Alles kommt, wie's kommen muss

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Lazlo zwingt Archie mit vorgehaltener Waffe, mich zu fesseln. Ich bilde mir ein, Sweet Peas Herz explodieren zu hören, mit jedem Mal, mit dem Archie die Fessel enger zieht. Seine Finger zittern.

„Fester", weise ich ihn an. Er befolgt meine Anweisung. Lazlo packt mich an der Schulter und führt mich aus dem Trailer. Seine Berührung widert mich an, aber ich laufe vor ihm her, bereit für was auch immer. In dem Moment, in dem ich ihn sah, wusste ich, dass mein Leben einem unschönen Ende entgegengeht.

Ich spüre, wie die anderen folgen. Sehe, wie Reggie Jughead anstößt und dieser leichenblass wird. Er sagt irgendwas, tonlos, aber hasserfüllt. Stumm forme ich die Worte „alles wird gut". Er schüttelt ungläubig den Kopf.
„Ruf euren Vater an, Jughead Jones", ruft Lazlo ihm großspurig entgegen, „er soll sehen, wie ihm genommen wird, was ihm ach so wichtig gewesen ist."
„Sag Daddy Bescheid", Penny ist wie aus dem Nichts aufgetaucht und baut sich neben uns auf. Sie greift mir ins Haar und zieht meinen Kopf nach unten.

„Ihr Kinder habt uns lange genug Probleme bereitet", flucht sie, „ihr seid eine wahre Plage. Wir müssen wohl ein Exempel statuieren."

An mir. Auch wenn es mir lieber ist, dass sie mich nehmen, weil ich es nicht ertragen könnte, meine Freunde leiden zu sehen, aber ... ausgerechnet ich.

FP kommt. Und mit ihm Fred Andrews und Sheriff Keller. In zivil. Betty und Kevin sind ebenfalls zurückgekehrt und ich wünschte, sie wären es nicht. Sie sollten das hier nicht miterleben müssen. Niemand sollte das. Aber diese Diskussion müssen wir vielleicht nicht mehr führen.

„Dad!", höre ich mich rufen. Lazlo tritt mir in eine Kniekehle und ich sacke zusammen. Ja, er weiß, wie es geht. Das wusste er schon immer. Ich knie im Gras, als würde ich auf meine Hinrichtung warten.

„Überspringen wir die Begrüßung", sagt Lazlo gelangweilt, „ich lebe und bin der mysteriöse Black Hood, sie hat mich nicht umgebracht, sie ist nicht meine Tochter. Jetzt sind wir alle auf dem selben Stand."

Ich sehe zu Jughead. Wir können beide nur schwer begreifen, was hier passiert. Es ist vielleicht besser, es gar nicht erst zu versuchen, sondern ein bisschen Nebel zu bewahren. Man muss nicht in jedes Dunkel Licht bringen.
„Was hast du vor?", fragt FP. Ich kann ihn nicht ansehen. Er ist enttäuscht, jetzt voller Angst, könnte seine Kinder verlieren, oder nur eines, aber in jedem Fall haben wir einen schwerwiegenden Fehler gemacht.

„Ich will mich rächen", antwortet er, „liegt doch auf der Hand, oder?"
„Du hast ihr das Leben zur Hölle gemacht. Reicht das nicht?"
„Nein", seine Stimme ist eisig, „das reicht nicht."

Nur mein Tod ist Ausgleich genug.

„Lass sie gehen."
Ich wünschte, FP würde nicht so flehend klingen. Ich wünschte, er würde nicht kurz davorstehen, darum zu betteln. Sheriff Keller und Fred Andrews haben sich zwischenzeitlich darum bemüht, die anderen zusammenzutreiben. Es reicht, wenn sie einen Verlust hinnehmen müssen. Ich höre, wie Archie mit seinem Vater diskutiert. Ihr müsst ihr helfen. Tut was. Dad!

Jemand setzt seinen Fuß auf meinen oberen Rücken und tritt zu. Ich falle nach vorne, kann mich nicht abfangen und lande mit der Wange auf einem spitzen Stein. Sie hätten sich vermutlich längst auf ihn gestürzt, würde er nicht noch immer die Waffe in der Hand halten. Vielleicht zielt er gerade auf mich. Oder in die Menge. Was würde ich tun, wenn jetzt ein Schuss fallen würde? Könnte ich noch etwas tun?

„Sei nicht albern", Lazlo lacht auf, „ich werde sie nicht gehen lassen. Ihr anderen könnt von mir aus verschwinden. Ihr werdet sie nicht retten."
Ich kann mir Archies Gesicht vorstellen. Er will das, wovon ihm gesagt wird, dass er es nicht tun kann. Er ist wie ich. Aber auf eine entscheidende Weise anders. Ich liege jetzt hier.

„Willst du sie einfach erschießen?", fragt FP. Hat er sich genähert?
„Wollte sie mich einfach verbrennen lassen?"

Ein Schuh wird auf mir abgestellt. Er ist es nicht. Es ist Penny. Sie macht sich einen Spaß daraus, mich zu quälen. Das Tattoo herauszuschneiden war nicht genug. Ich beiße die Zähne zusammen. Kein Schmerzenslaut wird meinen Mund verlassen. Ich will keine Schwäche zeigen, noch nicht jetzt. Es besteht noch eine geringe Chance, zu überleben.

„Ihr habt euch alle so viel Mühe gegeben, sie zu retten. Wie fühlt es sich wohl für euch an, sie jetzt so zu verlieren?"
Seine Worte verletzen mich mehr als ihr fester Tritt. Ich schließe die Augen. Ich zähle und weiß nicht, wieso ich das tue. Und wie weit ich komme. Es beruhigt mich. Das ist alles.

„Nehmen Sie die Waffe runter!"
Sheriff Kellers Stimme ist eindrucksvoll.
„Oho, die Polizei ist auch hier. Keine Chance, Sheriff."
Er hat nichts mehr zu verlieren. Ich bezweifle, dass sie ihn dieses Mal verhaften werden. Er ist schon so oft davongekommen.
„Ich wiederhole: nehmen Sie die Waffe runter. Sofort!"

Sofort. Keine wirkungsvolle Drohung. Ich murmle die Zahlen jetzt laut. Es hilft nicht mehr. Die Angst nimmt überhand.

„Was, wenn ich es nicht tue? Wollen Sie mich vor den Augen Ihres Sohnes erschießen, Keller?", er provoziert ihn. Das sollte er nicht tun. Sheriff Keller mag Polizist sein, aber er ist in erster Linie doch Vater. Sie sind alle Väter. Penny verstärkt den Druck.

„Sie hätten sie festnehmen sollen, nachdem sie meinen Trailer niedergebrannt hat. Und all diese Stümper, die sie gedeckt haben", redet Lazlo sich in Rage, „sie wissen es. Alle. Sie wollte mich töten, weil Sie ihr nicht geholfen haben. Schonmal darüber nachgedacht? Sie haben es vorgezogen, wegzusehen, während dieses arme kleine Mädchen unter mir leiden musste."
Langsam glaube ich, dass er über seine Rachepläne geisteskrank geworden ist. Er muss einfach. Das klingt nicht nach einem normalen Gedankengang, sondern nach dem von einem Irren. Ich höre ein Klicken. Das Entsichern der Waffe?


Dann ein Schuss. Nicht der erste, den ich jemals gehört habe. Aber einer, der durch Mark und Bein geht. Nicht wortwörtlich, denn er trifft mich nicht. Er trifft mich nicht. Ich kippe zur Seite, die Feuchtigkeit des Bodens kriecht schnell in meine Klamotten. Lazlo landet neben mir. Schwer wie ein Sack Mehl. Er liegt einfach da, ohne Blut, ohne Atem. Schreie ich? Ich kann mich selbst hören, aber nicht fühlen. Ich sehe, wie Penny neben ihm in die Knie geht und sein Gesicht in ihre Hände nimmt. Sie flüstert aufgebracht, weint dann. Ich kneife die Augen zusammen. Ich will es nicht sehen. Die Fesseln werden gelöst. Meine Hände gleiten kraftlos von meinem Rücken.
FP hebt mich vom Boden auf, als wiege ich nichts. Er hält mich so fest, dass ich sicher bin, niemand wird mich diesem Griff entreißen können, ich bin sicher. Mir kann nichts passieren. Und trotzdem höre ich immernoch meinen Schrei und bin nicht sicher, ob er aus meinem Mund kommt oder nur in meinem Kopf ist. Ich bin dem Tod entkommen. Ein weiteres Mal.

Die Wahrheit über Greta.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt