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-Jaesung-

„Das bin ich dir immerhin schuldig nach dieser ganzen Aktion", grinste ich, öffnete die rote Autotür und er machte es sich in meinem kleinen Auto bequem.

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Dieser ganze Vorfall gestern ging mir immer noch nicht aus dem Kopf. Im Prinzip war das ganze Wochenende ein riesiger Fail gewesen. Jong hatte mir zwar verziehen, aber innerlich kämpfte ich sogar noch heftiger mit mir als jemals zuvor.

Vorher wurde ich einfach in Ruhe lassen. Niemand interessierte sich so tiefgründig für mich, wie er es tat. Dementsprechend war ich immer mit einer schnellen Lüge davongekommen, wenn ich mich mal irgendwo herausreden musste. Aber jetzt?

Jetzt war Jongyul da, und der merkte genau, wann es mir schlecht ging. Wann ich mit mir selbst kämpfte. Dadurch war alles zwar wesentlich komplizierter, aber ich war ihm trotzdem sehr dankbar dafür. Und am dankbarsten war ich der Weise, wie er reagiert hatte.

Klar, anfangs hatte er versucht, die Antworten aus mir herauszuquetschen wie der letzte Rest Zahnpasta in der Tube. Aber das hätte jeder gemacht. Erleichtert war ich vor allem durch das, was er danach gesagt hatte. Dass er es akzeptierte.

Dass er nicht weiter darauf herumhackte. Dass er verstand, wie es mir ging und dass ihm das in dem Moment wichtiger gewesen war, als irgendwelche Antworten.

Allein diese Eigenschaft an ihm ließ mein Herz wieder schneller schlagen und ich musste aufpassen, dass ich meinen Orangensaft nicht ausversehen fallen ließ. Aber jeder Gedanke, den ich Jong widmete, erfüllte mich auch mit Trauer.

Es zerriss mich innerlich. Als würde man von beiden Seiten an mir ziehen wie an einer Puppe, um die sich alle stritten.

Enttäuschung machte sich in mir breit, wenn ich an Jongyul dachte. Ich war einfach so schlecht darin, meine Gefühle zu offenbaren, wenn es um so etwas ging.

Er würde niemals mir gehören, er würde niemals mein Freund sein. Ich würde niemals mit ihm zusammen sein können. Ich hatte mich noch nie so stark zu jemandem hingezogen gefühlt. Ich glaubte, mittlerweile mochte ich ihn so sehr, dass jeder Gedanke an ihn schmerzte. Als würde mich durchgehend jemand verprügeln und mir eine nach der anderen knallen.

Etwas geknickt kam ich in der Schule an. Ich musste mich zusammenreißen. Wenn mich jemand, womöglich sogar Jongyul, so sah, dann hätte ich ein Problem. Also verscheuchte ich den betrübten Schleier, der sich über mich gelegt hatte und vergaß meine ganzen Sorgen für einen kleinen Moment.

Ich schlenderte die Schulflure entlang und kam in meinem Klassengang an, doch Jongyul war noch nicht zu sehen. Ich schaute aus dem Fenster und blickte direkt auf den Haupteingang, durch den gerade einige Schüler strömten. Sehen konnte ich ihn auf die Schnelle jedenfalls nicht.

Je näher ich an meine Klasse herankam, desto besser konnte ich verstehen, über was auf diesem Flur gerade geredet wurde. Normalerweise hörte ich mindestens immer zwei Personen über mich reden, aber dieses Mal hatte ich keinen Plan.

Mich interessierte nämlich gerade nur ein einziges Gespräch. Dieses Gespräch war schon von weitem zu hören und es provozierte mich. Es kam, wie ich nicht anders erwartet hatte, von Yunai. Und natürlich musste sie, wie auch sonst so oft, mit ihren Freundinnen lästern.

Jedoch nicht über mich, sondern über Jongyul, wie ich gerade heraushörte.

Und das brachte mich zur Weißglut.

„Er hat was gemacht?", lachten die Mädchen ungläubig.
„Jaaaa und wenn ich euch es doch sage! Es war einfach nur Zeitverschwendung mit dem."

Blanke Wut kochte ihn mir hoch. Ich würde ihr gerade am liebsten den Kopf abreißen.
„Und irgendwann war mir der Film dann auch zu lahm. Da bin ich rausgegangen. Selbst Jaesung war es mir in dem Moment einfach nicht wert."

Ihre Freundinnen lachten wie so behinderte Pferde, während ich vor Wut fast überkochte. Wutentbrannt brauste ich zu den Mädchen und rempelte Yunai von der Seite an. Das konnte doch nicht wahr sein. Jetzt lästerte sie schon in aller Öffentlichkeit über Jongyul! Was fiel der Bitch eigentlich ein?!

„Du wagst es nicht, auch nur noch ein schlechtes Wort über Jongyul zu verlieren", drohte ich ihr und hielt ihr meinen Zeigefinder vors Gesicht.
„Ich warne dich, Chang Yunai", zischte ich, „solltest du ihn in irgendeiner Weise mit deiner asozialen Art verletzen, dann hast du ein richtiges Problem mit mir! Und glaub mir, das willst du gar nicht erleben."

Ich warf ihr noch einen hasserfüllten Blick zu, ehe ich mich zackig umdrehte und ins Klassenzimmer hastete. Die verdatterte und etwas ängstlich dreinschauende Yunai ließ ich einfach wie so ein Häufchen Elend auf dem Flur stehen.

So eine Bitch.

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt