Ich weiß gar nicht, was mir mehr Sorgen bereitet. Meine bevorstehende „Gerichtsverhandlung" im Kreise vieler Serpents, die nichts von mir halten oder der erste Tag an einer High School, die vor eben jenen Serpents nur so wimmeln wird. Wenn ich wählen dürfte, würde ich im Kloster bleiben. Hier ist es sicher. Hier läuft alles nach strikten Regeln. Hier muss ich mich nicht gegen eine Drogendealerin verteidigen, die Recht bekommen wird, weil es die Regeln so vorsehen. Hätte Jughead ihr nicht das Tattoo aus dem Arm geschnitten, vielleicht sähe die Welt dann etwas rosiger aus, aber ganz nach dem Motto „mitgehangen, mitgefangen" stehen Toni, Sweet Pea und ich ebenfalls auf der schwarzen Liste.
Wir werden im Whyte Wyrm „vorgeführt". Das erste Mal, dass ich sie wiedersehe. Das ich Sweet Pea wiedersehe. Wir sprechen nicht miteinander. Warten stumm auf das Urteil. Ein ganz normaler Sonntag.
„Ich will Vergeltung", verkündet Penny. Ich schalte langsamer als die anderen. Langsamer als FP, der regelrecht aufspringt, um sich schützend vor uns aufzubauen.„Das sind Kinder!", ruft er den Anwesenden in Erinnerung, „sie haben aus ihren Fehlern gelernt."
„Nur um sicherzugehen", Penny zückt ihr Messer und lässt die Spitze im Kreis durch die Luft gleiten, „tut auch gar nicht weh."
Ich mache einen Schritt zurück, pralle gegen Sweet Pea und wünsche mir, dass das Ganze ein schnelles Ende findet.
„Haltet sie fest", fordert Penny. Ich kann nur einen Moment denken „sie stellen sich niemals gegen FP!", dann werde ich von einem großen Kerl gepackt und so gehalten, dass Penny die perfekte Sicht auf mein Tattoo hat. Ich strample. Sinnlos. Auch die anderen werden festgehalten.
„Penny!", FP steht immer noch vor uns, „Auge um Auge? Wirklich? Ich werde das nicht zulassen."
„So will es das Gesetz", erinnert sie ihn achselzuckend. Ich starre sie hasserfüllt an. So will es das Gesetz? Erbärmlich.„Greta hat mit der ganzen Sache nichts zu tun", ausgerechnet Sweet Pea verteidigt mich.
„Hmm", Penny verdreht die Augen, „bitte erspar uns das. Deine Freundin bekommt genauso ihre Strafe wie eure bemitleidenswerte Weggefährtin und ihr Bruder."
Ihr Bruder. Ich sacke in mir zusammen. Jughead und ich wechseln einen Blick. Das Tuscheln ist unüberhörbar.„Wir verlassen die Southside", verkündet FP laut, „wir werden noch heute gehen."
„Du ziehst es vor, den Serpents den Rücken zu kehren, um deine missratenden Zöglinge zu retten?", Penny schnalzt zufrieden mit der Zunge. Natürlich wollte sie nur darauf hinaus. Natürlich will sie FP loswerden. Und wenn sie dazu seinen größten Schwachpunkt ausnutzen kann, umso besser.„Dad", Jughead setzt an, ihn umstimmen zu wollen, aber FP schneidet ihm das Wort ab.
„Lasst sie los", weist er die Serpents an, „und ihr packt eure Sachen. Macht schon."Wir taumeln aus dem Wyhte Wyrm, heraus auf die Straße. FP hat nicht nur unser, sondern auch das Schicksal von Toni und Sweet Pea entschieden.
„Ich rede mit ihm", sagt Jug zu Toni, „wenn wir gehen, okay, aber ihr habt damit nichts zu tun."
So weit würde ich nicht gehen. Wir haben das alles nur getan, weil Sweet Pea seine Drogendealer-Karriere aufnehmen musste. Aber ich halte mich zurück. Es ist nicht der Moment, darüber zu diskutieren, wer am meisten Schuld hat.„Lass uns gehen", ich nicke Jug zu, „und packen."
Wir sind einem Gewaltakt entgangen, dafür müssen wir die Southside verlassen. Ich wohne weiterhin bei den Lodges, die noch mehr als vorher darum bemüht sind, für mich da zu sein. Vielleicht stimmen sie auch deshalb so schnell zu, ein zweites Bett in mein Zimmer zu stellen, um Toni übergangsweise bei sich wohnen zu lassen. FP kommt mit Jug und Sweet Pea vorerst bei Archie und seinem Dad unter, was Archie nur mittelmäßig begeistert.
Die Spannungen konzentrieren sich nicht nur auf die neuen Wohnsituationen, sondern kochen am ersten Schultag über. Die Northsider wollen ihre fortschrittliche, teuer ausgestattete Schule nicht mit Serpents teilen. Mr Weatherbees Aufforderung, sie herzlich Willkommen zu heißen und in unserer Mitte aufzunehmen, verhallt ungehört. Niemand hier ist darauf aus, ihnen einen schönen Empfang zu bereiten. Auch ich halte mich zurück. Mich auf irgendeine Seite zu stellen wäre unklug. Das letzte, was ich bewusst getan habe, ist, Reggie mit einem Messer zu bedrohen. Im Hintergrund halten und den Blicken ausweichen ... besser so.
„Hier ist keinen Platz für euch, Serpents", knurrt Reggie. Er hat sich zum Sprecher der Schule gemacht und sich vor Sweet Pea, Toni, Fangs und Jughead aufgebaut. Ich sehe zu Betty. Nervös. Sie lächelt mich an.
„Reggie", Archie legt ihm von hinten eine Hand auf die Schulter, „das ist es nicht wert."
Er muss ja irgendetwas sagen. Das es gerade das ist, ist unglücklich. Ich fasse es nicht als Beleidigung auf.„Was denn? Ist doch so!", regt sich Reggie weiter auf, „legen einfach die Schulen zusammen und überlassen uns diesen ... die wollen doch gar nicht hier sein!"
Ich weiß, dass das nicht wahr ist. Das Toni gestern Abend so aufgeregt war, dass sie mich stundenlang ausfragen musste. Sie hielt mich so lange wach, dass selbst ein doppelter Espresso nicht geholfen hat, um richtig wach zu werden.
„Was hast du für ein Problem?", Sweet Pea, sowieso schon dünnhäutig und sichtbar gereizt, baut sich vor Reggie auf. Er ist größer als er, aber Reggie würde nie zeigen, dass er eingeschüchtert ist. Ich spüre, dass wir auf einem schmalen Grad wandeln. Wir sind so dicht vor einer Prügelei.
„Ihr seid mein Problem!"
„Achja?", er schubst Reggie gegen Archie. Anstatt den Kopf einzuziehen, wie ich es normalerweise tun würde, reiße ich mich zusammen und gehe dazwischen, ehe sie aufeinander losgehen können.„Es reicht!"
„Oh, du musst dein Pack natürlich verteidigen", faucht Reggie mich an, „willst du mich wieder mit einem Messer bedrohen?"
„Was?!"Ich kann nicht zuordnen, aus wie vielen Mündern gleichzeitig die Frage gekommen ist.
„Halt dich da raus", Reggies Augen funkeln hasserfüllt.
„Lass uns gehen", Archie packt ihn erneut an den Schultern, dieses Mal eisern, und zieht ihn mit sich mit. Das gesamte Footballteam folgt ihnen. Das wird ein Nachspiel haben, sicher, aber wenigstens haben wir die erste Katastrophe hinter die erste Stunde verschoben.Meine Freunde nehmen mich zur Seite. Und Jughead mich quasi ins Kreuzverhör.
„Du hast Reggie mit einem Messer bedroht? Wann? Wieso?!"Ich erkläre es ihnen notgedrungen.
„Alles was vor dem Kloster liegt, sollten wir vergessen", schlage ich vor, „ich war nicht ich selbst."
„Dir geht's aber wieder gut, oder?", fragt Kevin mit prüfendem Blick, „ich meine ... jetzt wo dein Ex auf unsere Schule geht."
„Mein Ex", wiederhole ich augenrollend, „hat im Moment eigene Probleme."
„Die Serpents werden es hier nicht leicht haben", stimmt Betty mir zu, „irgendwie tun sie mir leid,"
„Sie müssen dir nicht leid tun, sie kommen schon klar", widerspricht ihr Jughead.„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieses Experiment scheitert", sagt Kevin, „mein Dad sagt, wir sollten uns aus allem raushalten."
„Das ist nie der richtige Weg", nuschle ich.
„Du", Jug deutet auf mich, „hältst dich aus allem raus. Aus allem. Du hältst dich von Sweet Pea fern. Schlimm genug, dass ich mit ihm wohnen muss."
„Wie läufts denn so in eurer Männer-WG?", hakt Veronica nach.
„Archie bringt ihn irgendwann um, aber Dad ist ganz zufrieden", er zuckt mit den Schultern, „könnte schlimmer sein."
Oh ja. Sie hätte mir das Tattoo aus der Brust ritzen können. Ich leide unter der Verbannung am wenigsten. Die anderen kommen weitaus weniger gut damit zurecht.„Was denkt ihr, wie lange geht das gut?", Betty klingt, als wolle sie unsere Wetten aufnehmen.
„Bis zur Mittagspause", antwortet Veronica, „wenn wir Glück haben."
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Die Wahrheit über Greta.
FanficGreta Lazlo taucht wieder auf der Southside auf, die sie vor zwei Jahren überstürzt verlassen hat. Die Umstände ihres Auftauchens sind genauso mysteriös wie die plötzlichen Anrufe eines maskierten Killers. Greta versucht, sich ein neues Leben aufzub...