Allianzen

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„Plötzlich nimmst du seine Hilfe an?"

Jetzt, wo wir unter vier Augen sind, kann ich wenigstens einem von ihnen ins Gewissen reden. 

„Ich glaube, das war seine Idee."

„So ist er! Er - erinnerst du dich an den Red Circle? Was denkst du, war das? Eine scheiß Schnapsidee. Archie ist unberechenbar."

Trotz allem, was zwischenzeitig passiert ist, erinnere ich mich gut daran, geschworen zu haben, ein Auge auf Archie Andrews zu haben. Und wenn das bedeutet, mit in eine Schlacht zu ziehen, an der ich nie teilnehmen wollte, dann ist das wohl so.

„Wenigstens tut er etwas", antwortet er.

„Jug hat doch schon mit FP geredet", erinnere ich ihn, „ihr begeht einen Fehler."

„Bist du dabei oder nicht?"

„Natürlich bin ich dabei."

Das bringt uns nicht wieder zusammen. Wir driften weiter und weiter auseinander. Er merkt es, tut aber nichts dagegen, weil es einem höheren Ziel dient. Er ist, am Ende musste es ja darauf hinauslaufen, wie alle anderen. Und ich ein kleines Opfer, das man auf dem Weg erbringen muss. 

„Gut", sagt er bloß.

„Je mehr, desto besser, hm?", frage ich schnippisch.

„Niemand zwingt dich dazu", sagt er eine Spur versöhnlicher.

„Du hast all meine Freunde mit reingezogen", ich verschränke die Arme vor der Brust, „ich habe nicht wirklich eine Wahl."
Wir könnten uns noch ewig in dieser Diskussion verstricken, aber er beendet sie, indem er mir ein überhebliches Grinsen schenkt. Du mich auch.

Ich gehe härter mit ihm ins Gericht, als ich es mit Archie tue. Irgendetwas sagt mir, dass er seinen Misserfolg in Sachen Black Hood jetzt wieder gut machen will. Ich spare mir lange Reden darüber, dass das der falsche Weg ist. Er ist wie ich. Und auf keinen Fall davon abzubringen.

„Ich will nur, dass du dir darüber im Klaren bist, worauf du dich einlässt."
„Bin ich", versichert er mir, „ich tue das Richtige."
„Mhm", ratloses Achselzucken, „wenn du meinst."
Ich bin nicht seine Mutter. Ich bin nicht mal seine Schwester. Aber ich habe ihn in der Nacht gesehen, in der er die Serpents mit der Pistole bedroht hat und ich habe die Angst in seinem Gesicht gesehen. Ich wünschte, das unbestimmte Gefühl, dass er es auch für mich tut, würde endlich nachlassen und ein wenig Kampfgeist Platz machen, aber es passiert nicht. Archie mag jetzt noch keine Angst haben, ich habe sie für uns beide. Oder direkt für alle Beteiligten.

Am nächsten Tag greife ich nicht nach der verschlissenen Jeansjacke, die ich bisher jeden Morgen übergezogen habe. Ich wühle nach meiner Lederjacke, ziehe sie an und beobachte mich für einen Moment im Spiegel. Face the facts, ich bin kein Northside-Mädchen. Nie gewesen. FP Jones, der König der Southside, ist mein Vater. Zeit, die Zweifel mit Stolz zu ersetzen, das Kinn ein wenig höher zu tragen, zu wissen, wo mein Platz ist. Es war nie mein Stil, feige unterzugehen. Sieht man vom Sprung ab, den ich absolut nicht durchdacht hatte. Ich war immer mehr eine Kämpferin, wenn auch mit Schwächepausen.

Die Jacke, oder ich?, zieht alle Blicke auf sich, als ich die Schule betrete. Es ist ein eindeutiges Statement. Und wie durch Zauberhand, nur durch eine endgültige Positionierung, fühlt sich plötzlich leichter an. Als könne ich wieder atmen. Toni geht neben mir, eine gute Eröffnungsszene für einen Film, in dem viel geballert wird, und sie grinst mich an, als ich zu ihr sehe. Am Ende des Ganges treffen wir auf Jughead und Archie.

„Zwei Dumme ein Gedanke", kommentiert Archie unsere Jackenwahl und klopft Jughead auf die aufgestickte Schlange auf seinem Rücken, „steht dir."
„Danke."
Jug und ich verstehen uns ganz ohne Worte. FP Jones Kinder. Wir stehen für etwas ein, an dem wir unser Leben lang so viel ändern wollten. Vielleicht können wir das jetzt. So. Vielleicht ist unsere Zeit jetzt gekommen.

„Bedroh niemanden mit dem Messer", er zwinkert er mir zu, „außer es ist Notwehr. Oder Sweet Pea."
Ich boxe ihm in die Seite.
„Übernimm du die Führung, Jug", bitte ich ihn, „er denkt nicht nach, weil er zu wütend ist. Wir müssen nicht mehr Schaden anrichten als nötig."
„Schon erledigt", antwortet er, „da will jemand zu dir."
Ich drehe mich erwartungsvoll um, nur um Reggies Gesicht zu blicken. Kann er mir nicht einen Tag Ruhe gönnen?
„Was willst du?", blaffe ich.
„Archie hat uns von eurer Mission erzählt", sagt er, „und er kann ziemlich überzeugend sein."
Wem sagst du das? Er hat keine Zeit verloren. Vor mir steht das gesamte Footballteam. Offenbar auf dem Weg zu Training.

„Wir sind dabei", sagt Reggie.
„Wieso solltet ihr?", ich runzle skeptisch die Stirn, „du kannst mich nicht leiden."
Und ich bin offen gestanden auch kein großer Fan von dir, aber ganz abgesehen davon, was haben sie davon?
„Falsch. Ich kann es nicht leiden, wenn man mich bedroht", korrigiert er mich, „diese Ghoulies haben unser Diner angegriffen und außerdem, ihr habt Kampfgeist. Das gefällt uns."
„Okay?", ich kann ihm noch nicht ganz folgen, „Archie hat euch wirklich alles erzählt?"
„Alles", bestätigt Reggie. Als wäre es ein Ritual, streckt er die Hand aus und wartet darauf, dass ich einschlage. Ich habe solchen Handschlägen früher keine größere Bedeutung zugemessen, aber mittlerweile kommen sie mir vor, als würde man seine Unterschrift unter einen Vertrag setzen, den man nicht ganz lesen durfte. Aber habe ich wirklich eine Wahl? Ich mag ihn zwar nicht, werde ihn wahrscheinlich auch niemals mögen, aber wir sind auf jede Hilfe angewiesen. Und mir gefällt es, dass sie zu mir kommen und nicht zu Sweets.

Ich schüttle seine Hand. Er nickt. Sie ziehen ab und ich bleibe verwirrt zurück.

„Wow", Jughead reißt noch immer die Augen auf, „das war ... interessant."
„Ich komme mir vor wie der Pate", ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen, „Dad wäre stolz auf uns."
„Hm", Jugs Stirn legt sich in tiefe Falten, „darauf würde ich nicht wetten."


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