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-Jaesung-

„Sag mal, hast du sie noch alle?!", schrie ich sie an und knallte ihr eine. Es war mir sowas von egal, ob man jetzt Mädchen schlagen sollte oder nicht, diese Bitch hatte es nicht anders verdient.

Mit einem zufriedenen Lächeln schaute sie ans hinterste Ende des Ganges, nachdem sie sich von meinem Schlag erholt hatte. Und was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Jongyul stand mit weit aufgerissenen Augen mitten im Gang. In seinem Blick war alles zu erkennen. Angst, Schock, Enttäuschung und all das hatte ich ihm zugefügt. Langsam entglitt ihm seine Tasche und fiel mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Seine kompletten Schulsachen machten sich im Flur breit.

„Jongyul, bitte nicht", flüsterte ich verzweifelt und mit bebenden Lippen, aber der Jüngere hörte mich natürlich nicht. Zynisch riss ich meinen Kopf wieder herum und starrte Yunai mit einem Todesblick an.
„WAS HAST DU GETAN?!"

Mit zitternden Fingern ergriff ich mein Handy aus meiner Hosentasche, stoppte die Aufnahme und sprintete Jongyul hinterher. Dieser hatte nämlich schon längst die Flucht ergriffen und war so schnell es ging weggerannt.

Ich konnte nicht fassen, dass Yunai das gerade tatsächlich getan hatte. Dass sie mich geküsst hatte, als sie genau gesehen hatte, dass Jongyul gerade zuschaute. Er musste das sicher in den komplett falschen Hals bekommen haben. Aber wenn ich ihm jetzt von meinem Plan erzählte, konnte er mir dann Glauben schenken?

Egal, dafür musste ich ihn erst einmal finden und aufholen. Dass der Matheunterricht gleich begann und man gerade in Mathe nicht zu spät kommen sollte, wenn man seinen Kopf behalten wollte, das war mir in diesem Moment einfach scheißegal. Einzig und allein Jongie zählte gerade für mich.

Plötzlich hörte ich schnelle Schritte auf dem sonst so leeren Gang, die sich immer weiter von mir entfernten. Und ein leises Schluchzen hörte ich auch. Das musste Jongyul sein. Sofort verschnellerte ich mein Tempo nochmal und bald darauf konnte ich ihn sogar sehen.

„Jongyul! Warte doch!", brüllte ich. „NEIN!"

Er wurde noch schneller, als er sowieso schon war und ich tat es ihm gleich. Ich durfte ihn nicht gehen lassen. Nicht jetzt. Nicht bevor diese ganze Scheiße aufgeklärt war. Kurz vor dem Haupteingang bekam ich ihn dann schließlich am Handgelenk zu packen.

„Lass mich los!", schrie er und wirbelte zu mir herum, um sich zu befreien. Als ich in seine traurigen Augen schaute, zerriss es mir das Herz. Er hatte fürchterlich geweint. Wegen mir. Und er tat es immer noch. Eine Träne nach der anderen kullerte seine Wange hinunter.

„Hey, Jongyul, bitte weine nicht." Ich war komplett verzweifelt.
„Ich kann das alles erklären!", meinte ich und bemerkte erst jetzt, dass dieser Satz aus einem schlechten Liebesfilm stammen könnte. Das sagten irgendwie alle. Aber es war nun mal so. Ich konnte es erklären. Und zwar nicht nur mit Worten, sondern mit Beweisen. Aber dafür musste er mir erst einmal wieder vertrauen.

„Erklären? Du willst es ERKLÄREN?!" Jetzt schrie er mich förmlich an.
„Was gibt es denn da noch zu erklären?!"

„Viel, glaub mir, du musst mir nur eine Chan-"

„Jae, spar es dir." Auf einmal wirkte er ganz ruhig, nur um dann noch zorniger zu klingen.
„ICH HAB KEINEN BOCK MEHR, VERDAMMT!" Er versuchte sich loszureißen, aber dafür war mein Griff um sein Handgelenk zu fest.

„Sag mir wenigstens, wieso! Wieso mit ihr?! Hat's dir denn wenigstens Spaß gemacht, hm?!"

Diese Frage verwirrte mich aus irgendeinem Grund. Ich hätte sowas erwartet wie Wieso hast du dich an meiner Freundin vergriffen? aber stattdessen fragte er, wieso mit ihr...In meinen Ohren klang das gerade nach Wieso bist du mir mit ihr fremdgegangen?

Ich weiß nicht, ob sich mein homosexueller Verstand das nur einbildete, aber er hatte die Frage total komisch verdreht. Nicht so, als wäre er eifersüchtig auf mich, weil ich Yunai geküsst habe, sondern als wäre er eifersüchtig auf Yunai, weil sie mich geküsst hatte...

Blut schoss mir in meine Wangen.

„Äh...Jongyul?", fragte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Ich will dir ja nichts unterstellen, aber das klingt gerade, als wärst du eifersüchtig auf Yunai..."

,,Ja bin ich ja auch!"
Er brauchte einen Moment, bis er geschnallt hatte, was ich damit meinte. Als er es aber verstanden hatte, riss er schlagartig seine Augen auf. Sein Blick verdunkelte sich wieder, als er sich nach einigen Sekunden gefangen hatte.

„Ach, weißt du was? Dir kann ich sowieso kein Wort mehr glauben! Mach deinen Scheiß doch allein!"

Damit drehte er sich um, riss sich von mir los und hechtete aus dem Schulgebäude. Der Drang in mir war groß, ihm jetzt nachzurennen. Ich wollte das unbedingt klären, denn ich hielt es nicht aus, ihn so traurig zu sehen. Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Wenn er wüsste, was wirklich passiert war... Ich würde es ihm so gern sagen, aber er würde mir es momentan sowieso nicht abkaufen.

Und ihm jetzt zu folgen und ihn zu bedrängen würde Jongie nur noch mehr überfordern. Ich konnte wohl oder übel nichts machen, als mit miserablem Gewissen zurück zur Klasse zu marschieren und mir zu überlegen, wie ich ihm das erklären konnte.

Ich hätte das nicht zulassen dürfen. Jongyul, es tat mir so leid.

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt