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-Jongyul-

Seine Augen weiteten sich.
„Shit! Das Essen!"
Ich hatte noch nie so schnell jemanden aus dem Raum sprinten sehen.

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„Fuck!", hörte ich den Älteren aus der Küche fluchen. Der bestialische Gestank kam mir entgegen, sobald ich die Küche betrat. Da hatten wir aber gewaltig was anbrennen lassen.

„Vergiss es", seufzte Jae, als ich versuchte, die letzten Japchae-Reste aus der Pfanne zu retten. Naja, sofern sie überhaupt noch zu retten waren. Appetitlich sah das Ganze jedenfalls nicht mehr aus. Genießbar irgendwie auch nicht.

Jaesung entriss mir die Pfanne, schmiss das verbrannte, undefinierbare Zeug, das mal Japchae hätte werden sollen, in den Müll und verzog angewidert sein Gesicht.
„Und so jemand wie ich wollte mal Koch werden...", murmelte er vor sich hin. Ich lachte auf. Na damit wäre er aber ganz berühmt geworden. Ich wette, er hätte Auszeichnungen bekommen. Minus-5-Sterne-Koch oder so.

„Weißt du was? Ich hab auf einmal so richtig Bock auf Reis", erklärte ich Jae mit einem scherzenden Unterton, um ihm das Schmollen aus dem Gesicht zu vertreiben. Ich flitzte zum Kühlschrank und beförderte den Reis samt Soßenkram mit einigen Handbewegungen in die Mikrowelle. Wir wollten ja nicht, dass nochmal alles anbrannte.

Jae trauerte immer noch seinem gestorbenen Lieblingsessen hinterher.
„Naja, immerhin sah es noch ganz lecker aus, bevor wir die Küche fast abgefackelt haben", scherzte ich und stopfte mir den ersten Löffel Reis in den Mund.

Ich musste sagen: Dafür, dass es nur Reis mit Soße war, schmeckte es verdammt gut. Japchae wäre jetzt bestimmt noch leckerer gewesen, aber immerhin konnte man das hier essen, ohne dabei eine Lebensmittelvergiftung zu bekommen.

„Okay, was hältst du davon, wenn wir noch zusammen Hausaufgaben machen?", fragte mich Jae, als wir gerade dabei waren, die Teller in die Spülmaschine zu stellen.
„Wir haben Hausaufgaben auf?"

„Sag mal, du bekommst auch überhaupt nichts mit, oder?", beschwerte er sich, wobei ihm aber schon wieder ein kleines Lächeln übers Gesicht huschte.
„Wir haben Mathehausaufgaben aufbekommen, du Idiot!", erklärte er mir dann und schlug mir gegen die Schulter.

„Echt?" Ich war immer noch verwundert. Das lag vielleicht einfach daran, dass ich es nie mitbekam, wenn Lehrer Hausaufgaben aufgaben. Aber gut, warum nicht? Hausaufgaben mit Jaesung machen war sicher lustig. Dachte ich zumindest.

„Ich check das nicht. Wer hat sich denn so ne Scheiße zusammengereimt?", beschwerte ich mich, als ich die Aufgaben sah. Stochastik war echt fürn Arsch.

„Was checkst du denn daran nicht? Jongyul, bald sind Abschlussprüfungen! Langsam solltest du das echt verstehen." Jaesung, der sich auf der anderen Seite es Esstisches breit gemacht hatte, kam jetzt zu mir rüber und beugte sich über mich wie ein Grundschullehrer es bei seinen Schülern getan hätte.

Seine blonden Strähnen fielen ihm ins Gesicht, als er sich die Fragestellung dieser behinderten Aufgabe durchlas. Ich beobachtete ihn dabei, wie seine Augen über das Papier flogen und er sich voll und ganz auf die Aufgabe konzentrierte.

Anders als ich gerade irgendwie. Ich konnte ihn einfach nur anstarren. Manchmal war es mir peinlich, wenn er mir so nahe war. Aber andererseits war es auch schön. Ich genoss seine Nähe immer sehr. Was nicht zuletzt daran lag, dass er nicht nur unheimlich gut aussah, sondern auch fantastisch roch. Eine leichte Wärme legte sich auf meine Wangen.

Was für seltsame Gedanken waren das eigentlich in letzter Zeit immer, die mir da durch den Kopf gingen?! Andererseits, solange er nichts davon mitbekam, war es ja okay, wenn ich ihn bewunderte.

„Idiot, es wär vielleicht von Vorteil, wenn du dein Gehirn benutzen würdest, wenn wir Mathe machen."
Seine Hand flitzte über das Papier und schrieb die Formeln auf, die wir heute in Mathe wiederholt hatten.

Da ich immer noch mit meinen glühenden Wangen und den komischen Gedanken zu kämpfen hatte, war ich im ersten Moment ein bisschen perplex.
„Ja, ja, mach dich ruhig über mich lustig", beschwerte ich mich und schlug seine Hand von meinem Papier. Etwas zu doll vielleicht. Das war keine gute Idee.

Dadurch sackten nämlich seine Ellenbogen zusammen und er fiel von oben auf mich drauf. In meiner sowieso schon etwas verwirrten Verfassung war das nicht gut. Überhaupt nicht gut.
„Mensch, steh auf und bleib da nicht auch noch liegen!", presste ich heraus.

„Du. Zerquetscht. Meine. Lunge."

„Geschieht dir recht", erwiderte er frech und drückte meinen Kopf noch tiefer über den Tisch, sodass ich mit meiner kompletten Visage auf den Matheaufgaben klebte.
„Damit du dir ein für alle Mal merkst, wie man Wahrscheinlichkeiten berechnet", verkündete er und ließ meinen Kopf aber kurz danach los.

So nahe, wie er mir war, konnte ich nur die Wahrscheinlichkeit dafür berechnen, ob mein Gesicht vor Hitze brannte. Und die lag bei hundert Prozent. Hoffentlich hatte er das durch die ganze Quetsch-Aktion gerade nicht bemerkt. Die Blutgefäße in meinem Gesicht hatten ein kleines Problem und pumpten einfach noch mehr Blut in mein Gesicht, als biologisch überhaupt möglich war. Zwischendurch hatte ich echt gedacht, mein Gesicht würde vor Hitze schmelzen.

Doch plötzlich konnte ich hören, wie ein Schlüssel in der Haustür herumgedreht wurde. Sofort sprang Jaesung eine Meter von mir weg und hechtete wieder auf seinen eigenen Platz gegenüber von mir.

„Was riecht denn hier so nach verkokeltem Plastik?", fragte eine weibliche Stimme.
„Jaesung? Bist du da?", rief die Stimme durchs Haus.
„In der Küche, Mom!", brüllte Jaesung zurück, woraufhin sich uns Schritte näherten.

Als sie sah, was in der Küche passiert war, begann sie erst mal lautstark zu lachen. Wir hatten zwar probiert, alles sauber zu machen, aber es lag trotzdem überall noch Übergebliebenes rum. Jaesungs Mutter begrüßte mich herzlich, als Jae mich ihr vorgestellt hatte.

„Damit eines klar ist, Freundchen", drohte sie Jae.
„Wenn Jongyul weg ist, wird hier so lange sauber gemacht, bis zu diesen fürchterlichen Gestank hier rausgeputzt hast. Das ist ja grauenhaft!" Der Ekel spiegelte sich in ihren Augen wieder.

„Ja, ja, ist ja gut", beschwichtigte Jae sie noch, ehe sie den Raum auch schon wieder angeekelt verließ.

„Okay, ich muss dann auch langsam", erklärte ich und begann, mich vom Esstisch zu erheben und meine Mathesachen in meine Tasche zu stopfen.
„Wie jetzt, du lässt mich ernsthaft hängen?" Entgeistert stand Jae mit einem Lappen vor der Herdplatte und glotzte mich ungläubig und mit offenem Mund an.

„Deine Mutter hat es doch selbst gesagt, außerdem hast du doch alles, was du zum Putzen brauchst", lachte ich und deutete auf den dreckigen Lappen in seiner Hand.

„Ich könnte aber noch so nen Lappen wie dich gebrauchen", erwiderte er frech und schmiss mich mit dem dreckigen Lappen ab.

Das hatte er jetzt nicht gemacht! Was für ein Spast er doch war!

I'm Not Your Wingman II LGBTQ+✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt