-Jongyul-
„Und jetzt bin ich sowieso offiziell mit Jaesung zusammen!"
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Nein...NEIN. DAS KONNTE NICHT SEIN! Sie musste lügen. Sie musste einfach.
Doch ich war so aufgewühlt. Diese Wunde, die in mir aufgerissen war mit diesem Betrügen, war gerade eben erst verheilt und jetzt wieder frisch aufgerissen worden. Ich vertraute Jae mittlerweile wieder, aber mein Verstand kam nicht hinterher.
Es war mehr eine Kurzschlussreaktion, als dass ich wirklich irgendwas bewusst machte. Ehe ich mich versah, rannten mir wieder haufenweise heiße Tränen über die Wange, die allesamt unaufhaltsam waren. Ich hatte gerade erst mit Yunai Schluss gemacht. Ich hatte mich gerade erst mit Jaesung vertragen. Warum brachen dann trotzdem diese ganzen Neuigkeiten über mich ein?
Warum konnte nicht erst einmal Gras über die Sache wachsen, bevor ich wieder ins kalte Wasser geworfen wurde? Ich hielt das alles nicht mehr aus. Hier zu stehen und der Person ins Gesicht zu schauen, die mir gerade, und eigentlich schon immer, nur wehgetan hatte, brachte mich komplett zum Verzweifeln. Und das schlimmste war, dass Jaesung immer noch nicht hier war, um mir beizustehen.
Es konnte gar nicht sein. Yunai konnte nicht mit ihm zusammen sein. Er hasste sie. Und trotzdem kaufte ich es Yunai ab. Durch meine vor Tränen verschwommene Sicht konnte ich nur ungefähr erkennen, was Yunai gerade machte. Was ich allerdings sah: Sie grinste.
Ok, das war definitiv zu viel.
„ICH HASSE DICH!", brüllte ich, riss blindlings das Schultor auf und flüchtete auf den düsteren Schulhof. Ich hechtete die Treppenstufen des Hauptgebäudes hoch und versuchte vergebens, die Tür aufzubekommen. Abgeschlossen. Was erwartete ich auch?Plötzlich fiel mir etwas ein. Meine Klassenkameraden hatten einmal gesagt, dass die Schulbibliothek immer offen war und sie in einer Nacht mal dort hingegangen waren und eine Party geschmissen hatten. Also versuchte ich durch meine verquollenen Augen den Weg zur Schulbibliothek und war heilfroh, als sich die schwere Tür öffnen ließ.
Ich war so erschöpft, aber gleichzeitig so unendlich traurig, weswegen ich mich einfach, ohne zu schauen, wo ich hinrannte, irgendwo zwischen die Regale auf den Boden sinken ließ. Im Stillen rannen mir tausende weitere Tränen über die Wangen. Seit ich in Seoul war, weinte ich viel mehr, als ich es früher getan hatte. Ich war echt zu einem Weichei mutiert.
Ich schluchzte und hyperventilierte fürchterlich, woraufhin ich zwanghaft versuchte, meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Auf gar keinen Fall wollte ich, dass mich irgendwer finden konnte, als ich auf einmal ein leises Geräusch wahrnehmen konnte. Wo kam das nur her? Es klang wie ein leises Rauschen hinter mir.
Als ich in meiner Verwunderung kurz aufhörte zu weinen, fiel mir genau auf, was das für ein Rauschen gewesen war. Mein Handy. Die Verbindung zu Jae war abgebrochen. Aber anstatt ihn nochmal anzurufen, schmiss ich mein Handy neben mich und legte meinen Kopf in den Nacken. Wenigstens hatte ich jetzt aufgehört zu weinen.
Ich wusste nicht, was dazu geführt hatte, dass ich so eskaliert war. Ich wusste auch nicht mehr, was ich noch denken oder fühlen sollte. Ich versuchte, wieder runterzukommen, aber das war nicht so einfach. Denn jetzt schossen mir auf einmal erneut Jaesungs Worte durch den Kopf.
Das klingt gerade, als wärst du eifersüchtig auf Yunai...
Eifersüchtig auf Yunai...
Wenn er wüsste... Ich wollte es mir nie eingestehen, aber je länger ich mich selbst belog, desto schlimmer tat es mir weh. Ich wusste genau, dass ich es nicht ändern konnte. Nur sagen, das konnte ich ihm nicht. Und wenn ich es ihm immerhin schon nicht sagen konnte, dann sollte ich es mir jetzt wenigstens selbst eingestehen.
Es war mir bisher nicht nur ein Mal passiert, dass ich in Jaesungs Anwesenheit nervöser wurde. Als jemand, der bisher immer davon ausging, später einmal mit einer Frau verheiratet zu sein, brachte mich diese Nervosität um den Verstand.
Ja verdammt, ich hatte für Jaesung vielleicht mehr übrig, als es normal war zwischen Freunden!
Ändern konnte ich daran auch nichts mehr, aber er hatte recht. Ich war nicht neidisch auf ihn gewesen, dass er Yunai geküsst hatte, ich war eifersüchtig auf Yunai gewesen, dass sie Jaesung küssen durfte und ich nicht. Ich mochte den Gedanken nicht, dass er so nah bei anderen Mädchen stand. Dass er von jedem angehimmelt wurde. Ich wollte der einzige sein, der ihn anhimmeln durfte.
Verdammt, wenn ich darüber nachdachte...Eigentlich war ich richtig krass in Jaesung verliebt.
Ich hatte es immer geleugnet. Wie beschissen wäre das denn auch gewesen, wenn ich mich von Yunai getrennt hätte, nachdem ich nicht mal eine Woche mit ihr zusammen war? Denn genau da hatte ich schon meine ersten Zweifel. Ich verglich Yunai immer mit Jae. Und während mir Yunai mit ihrer kalten Art einen furchterregenden Schauer über den Rücken laufen ließ, begann es in meinem Körper warm zu kribbeln, wenn ich auch nur an Jaesung dachte.
Seine zärtlichen Berührungen hatten mich schon immer um den Verstand gebracht. Auch, wenn ich wusste, dass er alles nur freundschaftlich meinen konnte, ich hatte mich trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, immer zusammenreißen müssen, wenn er mich irgendwie berührt hatte. Ich realisierte, dass meine Gedanken viel zu gay waren, als dass sie einen freundschaftliche Ursprung haben könnten.
Ich liebte ihn so sehr, dass es schon wehtat.
Dieses Gefühl war unbeschreiblich. Die Anziehung, die Yunai auf mich ausgeübt hatte, war im Vergleich zu diesem Gefühl gar nichts. Das war, als würde man die Anziehung von einem kleinen Mond mit der Anziehung einer ganzen Galaxie vergleichen.
Durchgehend hatte ich dieses Gefühl unterdrückt. Kein Wunder, dass meine Wangen jetzt, wo ich es mir eingestanden hatte, unentwegt vor Hitze brannten. Ich war in Jaesung verliebt. Das war doch nicht zu fassen...
So, wie ich da jetzt zusammengekauert und schluchzend auf dem Boden der Bibliothek lag, vermisste ich seine warmen Umarmungen, die er mir immer schenkte, wenn ich mich schlecht fühlte. Ich vermisste es, durch seine blondgefärbten Haare zu fahren und ich vermisste, seinen süßen Duft einzuatmen. Ich vermisste alles an ihm. Ich vermisste ihn.
Am liebsten wollte ich gerade in eine dieser perfekten Bücherwelten verschwinden, in denen die Menschen keine Probleme hatten und ich in irgendeinem Schloss hinter den Bergen leben würde und darauf warten würde, dass mich Jaesung wachküsste. Mein Herz machte ein kleines Salto.
Schluchzend und nach Luft ringend wischte ich mir mein nasses Gesicht ab, als plötzlich mit einem lauten Knall die Tür der Bibliothek aufgerissen wurde und jemand hineingestürmt kam.
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I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔
Teen Fiction"Guck mal da", stellte Jongyul fest und zeigte grinsend auf einen Haufen Sterne. "Sieht aus wie ein Pfannenwender." "Das ist der große Wagen, du Spast!" "Sieht trotzdem aus wie ein Pfannenwender." _______________ Der 17-jährige Jongyul hat ein Probl...