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-Jaesung-

Er lachte.
„Natürlich, Herr Frauenschwarm", grinste er frech und schlug mir auf die Schulter.

Aua. Mein Herz.

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Fuck, dieser Junge. Was stellte er bloß immer mit mir an? Ich war wie berauscht gewesen. Bei Jongyul übernachten. Ich war trotz meiner übertrieben großen Aufregung unheimlich glücklich gewesen, Zeit mit Jongyul zu verbringen. Zeit, die er nicht mit Yunai verbringen konnte.

Doch mit nur einem Satz hatte mich der Jüngere zurück in die Realität geschleudert. Ich hätte am besten einfach meine Klappe halten sollen, dann wäre ich nicht so verletzt worden.

Jongyul hatte es gar nicht verdient, meine niedergeschlagene Fresse zu sehen, denn er hatte echt grandios gekocht. Ich wusste zwar nicht ganz, wie er das angestellt hatte, aber man konnte das Gekochte sogar essen.

So saßen wir da zusammen, lachten, aßen und spielten anschließend auf seiner Konsole, während ich insgeheim immer noch Trübsal blies. Früher oder später hätte ich sowieso mit meiner Schwärmerei aufhören müssen. Mir war von Anfang an klar, dass er nichts für mich empfinden konnte, wenn er doch gleichzeitig so sichtbar ihn Yunai verknallt war.

Aber zum Glück zockten wir den ganzen Abend. So war Jongyul damit beschäftigt, sein Kart und den darin sitzenden Mario nicht in den nächsten Wassergraben zu befördern und konnte deswegen meine Betrübtheit nicht wahrnehmen. Gut für uns beide.

„Meinst du, wir sollen langsam mal die Betten herrichten?", fragte er, schaltete die Konsole aus und legte die Controller zurück in den Schrank. „Wär vielleicht ne Maßnahme", entgegnete ich mit Blick aus dem Fenster. Draußen war es pechschwarz. Man konnte überhaupt nichts mehr erkennen. Nicht mal die Umrisse irgendwelcher Bäume.

„Wie lange haben wir bitte gezockt?", fragte ich verstört, als ich realisierte, dass es halb zwei war. Morgen war Schule und ich brauchte meinen Schönheitsschlaf.

Also half ich Jongyul schnell, die Matratze auf dem Boden auszubreiten und wir machten es uns bequem. Ich liebte sein Zimmer. Es sah so freundlich und einladend aus, wenn man es betrat. Und es roch nach ihm. Überall. Das war das Beste daran.

Jetzt, wo wir so still nebeneinander lagen, ich auf der Matratze, Jongyul in seinem Bett, fiel mein Blick auf die vereinzelten Sterne, die man heute sehen konnte. Seoul war eine belebte Stadt, die, anscheinend bis auf Straßen wie diese hier, selbst in der Nacht taghell war. Überall leuchteten Lichter, weswegen man die Sterne fast nie richtig sehen konnte.

Umso mehr freute ich mich, dass ich durch das Fenster sogar den großen Wagen erkennen konnte. Sofort schossen mir die Bilder von der Übernachtung am See wieder in den Kopf. Augenblicklich begann ich zu grinsen. Schon damals fühlte ich eine sehr starke Sympathie gegenüber dem Jüngeren.

„Jaesungie?", unterbrach der Jüngere die angenehme Stille zwischen uns. „Was gibt's denn?", fragte ich, ohne meinen Blick von den Sternen abzuwenden. Einfach nur unglaublich schön.

„Ich muss dir noch was beichten", murmelte er und schaute dabei an die Decke.
„Schieß los."

„Wolltest du auch irgendwann nochmal anfangen?", hakte ich nach, als er nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch nichts gesagt hatte. War er jetzt mitten im Satz eingepennt?

„Ich hab Schiss irgendwie", begann er. Sofort drehte ich mich zu ihm, was allerdings auch nicht viel brachte. Nur in etwa konnte ich die Umrisse seines Gesichts erahnen.
„Jetzt sag schon, ich werd dir schon nicht den Kopf abreißen", drängte ich ungeduldig. Er brauchte doch keine Angst haben. Was sollte denn schon groß passiert sein?

Meine gelassene Einstellung verflog genau so schnell, wie sie auch gekommen war, als Jongyul endlich erzählte, was ihm auf der Seele brannte.
„Also gut", er atmete einmal tief durch und seufzte, ehe er es ausspuckte.

„Ich bin mit Yunai zusammen."

Und schon wieder trat er mein Herz mit geballter Kraft.

Scheiße, Schieße, Scheiße. Jetzt bloß nichts anmerken lassen bitte. Herz, wäre geil, wenn du weiterschlagen könntest, danke.

War er deswegen also den ganzen Tag über so glücklich gewesen? Und warum hatte er mir das nicht gleich erzählt? Eine Welle der Trauer überkam mich. Diese Nachricht musste ich erst mal verdauen.

„Sag doch mal was!"
Langsam wurde er panisch.
„Äh, ich freu mich ja für dich, Jong", log ich, „aber wieso denn so plötzlich das Ganze? Und wieso hab ich das nicht mitbekommen?"

„Weißt du noch, als ich heute in der Mittagspause so lange weg war? Ich wollte doch nur pissen gehen, erinnerst du dich? Aber Yunai hat mich auf dem Flur abgefangen und mich gefragt, ob ich mit ihr zusammen sein will."

Den letzten Teil seiner Erklärung murmelte Jongyul nur kleinlaut vor sich hin und ich konnte die Hitze, die von seinem Gesicht ausging, regelrecht spüren.

„Und ich hab dir das deswegen nicht sofort erzählt, weil ich erst mal abwarten wollte. Dachte erst, sie würde mich verarschen oder so", ergänzte er noch. Wenn ich ehrlich war, dachte ich das auch. Das konnte doch unmöglich sein.

Die Person, die sich erst komplett über ihn lustig gemacht hatte, sollte ihn jetzt auf einmal ganz plötzlich lieben? Ging sowas überhaupt?

Aber andererseits, bei mir war das ähnlich gewesen. Anfangs hatte ich ihn gehasst, er war mir wirklich gewaltig auf den Sack gegangen. Und genau in dem Moment, in dem er mir mit dieser Frau geholfen hatte, die mich so angeflirtet hatte, fand ich ihn interessant. Und ich hatte ihn sogar durch diesen Kuss ein klein wenig provozieren wollen.

Doch jetzt, in diesem Moment, in dem Jongyul und ich einfach nur in seinem Zimmer lagen und er mir gerade dieses riesige Problem gebeichtet hatte, war ich heilfroh, dass er das Licht schon ausgemacht hatte.

Ich konnte meinen Kloß im Hals zwar ziemlich gut vor ihm verstecken, aber ich hatte trotzdem mit Tränen gefüllte Augen. Es tat so weh. Ich wollte nur, dass er Erfolg hatte und glücklich wurde, aber gleichzeitig wollte ich ihn auch für mich selbst. Ich wollte, dass er mit mir glücklich wurde.

Mein Herz war am Bluten. Lautlos kullerte mir eine einzelne, dicke Träne die Wange hinunter und ich konnte spüren, wie sich die Nässe auf meinem Kissen neben meinem Ohr verteilte. Jongyul...dieser Junge war unmöglich. Er tat mir immer so krass weh, ohne es zu merken. Als würde er aus Versehen eine Vase anrempeln, die daraufhin in tausend Teile zerspringen würde. So fühlte ich mich.

Fuck. Den Schönheitsschlaf konnte ich ja dann wohl getrost vergessen.

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt