Chapter 30

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Ich weiß nicht, wie lange Nate und ich einfach nur eng umschlungen auf dem Boden saßen und ich seinem langsam ruhiger werdenden Atem lauschte. Aber irgendwann wurde mir klar, dass ich mich vielleicht um seine Hand kümmern sollte.

Sorgsam löste ich mich von ihm und nahm seine rechte Hand um sie genau zu betrachten. Still stand ich auf, wissend, dass Nates Blick die ganze Zeit auf mir lag. Ich suchte in einigen der Schränkchen und fand schließlich einen kleinen Erste Hilfe Kasten, der in diesem Haus vermutlich schon öfter Gebrauch fand.

"Deine Beine", flüsterte Nate leise und ich folgte seinem besorgten Blick.

Die Scherben hatten einige Schnitte an meinen nackten Beinen hinterlassen,die ich gar nicht bemerkt hatte. Ich zuckte also nur mit meinen Schultern.

"Erst kümmere ich mich um deine Hand", erwiederte ich und wollte mich wieder vor ihn knien, doch Nate durchkreuzte meinen Plan und stand auf. Gut, es wäre auch dumm von mir gewesen mich geradewegs wieder in die Scherben zu setzen.

Der Grünäugige, der noch immer ziemlich still war, ließ sich auf dem Badewannenrand nieder und beobachtete mich genaustens. Die Knöchel seiner Hand waren aufgeschlagen und blutig, kleine Spiegelstücke funkelten mir entgegen und mir war klar, dass ich diese zuerst entfernen musste.

Irgendwo hatte ich hier doch das letzte Mal eine Pinzette gesehen...

Nach kurer Überlegung wusste ich wieder wo und kramte in einem kleinen Körbchen herum, bis ich eine in der Hand hatte.

"Das könnte jetzt verdammt schmerzen", warnte ich Nate und versuchte, meine zitternden Finger unter Kontrolle zu bekommen. Doch er nickte nur stumm und sah mich weiterhin an.

So vorsichtig wie ich konnte setzte ich die Pinzette an den einzelnen Scherbchen an und zog sie heraus. Eine nach der anderen, Nate gab derweil keinen Mucks von sich. Nur seinen brennenden Blick spürte ich noch immer auf mir.

Als ich fertig war tränkte ich ein Wattetupfer in Desinfektionsmittel und drückte es immer wieder sanft auf seine offene Wunde. Er zuckte kurz zusammen und ich sah ihn entschuldigend an. Eher unbeholfen wickelte ich den Verband um seine Hand, ich hatte das noch nie gemacht und hoffte einfach, dass es einigermaßen in Ordnung ging. Unzufrieden betrachtete ich mein Meisterwerk.

Seine Augen loderten mir entgegen und meine Knie wurden urplötzlich weich. Obwohl sie noch immer leicht gerötet und verquollen waren, drückten sie so viele Emotionen auf einmal aus, dass ich sie gar nicht alle aufzählen konnte.

"Jetzt du", murmelte er ruhig und sah dabei auf meine Beine.

Ablehnend schüttelte ich meinen Kopf. "Es ist nicht so schlimm, Nate. Wirklich", versuchte ich ihm klar zu machen, doch er ignorierte meinen Einwand.

Stattdessen zog er mich neben sich, bevor er selbst einen Wattetupfer mit dem Desinfektionsmittel nahm und begann, ganz vorsichtig meine wenigen, leichten Schnittwunden zu säubern. Jedes mal, wenn seine warmen Fingerkuppen meine empfindliche Haut berührten, hinterließ er eine brennende Spur die mich fast in den Wahnsinn trieb.

Als er fertig war sahen wir uns eine Zeit lang einfach nur an. Es war ungewohnt still und irgendwie kalt hier in diesem Raum. Vielleicht lag es daran, dass ich nur Shorts und ein Top trug, aber wahrscheinlich war die bedrückte Stimmung daran schuld.

"Habt ihr einen Besen, dann-"

"Lass es liegen", meinte Nate nur, nahm meine Hand in seine gesunde und sah mich bittend an.

Er war sich unsicher. Unsicher darüber, ob ich nach all dem noch  bleiben wollte. Ob ich mein Versprechen weiterhin halten würde. Ob ich mit ihm mitkommen würde.

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