm in die Quere kommt. Als er auf Archie losgehen will, weil dieser einen Teamkollegen gegen eine Gruppe Serpents verteidigt hat, schiebe ich mich entschlossen dazwischen.

„Gehts noch?", fauche ich ihn an, „du wohnst bei ihm!"

„Natürlich nimmst du ihn in Schutz."

Mittlerweile hat sich eine kleine Menschentraube um uns gebildet. Ich sehe mich um. Es ist nicht zielführend, in diese Kindereien verstrickt zu werden, während ich nur will, dass alles wieder beim Alten ist. Aber Sweet Pea nicht zurückzuhalten, bedeutet, ihn auf Menschen loszulassen, die zu meinen Freunden geworden sind.

„Lass gut sein, Greta", sagt Archie.

„Sie ist keine von euch", erwidert Sweet Pea schroff.

„Das will auch wirklich niemand", schaltet sich Reggie ein. Ich will ihn ignorieren, aber er positioniert sich neben Archie und damit direkt vor mir. 

„Die ist durchgeknallt", sagt er zu Archie, "erinnerst du dich daran, dass sie mich umbringen wollte?"

"Hätte ich das gewollt, würdest du jetzt nicht hier stehen", erwidere ich. 

„Sie ist nicht durchgeknallt", verteidigt Archie mich unnötigerweise.

„Wieso war sie dann in diesem Kloster?"

Weil ich von deinem scheiß Jingle Jangle abhängig geworden bin, du Vollidiot!

"Das weißt du nicht?", frage ich ihn. Er schüttelt den Kopf.

"Leute. Müsst ihr das hier ausdiskutieren?", fragt Archie. Ich trete einen Schritt auf Reggie zu, dem ich meine, so etwas wie Angst anzusehen, gehe dann aber an ihm vorbei zur nächsten Mädchentoilette.

„Greta?"

Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Betty mir gefolgt ist. Ehrlich gesagt habe ich gar nicht registriert, dass sie die Szene beobachtet hat. Ich brauche ein bisschen Zeit und die Gewissheit, dass alles wieder gut wird. Das es besser wird. Ich öffne die Kabinentür, trete ans Waschbecken und klatsche mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht.

„Es geht mir gut", versichere ich ihr, „Reggie hat es auf mich abgesehen, aber ich habe momentan andere Probleme, als das mit ihm zu ... klären."

„Ihr wollt die Southside zurückgewinnen", sagt sie, „Archie hat mir davon erzählt."

Man kann in dieser Stadt einfach nichts für sich behalten.

„Wir sind viel weniger Leute als sie", sage ich, „wenn mir nicht bald was einfällt, wird Sweet Pea es alleine versuchen und wir können froh sein, wenn er das überlebt."

Sie verzieht das Gesicht.

„So schlimm?"

„Schlimmer."

Ich kann den Kloß in meinem Hals seit Tagen nicht herunterwürgen. 

„Wie halten wir ihn davon ab?", fragt Betty. Unsere Blicke treffen sich im Spiegel. Ich drehe mich zu ihr um.

„Wir?"

„Die Ghoulies sind schlimmer als die Serpents es je gewesen sind", sagt sie.

„Wenn er sich einmal was in den Kopf gesetzt hat. Er ist wie -"

„Wie du. Wie Archie. Wie ich. Veronica. Jughead", zählt sie achselzuckend auf, „er will sein Zuhause nicht verlieren."

„Ich weiß."

Ich mag die Northside. Ich fühle mich hier wohl. Natürlich hätte ich lieber ein eigenes Zuhause, zusammen mit FP und Jughead, aber voerst müssen wir uns mit der Übergangslösung arrangieren.

Betty bringt es fertig, uns alle nach der letzten Stunde in einem leeren Klassenraum zu versammeln. Sweet Pea sitzt neben mir auf einem der Tische.

"Alles klar bei dir?", fragt er.

„Und bei dir?", frage ich, anstatt ihm zu antworten. Er zuckt mit den Schultern. Betty baut sich vor der Tafel auf und erklärt, dass wir hier sind, um herauszufinden, wie wir den Serpents helfen können, sich an der Schule zu integrieren. Sie wollen sich nicht integrieren, sie wollen zurück auf die Southside. Wenn schon die Southside High verloren ist, dann wollen sie wenigstens den Trailerpark retten.

„Und wie stellst du dir das vor?", sie wendet sich direkt an Sweet Pea, der diesen Einwand lautstark vorgebracht hat.

„Die Ghoulies müssen verschwinden", antwortet er, als würde das irgendetwas erklären.

„Und wie soll das gehen?", Jughead hat längst die Geduld verloren, „sieh es ein, Sweet Pea, wir haben keine Chance."

„Ich gebe nicht kampflos auf."

Ich will ihn schütteln, doch Archie kommt mir zuvor.

„Er hat recht", sagt er, „wir sollten ihnen helfen."

Ich stöhne laut auf.  Wie kann man so naiv sein? Erst versucht er, Black Hood auf eigene Faust zu finden und ihm mit einer Nachbarschaftswache entgegenzutreten, jetzt will er die Ghoulies verjagen? Was nimmt er sich als nächstes vor? 

„Wir ihnen helfen?", Veronica ist genauso wenig überzeugt wie der Rest von uns. 

„Wieso nicht?"

„Wieso nicht?", echot Jug, „weil das Selbstmord wäre. Falls dir das als Grund reicht."

Betty sieht mich auffordernd an. Danke, ich weiß, dass ich auch etwas sagen sollte, aber mir fällt noch nicht das Richtige ein. Ich wäge noch ab, für welche Seite ich das Wort ergreifen soll. 

„Wie viele sind es?", fragt Kevin diplomatisch.

„Hunderte", antworte ich. 

„Mit allen Serpents und allen, die uns sonst noch helfen wollen, hätten wir eine Chance", erwidert Archie.

„Mit allen, die uns sonst noch helfen wollen?", ich schüttle den Kopf, „und wer soll das sein?"

„Überlass das mir", sagt Archie. Ich wusste schon bei unserer ersten Begegnung, dass es so kommen würde. Sweet Pea, der die Diskussion schweigend verfolgt hat, erhebt sich vom Tisch und geht auf Archie zu. Als er die Hand ausstreckt und Archie ohne Zögern einschlägt, ist ein Plan, der noch keiner ist, besiegelt. Hätte Jug FP davon überzeugt, zu kämpfen, wären wir jetzt nicht in diesem Dilemma. Er sieht mich an. Das wird nicht gut ausgehen.

Die Wahrheit über Greta.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt