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-Jongyul-

Mit gesenktem Blick hechtete Jae an mir vorbei und ließ die Tür krachend ins Schloss fallen. Und dann war es erst einmal still. Nur die Küchenuhr hörte ich leise vor sich hinticken.

Was war nur los mit Jae? Was hatte ich falsch gemacht? Wieso war er jetzt einfach weg? Ich war ja oft allein gewesen, aber so einsam hatte ich mich noch nie gefühlt.

Als ich aus dem Schulgebäude rausgekommen war und wieder Empfang hatte, hatte ich seine Nachricht bekommen. Er hatte früher Schluss gehabt, also hechtete ich so schnell es eben ging nachhause, um ihn nicht zu lange warten zu lassen.

Aber alles, was ich vorfand, sobald ich die Tür öffnete, war ein gehetzter Jae mit gesenktem Blick gewesen, vollgeladen mit Reisetaschen und dem ganzen Krempel, den er zu mir gebracht hatte.

Und jetzt war er weg und ich wusste nicht warum. Sollte ich mir Sorgen machen? Oder sauer sein, dass er einfach so mit so einer komischen Ausrede mein Haus verlassen hatte? Hatte er vielleicht einfach keinen Bock mehr auf mich? Warum konnte er mir das nicht ins Gesicht sagen, warum musste er wegrennen vor mir?

Was hatte ich ihm denn getan, dass er mir das antat?

Ich weiß nicht warum mich das so aufregte, aber er war mir eben wichtig. Und es beschäftigte mich, warum er mich nun hier allein ließ. Ich ertrug diese Ungewissheit einfach nicht, vielleicht etwas falsch gemacht zu haben.

Ich musste ihn anrufen. Jetzt.

Ich griff nach meinem Handy und ließ es bei ihm klingeln. Nichts.

Ich probierte es nochmal. Wieder nichts.

Und nochmals. Vergebens.

Sag mal, wollte der mich eigentlich verarschen?! Flüchtete einfach so an mir vorbei, schlug die Tür hinter sich zu und jetzt ging er nicht mal an sein beschissenes Handy?

Beim vierten Mal ging er ran.

„Ach wie schön, dass Sie auch mal rangehen, Herr Yoo", sagte ich aufgebracht.

„Was gibt's denn?", kam nur von ihm, als wäre nie was passiert. Das konnte doch echt nicht wahr sein.

„Wie was gibt's denn?! Du gehst einfach so, hast nicht mal ne richtige Erklärung und jetzt weißt du nicht mal was es geben soll?!"

„Reg dich nicht so auf. Bitte."

„Man Jae, was soll denn das! Sag mir halt, wenn du keinen Bock mehr auf mich hast, dann ist das so. Aber verlass mich nicht einfach so."

„Dich verlassen? Jetzt übertreib mal nicht gleich, du klingst, als wären wir zehn Jahre verheiratet gewesen...", murmelte er und machte eine kurze Pause. Vermutlich schloss er gerade seine Haustür auf.

„Aber Jongie, bitte sei nicht sauer auf mich. Das hab ich ja nicht gemacht, weil ich dich auf einmal scheiße finde."

„Sondern?"

„Wie gesagt. Du hast jetzt eine Freundin. Eine sehr spezielle noch dazu. Da kannst du ein fünftes Rad am Wagen nicht gebrauchen, wenn sie dich jetzt oft besuchen kommt. Gerade, wenn deine Eltern nicht da sind..."

Ich zögerte. Meinte er das wirklich ernst? War ja so gesehen nett von ihm, aber ich brauchte ihn doch hier bei mir!

„Und jetzt beruhig dich mal. Wir sehen uns ja in der Schule, ich bin ja nicht einfach weg."

„Na gut, wenn du das so meinst Jae." Etwas geknickt war ich schon. Ach was mach ich mir hier vor, ich war sehr geknickt. Aber was sollte es, ich musste halt damit leben.

Eine Stille entstand in der Telefonleitung.

„Also, ich find das zwar nicht unbedingt toll, weil ich schon gerne die Zeit mit dir verbracht hätte", begann ich meinen Satz etwas unsicher, „aber dann ist das jetzt so. Und du bist nie ein fünftes Rad am Wagen, ok? Das ist Bullshit."

„Okay, aye Sir." Er lachte kurz auf.

„Und ähm das ist zwar ein bisschen kitschig jetzt, aber ich hab dich lieb, Jae."

Das war mir so peinlich, dass mir sogar die Röte ins Gesicht schoss. Es klang so absolut nicht männlich, aber es war eben so.

Erst dachte ich, er hätte schon aufgelegt, aber letztendlich antwortete er dann doch.

„Hab dich auch lieb, Jongie."

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt