Who's calling?

1.8K 176 137
                                    

Ich ertappte mich dabei, wie ich mir vorstellte, mit Taehyung eines Tages so vertraut am Tisch zu sitzen.

————————

Ich konnte es selbst noch gar nicht realisieren, aber irgendwie wurde es zur Gewohnheit, dass entweder ich bei Taehyung schlief oder er bei mir. Die ersten Abende hatte Taehyung spät abends immer an meiner Tür geklopft und gefragt, ob er bei mir bleiben dürfte. Natürlich hatte ich ihm dies kein einziges Mal verweigert und so war er immer freudig in mein Bett gekrochen. Bald darauf hatten wir uns immer öfter schon getroffen, sobald wir beide zu Hause waren und zusammen gegessen, den Abend miteinander verbracht und waren dann häufig gemeinsam in seinem Bett eingeschlafen.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte und ich fragte mich auch, wo Misa war. Bis vor zwei Wochen hatte sie ständig hier übernachtet oder Taehyung war die Nacht weg gewesen. Ich vermutete stark, dass er dann jedes Mal ebenfalls bei ihr gewesen war.
Aber in letzter Zeit hatte ich Misa kaum noch gesehen, was mich nicht gerade traurig machte. Eigentlich mochte ich sie. Das war ja das blöde... sie war wirklich sympathisch, aber wenn sie nicht da war, beachtete mich Taehyung viel mehr und das machte mich glücklich.

Die gesamte Situation zwischen ihm und mir verwirrte mich ebenfalls. Eigentlich war ich der festen Überzeugung, dass wir Freunde waren, aber dann waren da immer wieder diese Momente, in denen wir uns so nah kamen und alles in mir kribbelte. Diese Anspannung zwischen uns war teilweise unerträglich und ich musste mich jedes Mal anstrengen, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Auf gar keinen Fall wollte ich zu weit gehen und so das Verhältnis zu Taehyung zerstören, also genoss ich einfach jede Minute, die wir zusammen verbrachten und war dankbar dafür, dass diese kalte gleichgültige Seite von ihm immer seltener zum Vorschein kam.

Die anderen hatten das mittlerweile auch mitbekommen, aber niemand sagte etwas oder sprach uns drauf an. Jeder spürte, das Taehyung verändert war und jeder spürte ebenfalls, dass er in meiner Gegenwart glücklich zu sein schien.
Mittlerweile hatte ich auch nichtmehr so ein Herzrasen, wenn er neben mir lag und konnte so auch mehr schlafen.

Wir schauten uns Filme zusammen an, hörten Musik oder redeten stundenlang über Gott und die Welt.
Manchmal erzählte er mir auch von Misa. Sie schien ihm sehr wichtig zu sein und ich beschloss, dass egal was dort zwischen den beiden lief, ich es unter gar keinen Umständen zerstören wollte.

Eines Abends lagen wir wieder zusammen in seinem Bett. Es waren nun 9 Nächte seit Jin's Geburtstag vergangen und 7 davon hatten wir uns ein Bett geteilt.
Wir sahen gerade Tae's Lieblingsfilm, in dem es um einen homosexuellen Jungen ging. Der Film war sehr interessant und teilweise auch ein wenig strange, aber durch meine Sexualität konnte ich mich natürlich gut mit dem Protagonisten identifizieren.

Zu gerne hätte ich Taehyung auf seine Sexualität angesprochen. Ich war mir zwar relativ sicher, dass Misa seine feste Freundin war, aber so genau wusste das ja niemand und irgendwo bestand immer noch ein Fünkchen Hoffnung, dass er mich vielleicht doch auf die gleiche Art mögen könnte, wie ich ihn. Ich traute mich aber nicht ihn zu fragen. In den letzten Tagen hatte ich verstanden, wie verunsichert Tae teilweise sein konnte und die Themen Sexualität, Beziehung und Sex waren Themen, denen er immer direkt aus dem Weg ging.

Warum auch immer... Er sah so gut aus und hatte eine so faszinierende Persönlichkeit, ich war mit Sicherheit nicht der Erste, der auf ihn stand.

Nach dem Film lagen wir beide nebeneinander sahen uns an und ich fuhr mit meiner Fingerkuppe über seine nackte Haut, was ihm von Zeit zur Zeit eine Gänsehaut verschaffte.
Plötzlich leuchteten seine Augen auf.
„Ich hab eine Idee!"

Fragend sah ich ihn an.
„Wir malen uns gegenseitig Bilder auf den Rücken und der andere muss erraten, was man gemalt hat.",entschlossen und begeistert von seiner eigenen Idee, schaute er mir in die Augen und ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was er gerade eigentlich vorgeschlagen hatte. „Ich fang an."
Ehe ich mich versah, krabbelte er schon auf meinen Rücken und zog mein T-shirt hoch. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, aber es gefiel mir!

Während die Berührung seiner Fingerspitzen auf meinem Rücken einen Schauer durch meinen gesamten Körper jagte, versuchte ich mich auf das Bild, welches er zeichnete, zu konzentrieren.
Seine Finger zogen ein paar harte Linien und daraufhin zwei Kreise auf meinem Rücken. Erst verstand ichs nicht, aber als er es das zweite Mal zeichnete, erkannte ich, dass er eine Musiknote gezeichnet hatte.

Danach war ich an der Reihe, etwas auf seinen Rücken zu zeichnen. Während ich dort breitbeinig auf ihm saß, seinen nackten Rücken vor mir, versuchte ich mir irgendetwas einfallen zu lassen, was nicht direkt mit Sex zu tun hatte.
Ich betete, dass mein Penis ruhig bleiben würde, denn es wäre gerade zu unangenehm, wenn ich jetzt auf seinem Rücken einen Steifen kriegen würde und er es auch noch mitbekäme... aber dieser Kerl forderte mich und mein gutes Stück wirklich in jeder kleinsten Situation heraus und allmählich machte ich mir ernsthafte Sorgen.

Zu meinem Glück fiel mir schnell etwas ein und so zeichnete ich zwei geschlängelte Linien und dahinter einen halben Kreis.
„Hm...",überlegte Tae, „ich bin mir nicht sicher. Entweder, es handelt sich um zwei Mie-Nudeln und nen halbes Ei daneben oder um einen Sonnenuntergang."

Ich musste lachen: „Mann du Idiot! Das sollte der Sonnenuntergang am Han River sein."
Mit einem Klaps auf seinen Hinterkopf, stieg ich wieder von ihm runter.

„Weiß ich doch!"
Er streckte mir die Zunge raus, aber seine verlegendes Lächeln zeigte mir, dass er sich ebenfalls ganz genau an unseren gemeinsamen Herbsttag erinnerte.
Kurz drauf saß er wieder auf mir und begann zu Zeichnen. Erst ein Viereck, dann ein Bild in die Mitte des Vierecks und in jede Ecke ein Herz.
Ich schluckte und meine Kehle war plötzlich ganz trocken.
Es war eine Spielkarte, aber nicht irgendeine, sondern die Karte Herzbube. Genau die Karte, die damals bei ‚Suck and Blow' zu Boden fiel und wir uns küssten.

Mein Herz schlug schneller. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und sah ihn an. Seine Augen wirkten plötzlich so wild und doch ernst auf mich. Sein Blick bestätigte mir, dass auch er sich an diesen Abend zurück erinnerte und diese Karte nicht nur zufällig auf meinen Rücken gezeichnet hatte.

Ich musste erneut schlucken und in meinem Kopf fing sich alles an zu drehen. Was wollte er mir mit diesem Bild sagen? Warum erinnerte er mich an diesen Abend? Das war doch kein Zufall... oder doch... ich hoffte, dass es nicht so war.
Ich spürte, wie in mir plötzlich ein unglaubliches Verlangen entstand, ihn zu küssen.

Plötzlich rutschte er seitlich von mir runter, wodurch er es mir ermöglichte, mich aufzurichten. Zögernd stemmte ich mich mit meinen Armen vor und nahm wahr, wie auch er mir ebenfalls näher kam. Mein Herz donnerte in meiner Brust und ich spürte wieder dieses Kribbeln, was mittlerweile ein unerträgliches Durcheinander in meinem Bauch war.

In diesen Moment klingelte ein Handy.
Sein Handy.

Für einen kurzen Zeitraum schien er es ignorieren zu wollen, dann holte er es jedoch doch aus der Tasche und ging ran.
Nichts ahnend beobachtete ich ihn und wollte gerade den Anrufer für sein Timing verfluchen, als mein so stark donnerndes Herz für eine Sekunde aussetzte.

Mir wurde eiskalt, als ich mit ansah, wie Tae's Gesicht sich mit Panik füllte und ihm Tränen in die Augen stiegen.

Wer auch immer ihn gerade angerufen hatte, er hatte keine guten Nachrichten für Taehyung gehabt.

———————————
So und hier nochmal das nächste Kapitel🌝
Danke für die Reads und Votes! Ich hoffe, ihr habt Spaß an der Geschichte!

⭒ 𝐖𝐞 𝐚𝐫𝐞 𝐭𝐨𝐭𝐚𝐥𝐥𝐲 𝐝𝐢𝐟𝐟𝐞𝐫𝐞𝐧𝐭 𝐁𝐚𝐛𝐲 (𝚃𝚎𝚒𝚕 𝟸) | ᵏᵒᵒᵏᵛ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt