Chapter 38

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Seine Worte sickerten nicht sofort zu mir durch, sondern brauchten eine Weile. Aber langsam begann ich zu verstehen.

Ich verstand, dass die Jungs ihren Vater hassten weil er sie zerstört hatte. Weil er sie jahrelang misshandelt hatte.

Ich verstand, warum Johnatan Nate alles nehmen wollte, warum dieser Mann so besessen darauf war seinem Sohn das Leben zu ruinieren. Er gab Nate die Schuld daran, dass sie diesen Unfall hatten und er nie wieder seine Berufung ausführen konnte und ließ den Grünäugigen dafür büßen.

Ich verstand, warum Zayn bei seiner Panikattacke Nate für alles die Schuld gegeben hatte. Wäre Johnatan nicht so überzeugt davon gewesen, Nate egal wie Schmerzen zuzufügen, dann hätte Zayn ein normales Leben führen können.

Ich verstand, warum ich nie die Mutter der Jungs gesehen hatte. Sie hatte sich das Leben genommen, als ihre Schuldgefühle sie vernichtet hatten, weil sie ihren Söhnen nie helfen konnte und meinte, in ihrer Mutterrolle versagt zu haben.

Ich verstand, warum Nate ins Gefängnis musste und warum es anfangs als versuchter Mord abgestempelt wurde, was es ja eigentlich auch war.

Und ich weiß, was ihr jetzt denkt. Ich sollte ihn anschreien, weil Mord keine Lösung ist und weil es ihm nicht helfen würde, die Vergangenheit zu ändern. Wahrscheinlich sollte ich vielleicht sogar Abstand nehmen, er könnte ja gefährlich sein. Ich sollte, rennen, ihn aus meinem Zimmer schmeißen und vielleicht sogar zur Polizei gehen. Immerhin hatte er gerade gestanden, dass es wirklich versuchter Mord war. Er hatte mir alles erzählt. Die ganze, abgefuckte Wahrheit.

Aber all diesen Mist tat ich nicht. Nennt mich verrückt, aber auch seinen Wunsch nach den Tod seines Vaters verstand ich.

Ich erwischte mich sogar dabei wie ich mir selbst wünschte, dass er einfach in die linke Brust gestochen hätte.

Dann wäre es vorbei gewesen.

Nate war kein schlechter Mensch und ganz sicher kein Monster.

Er hatte nur einfach zu viel schlechtes erlebt. Zu viele Dämonen suchten ihn immer und immer wieder heim und setzten sich in seinem Kopf fest, zusammen mit den Schuldgefühle und den Vorwürfen die er sich machte und zerstörten ihn.

Ganz sicher war Nate kein Monster, er hatte nur schon viel zu lange durch eines gelitten.

Während ich das alles verarbeitete, drehte sich Nate wieder um und starrte aus den Fenster in die dunkle Nacht. Es fühlte sich an, als würde plötzlich eine unsichtbare Mauer zwischen uns stehen und ich wusste genau, dass seine letzten Worte diese aufgebaut hatten.

U-Und das... das macht mich nicht besser als... als er es ist.

Und augenblicklich wurde ich an das erinnert, was Johnatan Adams vorhin zu mir gesagt hatte. Dass sein Blut duch Nates Adern gepumpt wird und dass er irgendwann so werden würde wie sein Vater.

Mein Atme wurde schwerer, denn diese plötzliche Wut raubte mir die Luft zum Atmen. Diese unfassbar starke Wut, von der ich nicht einmal wusste, dass ich sie so spüren konnte.

Diese Mauer, die zwischen uns war, überwand ich, indem ich mich einfach neben ihn vor mein Fenster stellte und genau wie er den Halbmond ansah, der kaum leuchtete. Es schien, als wäre alles um uns herum finsterer geworden und langsam bekam ich einen Eindruck, wie die Welt für Nate und Zayn aussehen musste.

Schwarz, leer, beängstigend.

Er schien perplex darüber zu sein, dass ich ihm so nahe kam, denn sein Blick war verwundert und traurig zugleich als er mich ansah.

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