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Zwar war es mir schon ziemlich nah gegangen, dass Cayden offenbar nicht dasselbe Interesse an mir hatte wie ich an ihm und dass ich bei dem beinahe Kuss so offensichtlich sehnsuchtsvoll reagiert hatte beschämte mich, aber dennoch fand ich es angenehm, neben ihm zu liegen.

Ich spürte die Wärme die von ihm ausging und genoss die Geräusche seines Gleichmäßigen Atems.

Nach einer Weile, in der wir weiterhin einfach nur still dagelegen hatten ohne ein Wort zu wechseln, richtete ich mich auf. 

„Ich glaube, ich sollte langsam nach Hause." Meine Stimme klang leise und irgendwie wehmütig, denn eigentlich wollt ich nicht, dass dieses Date schon endete. Seiner Reaktion zuvor entnahm ich, dass er kein wirkliches Interesse an einem weiteren Date hatte und wenn dieses hier gleichzeitig unser erstes und letztes Date gewesen sein sollte, dann wollte ich es so lange ausnutzen wie es nur ging. Allerdings befürchtete ich, dass ich mir die Situation für mich selbst noch schlimmer machte.

Cayden drehte sich in meine Richtung und stützte sich auf seinem linken Unterarm ab. Er sah mich aufmerksam an und sein Blick huschte über mein Gesicht, als würde er nach etwas bestimmten suchen, einem Ausdruck oder etwas ähnlichem.

„Bist du sicher?" hakte er nach und mein Mund wurde so trocken, dass ich nur nicken konnte.

Er sah nachdenklich in Richtung See und nickte mir dann knapp zu. Er rappelte sich auf und half anschließend mir.

Ich bedankte mich und tat, als würde ich mir den Dreck von der Kleidung klopfen, um ihn nicht ansehen zu müssen.

Cayden führte mich schweigend durch den Waldabschnitt zurück zum Auto. Er öffnete mir die Beifahrertür und sobald er auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte, startete er den Motor und fuhr los.

Wir schwiegen immer noch, als wir ins Herz der Stadt fuhren und somit fast die Hälfte der Fahrt hinter uns hatten. Diesmal war das Schweigen unbehaglich und ich knetete unruhig meine Handballen. Im Hintergrund lief ein Liebeslied, was die Spannung zwischen uns nicht gerade verringerte.

Plötzlich drehte sich Cayden während der Fahrt zu mir um. „Ella, wegen dieser Sache vorhin im 
Wald."

„Schau auf die Straße!" ermahnte ich ihn und wurde mit einem Mal noch unruhiger.

Etwas brodelte in mir hoch und wollte an die Oberfläche, aber ich atmete tief durch und verdrängte es.

Cayden redete einfach weiter, warf einen kurzen Blick auf die Straße und sah dann wieder zu mir. „Hör mal, wegen dem beinahe Kuss."

Ein Bild von Sofia blitzte vor meinem inneren Auge auf und dann ein weiteres, in dem ich die Autotür eines anderen Autos öffnete. Ich stieß ein panisches keuchen aus, aber Cade bemerkte es nicht oder schien es für eine Reaktion auf seine Worte zu halten. Ich wollte ihn erneut ermahnen auf die Straße zu schauen, aber die Worte wollten meinen Mund nicht verlassen.

„Ich meine, ich mag dich wirklich sehr-" wollte Cayden weiter reden, aber ich starrte auf die Straße und sah an der nächsten Kreuzung ein Auto abbiegen. Erneut flackerte ein Bild vor meinem inneren Auge auf, von einem Auto, das von der rechten Seite in das Auto krachte, in dem ich drinnen saß.

Ich schrie erschrocken auf und Cayden fuhr zusammen. Er dachte, ich hätte etwas auf der Straße vor uns gesehen und legte eine Vollbremsung hin.

„Verdammt!" fluchte er laut. „Du hast mich zu Tode erschreckt Ella." Ein vorwurfsvoller Ton schwang in seiner Stimme mit, aber ich hörte ihn nur, wie durch einen dicken Schleier, sehr gedämpft.

Mir wurde schwindelig und meine Lider klappten zu, während meine Herz wild pochte und ich anfing zu zittern.

~flashback~

Ich saß auf dem Rücksitz unseres alten SUVs. Meine Schwester auf dem Sitz rechts von mir und meine Mum am Steuer. Dolly Parton Musik schallte aus den Lautsprechern an den Seiten, während ich mit meiner Mutter diskutierte.

„Das ist total unfair! Warum darf ich nicht zu Aylas Kindergeburtstag?" meine Stimme war schriller als die einer normalen 9 jährigen.

Meine Mutter seufzte ein wenig genervt „Ella, ich habe dir schon fünf Mal erklärt, dass wir an dem Tag zu deinen Großeltern fahren!"

„Ich will da aber nicht hin!" rief ich trotzig und meine Schwester sah mich an.

Ihr Blick war wie immer Engelsgleich und sie Lächelte ihr sanftes Lächeln. Selbst für ihr Alter von 8, war sie unglaublich sanftmütig und auch erstaunlich intelligent. Oft war es so, als wäre sie die ältere von uns beiden und die vernünftigere war sie allemal.

„Ella, du kannst Ayla doch einfach danach das Wochenende sehen, aber Oma und Opa, kannst du nicht einfach besuchen!" sagte sie in beruhigendem und irgendwie belehrenden Ton.

Manchmal hasste ich es, dass Sophia so perfekt war!

Ich warf ihr einen giftigen Blick zu und versuchte erneut eine Diskussion mit meiner Mum zu starten, aber sie sah mich warnend an „Ella, wenn du jetzt weiter mit mir diskutierst, dann gehst du auch das Wochenende danach nicht zu Ayla!" schimpfte sie streng und Wut schäumte in mir auf. 

Aus einem kindlichen Antrieb, schnallte ich mich ab und öffnete unüberlegt, während der Fahrt die Tür.

Meine Mutter drehte sich erschrocken zu mir herum und verlor dabei die Kontrolle über das Fahrzeug. Als sie sich rasch wieder nach vorne drehte und dabei schrie, ich solle die Tür wieder schließen, versuchte sie das Auto von der Gegenspur zu lenken. Sie riss das Lenkrad rum, konnte das Auto jedoch trotzdem nicht mehr kontrollieren. Mit voller Wucht krachten wir in ein Auto.

Sophia neben mir schrie angsterfüllt und meine Mutter knallte mit dem Kopf, aufs Lenkrad. Sie blutete an der Stirn und ich bekam alles mit wie in Trance. Während sich meine Schwester neben mir die Arme vors Gesicht hielt und weinte, saß ich nur da und starrte erschrocken durch das Fenster an ihrer Seite.

Die Autos welche hinter uns gefahren waren, versuchten hupend und mit quetschenden Reifen auszuweichen und ich schrie schrill, als ich erkannte, dass ein großer Pick-up mit großer Geschwindigkeit auf unser Auto zufuhr. Der Fahrer konnte nicht rechtzeitig bremsen und ich kniff die Augen zusammen. Der Wagen knallte heftig in die rechte Seite unseres Autos. Einen kurzen Moment hörte ich Sophia einen markerschütternden Schrei von sich geben, dann war es still.

Mein Kopf wurde durch den heftigen Ruck gegen die Fensterscheibe geschleudert und weiße und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Mein ganzer Körper schmerzte und ein durchdringendes Piepen war das einzige was ich hörte. Schwach drehte ich meinen Kopf nach rechts.

Die ganze Seite des Autos war eingebeult und Sophias Gliedmaßen schauten zwischen Metall und Sitz hervor. Sie war eingeklemmt und ihre beiden Beine standen in einem unnatürlichen Winkel ab. Ihr rechter Arm wurde von einem Metallstück durchbohrt.

Entsetzt schrie ich. Ich schrie und schrie und hörte nicht mal damit auf als ich von Feuerwehrleuten aus dem Auto gezerrt wurde. 

Ich schrie und das einzige was ich dabei denken konnte war; Ich bin schuld!

~flashback ende~

Unexpected LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt