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-Jongyul-

„Und deshalb wollte ich fragen, ob du vielleicht morgen was mit mir unternehmen willst. Wir könnten ins Café oder so", murmelte sie und lächelte mich dabei schwach an.

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Mein Herz raste. Yunai? Mit mir? Allein in einem Café? Wie so ein Date?

Ich hatte zugesagt. Zwar hatte ich einige Zweifel, ob das mit uns wirklich funktionieren würde, aber ich mochte sie nach wie vor. Ich bekam meine Gedanken überhaupt nicht mehr klar sortiert. Erst dachte ich, Yunai würde mich hassen. Mich nur noch ignorieren. Dann war sie gekommen, um sich zu entschuldigen und jetzt wollte sie sogar etwas mit mir unternehmen!

So schnell konnte es gehen.

Also holte ich sie am Samstag um zehn Uhr zuhause ab. Ich fühlte mich klein und unbedeutend, während ich vor ihrem großen Haus auf sie wartete. Sah aus wie eine halbe Villa. Von irgendwoher strömte der leckere Geruch von Kaffee und frisch gebackenen Brötchen in meine Nase. Gierig sog ich den Duft ein und schloss meine Jacke ein Stückchen weiter, weil plötzlich eine kühle Sommerbrise mein Gesicht umspielte.

Ich hatte herzlich wenig Lust, krank zu werden und die Wochen vor der Prüfungsphase im Bett verbringen zu müssen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Yunai die langen Treppen ihres Hauses hinunter stolziert. Sie hatte sich einen weißen Blazer über ihr hellrosa Kleid gezogen. Anscheinend war ihr auch kalt. Bei dem aufkommenden Wind umspielten ihre langen dunkelbraunen Haare ihr Gesicht noch stärker als sonst.

„Wollen wir dann?", fragte sie und riss mich damit aus meiner Bewunderung.
„Äh, ja. Natürlich", erwiderte ich und wir spazierten los.

„Ich kenne ein ganz gutes Café hier in der Gegend. Sollen wir da hin?", fragte sie.
„Ja, klar. Gerne."

Wenn ich gewusst hätte, dass allein ein Cappuccino in diesem Nobel-Café sechs Euro und dreißig Cent kostete, dann hätte ich definitiv ein anderes Café rausgesucht. Tja, jetzt musste halt mein Portemonnaie leiden.

Aber sowas hatte ich auch schon irgendwie geahnt. Yunais Ansprüche schienen sehr hoch zu sein. Kurz vor dem Café stoppte sie und zeigte mit dem Finger auf die großen Lettern über der weißlackierten Tür. Spring Day.

Von innen sah das Café auch genau so aus. Wie ein Tag im Frühling. Sobald man die Ladentür geöffnet hatte, flogen einem die Düfte nur so entgegen. Ich roch Kaffee, Schokoladentorte und Erdbeer-Cupcakes und ein vanilliger Geruch durchströmte das ganze Café.

Hier drinnen war es schön warm, sodass meine zu Eis gewordenen Hände langsam auftauen konnten. Umso mehr freute ich mich jetzt darauf, etwas Warmes zu trinken.

Das Café war liebevoll eingerichtet und ganz in cremigem Weiß gehalten.
„Lass uns dort hin", meinte Yunai und zog mich zu einem der Tische nahe dem großen Fenster. Ich ließ mich auf die Sitzbank fallen, während sie sich gegenüber von mir auf die Bank setzte.

„Ich hätte gern einen Cappuccino und ein Stückchen von der Erdbeer-Sahne-Torte", begann Yunai und strahlte die Bedienung freundlich an. Ich beließ es erst mal bei einem heißen Kakao. War schon teuer genug.

Gerne hätte ich die Erdbeertorte auch probiert. Oder die Mango-Baiser-Törtchen. Aber ich ließ es bleiben. Ich musste meinen Geldbeutel echt ein bisschen schonen. Yunais Bestellung würde schon teuer genug werden.

Wir verloren kein Wort mehr über das Klassentreffen. Über das, was an dem Abend beim Flaschendrehen passiert war. Ich sprach sie nicht mehr darauf an und sie ging auch von sich aus nicht mehr darauf ein. War auch irgendwie besser so. Wir trafen uns einfach in dem Café und tranken zusammen einen Kaffee, als wäre nie etwas passiert.

Als hätten wir uns nie geküsst. Als hätte sie es nie scheiße gefunden. Als wäre ich nicht gekränkt gewesen uns als hätte sie sich nie entschuldigen müssen.

Viel zu besprechen hatten wir auch nicht. Die Stille, die zwischen mir und Jaesung gelegentlich entstand, war wenigstens mit etwas gefüllt. Ich wusste zwar nicht, was es war und es brachte mich in den meisten Fällen aus dem Konzept, aber wenigstens war dort irgendwas. Die Stille zwischen mir und Yunai glich eher einer Leere.

Sie stocherte einfach nur in ihrem Kuchen rum, während ich beschäftigt war, meinen Kaffee kalt zu pusten. Bis wir dann doch endlich ein bisschen redeten. Sie fragte mich, woher ich eigentlich kam und warum ich umgezogen war. Ich erzählte ihr die ganze Story mit meinen Eltern und wie ich meine Freunde in Busan alle zurückgelassen hatte.

Gerade wollte ich erneut ansetzen, da galt ihre Aufmerksamkeit auf einmal etwas anderem. Augenblicklich erhellte sich ihr Blick und sie schaute in Richtung Eingangstür.

Weil ich mit dem Rücken zur Tür saß, konnte ich nicht gleich erkennen, was sie gerade so faszinierte. Als ich mich jedoch umdrehte, sah ich, wer da gerade zur Tür hereingekommen war.

Seine blond-silbernen Haare glitzerten im Sonnenlicht und er schenkte den Bedienungen ein warmes Lächeln, ehe er mich bemerkte und auf uns zugeschritten kam.

Es war Jaesung.

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt