-Jaesung-
Gerade wollte ich sein Zimmer wieder verlassen, um auf dem Flur nachzuschauen, als ich ein leises Schluchzen aus dem Bad wahrnahm...
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„Jongyul?", fragte ich zögerlich und schlich mich immer näher ans Badezimmer heran. Das Schluchzen verstummte. Keine Antwort. Es war mucksmäuschenstill im Raum. Man hörte nur den Wind am Fenster vorbeipfeifen. Nicht mal das Ticken der im Flur hängenden Uhr konnte ich wahrnehmen.
„Jongyul, ich weiß, dass du da drinnen bist. Komm doch raus." Sachte schlug ich mit meinen Fäusten gegen die Badezimmertür. Ich griff die Türklinke und drückte sie vorsichtig nach unten. Verschlossen. Was auch sonst.
„Hey", begann ich, „ich kann verstehen, wie beschissen es dir gerade gehen muss. Dafür hasse ich sie einfach nur abgrundtief. Naja, aber ich weiß, dass du...naja dass du sie halt magst. Und deswegen vergesse ich jetzt mal für ein paar Minuten, wie sehr ich sie hasse. Damit ich dir helfen kann."
Was laberte ich da eigentlich schon wieder für einen Müll zusammen?
Ich hörte leise, dumpfe Geräusche aus dem Bad kommen. Als würde Jongyul sich gerade bewegen, während ich hier mit der Tür sprach.
„Hör zu", fuhr ich fort, „tue mir einen Gefallen und hör nicht auf das, was die da geschwafelt hat. Dem sollte man nicht immer Glauben schenken, das weißt du doch."
Ein weiteres kleines Schniefen. Es hörte sich an, als säße er auf dem kalten Fußboden.„Und außerdem..." Ein kleines Lächeln machte sich in meinem Gesicht breit.
„Außerdem kann ich das doch viel besser beurteilen als Yunai. Immerhin hab ich dich vor ihr geküsst. Und meiner Meinung nach bist du zwar ein beschissener Schauspieler, weil diese komische Frau dir die Lüge nicht abgekauft hat", ich machte eine kleine Pause und holte Luft, „aber dafür ein umso besserer Küsser."Genau in dem Moment wurde die Tür aufgerissen und ein trauriger Jongyul, der kläglich versuchte, sein nassgeweintes Gesicht zu verstecken, sprang mir in die Arme. Er umarmte mich innig und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge.
Ich erwiderte seine innige Umarmung und hielt ihn einfach nur fest. Mein Kinn stützte ich auf seinem Kopf ab und begann, sanft über seine Haare zu streichen. Ich denke, das war das, was er in dem Moment brauchte. Einfach jemanden, der ihn festhielt und der ihm zeigte, dass er nicht alleine war.
„Es lohnt sich doch nicht, wegen diesem Weib so viele Tränen zu vergießen. Da tut dir doch nur dein Kopf höllisch weh morgen."
Jetzt erhob er seinen Kopf aus meiner Halsbeuge und schaute mich traurig an. Meinetwegen hatte er da auch noch ein bisschen bleiben können. Seine Haare rochen so frisch, ich hätte ihm gerne noch ein bisschen weiter über den Kopf gestreichelt.„Ich heul doch gar nicht", entgegnete er mit tränenunterlaufenen Augen. Nein. Überhaupt nicht.
„Ja ja, schon klar. Dein Gesicht ist so trocken, das ähnelt schon fast einem ausgetrockneten Flussbett, so trocken ist das", meinte ich mit einem sarkastischen Unterton und strich ihm eine Träne weg, die gerade über seine Wange rollte.Und tatsächlich huschte ihm ein kleines Lächeln über die Lippen.
„So, jetzt ziehst du dich erst mal um, und dann sehen wir weiter", befahl ich. Jongyul schnappte sich seine Schlafsachen, griff nach seinem Handtuch und verschwand im Bad.
Es zerbrach mir echt das Herz, ihn die ganze Zeit so traurig zu sehen. Das hatte er nicht verdient. Er hatte sich solche Mühe gemacht. Hatte mit Flaschendrehen gespielt, obwohl er genau wusste, dass dieses Spiel auch komplett scheiße für ihn hätte enden können, was dann letztendlich ja auch irgendwie passiert war.
Und Yunai, was machte sie? Sie kümmerte sich einen Scheißdreck darum, was er fühlte. Und sie wusste genau, dass er etwas für sie empfand, da war ich mir sicher. Aber diese Bitch genoss es einfach nur, im Rampenlicht zu stehen und die Gefühle derjenigen zu verletzen, die etwas für sie übrig hatten.
Und dazu zählte leider Gottes auch Jongyul.
Schlapp und mit hängenden Armen kam er aus dem Bad gestapft, während ich mich auf seinem Bett niedergelassen hatte.
„Setz dich neben mich", forderte ich ihn auf und er kam zu mir herübergeschlichen. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante und starrte den schwarzen Bildschirm seines Fernsehers an, der neben seinem Schreibtisch auf einer Kommode stand.„Ich schäme mich so", hauchte er und wischte sich erneut über die Wange.
„Hey, du brauchst dich vor nichts und niemandem zu schämen. Morgen haben die das alle schon wieder vergessen. Glaub mir, ich kenn die Vollpfosten schon länger."Er ließ seinen Kopf auf meine Schulter fallen und so verharrten wir einen klitzekleinen Moment. „Jaesung?", fragte er vorsichtig, ohne seinen Kopf von meiner Schulter anzuheben.
„Hm?"
„Kannst du...", er zögerte, „kannst du heute bei mir pennen?"Damit meinte er vermutlich auch in seinem Bett.
„Das fragst du noch?", lachte ich. In einer anderen Situation wäre mein Herz vor Freude aus meinem Brustkorb gesprungen, aber das einzige, was gerade zählte, war Jongyul.„Selbstverständlich mache ich das", antwortete ich sanft. Jongyul machte es sich schon mal bequem, während ich noch schnell ins Bad ging. Er war immer so frech und aufgedreht, wenn er bei mir war, aber gerade im Moment wirkte er so verletzlich wie ein kleines Küken.
Als ich wiederkam, war das sowieso schon schwache Licht komplett ausgestellt und er lag, eingerollt in seiner Decke, auf seinem Bett und wartete schluchzend auf mich. Ich nahm mir einfach schnell einen Pulli aus seinem Schrank und streifte ihn mir über, da hatte er bestimmt nichts gegen.
„Egal, was ich mache. Egal, wie ich es mache, ich mach es falsch", flüsterte der Jüngere in meine Arme. Ich hatte mich neben ihn gelegt und so lagen wir jetzt in seinem Bett, während ich ihn wieder umarmte und ihm den Kopf streichelte. Ich hinterfragte nicht, ob das jetzt komisch aussehen musste oder nicht. Ich wollte in dem Moment einfach nur für ihn da sein.
„Stimmt doch gar nicht. Du bist in mich reingelaufen. Das hast du sehr richtig gemacht, sonst wär ich jetzt immer noch nur noch von Idioten umgeben. Und du hast dich getraut, mit Yunai zu reden. Das ist mehr, als sie verdient hat."
Stille. Eine kurze Zeit lang dachte ich, er wäre schon eingeschlafen, als er dann doch noch antwortete.
„Danke, Jae", war das letzte, gefolgt von gleichmäßigem Atmen, was ich von ihm hörte, ehe auch ich wegsackte und ins Land der Träume befördert wurde.
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I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔
Novela Juvenil"Guck mal da", stellte Jongyul fest und zeigte grinsend auf einen Haufen Sterne. "Sieht aus wie ein Pfannenwender." "Das ist der große Wagen, du Spast!" "Sieht trotzdem aus wie ein Pfannenwender." _______________ Der 17-jährige Jongyul hat ein Probl...