I promise I love you

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„Ich hab einfach Angst, dass du an einen Punkt kommst, wo du mich nicht mehr brauchst und das verunsichert mich."

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Tae sah mich an. Seine Augen waren geweitet und ich konnte erkennen, dass es hinter seiner Stirn arbeitete.
„Du hast dich in mich verliebt?", seine Stimme klang ungläubig.
Ich nickte: „Das ist mir bewusst geworden, als du verschwunden warst und ich dachte, ich hätte dich verloren."

Ich konnte selbst noch gar nicht glauben, dass ich das eben laut gesagt hatte. Normalerweise war ich selbst nicht so gut darin, über meine Gefühle zu sprechen. Die Sache mit den Gefühlen war nämlich die: wenn andere wussten, was du fühlst, konnten sie dich dort am härtesten treffen. Aber ich wusste, dass ich Taehyung alles geben musste, was ich hatte, damit er sich sicher fühlen konnte und mir vertrauen würde. Jedenfalls hoffte ich, dass es so war und ich nicht auf dem Holzweg trottete und mich eben komplett verletzlich mit meinem Geständnis gemacht hatte.
Zuvor hatte ich mein Leben immer unbeschwert verbracht. War einfach den sicheren und bequemen Weg gegangen. Aber Tae befand sich auf einem ganz anderen Pfad. Und wenn ich mit ihm gehen wollte, dann musste ich das Risiko eingehen und all die Unbeschwertheit zurück lassen. Das wusste ich jetzt und ich war bereit dazu.

Zu meinem bedauern sah ich, wie Tae's Augen sich mit Tränen füllten. Hatte ich was falsches gesagt? War das der Moment, in dem er mir beichten würde, dass er niemals so für mich fühlen würde, wie ich für ihn?

„Du bedeutest mir auch viel.", schniefte er und seine Worte ließen mein Herz vor Erleichterung höher schlagen.
„Aber ich hab dir ja schon erzählt, dass ich sowas wie mit uns zuvor noch nie hatte und ich bin überhaupt nicht gut in sowas... es tut mir einfach so unendlich leid, dass ich dir gerade nicht mehr geben kann, als das Versprechen, dass du mir wichtig bist und die Bitte, dass du mir mehr Zeit gibst."

Eine Träne rollte seine Wange herunter. Mit meiner Hand fing ich diese auf und trocknete die nasse Spur, die sie auf Tae's Haut hinterlassen hatte.
„Hey.", redete ich sanft auf ihn ein, „aber das reicht doch Hyung."
Ich lehnte mich vor und gab ihm einen sanften Kuss.
Dann legte ich meine Hand wieder auf seine Wange: „Sieh mich an Hyung."
Er hob seinen Kopf und richtete seine feuchten Augen auf mich.
„Taetae, du bist mehr als genug für mich! Hör auf so an dir zu zweifeln. Du bist so ein perfekter, einzigartiger und besonderer Mensch. Alles was ich wollte, war die Bestätigung, dass ich dir auch etwas bedeute und dass dies der Fall ist, macht mich gerade unbeschreiblich glücklich, okay?"

Er sah mich unsicher an, doch dann nickte er.
„Am liebsten würde ich in die ganze verdammte Welt hinaus schreien, wie viel du mir bedeutest.", verkündete ich, während mich ein Schub der Euphorie überkam, doch Tae sah mich nur zweifelnd an.
„Was ist los?", fragte ich verwundert.
„Naja ein Großteil der ganzen verdammten Welt ist homophob...", merkte er skeptisch und mit gekrauster Stirn an, „jedenfalls der Großteil in Südkorea..."

Erst verwirrte mich diese Aussage, doch dann verstand ich. Tae hatte sich noch nicht geoutet und nicht einmal unsere Mitbewohner wussten etwas von seiner Sexualität.
Ich hatte mich vor Jahren gemeinsam mit Jimin geoutet. Unsere Familien hatten recht entspannt reagiert, auch wenn sie besorgt waren, dass uns unsere Sexualität in Schwierigkeiten bringen könnte. Ansonsten hatte ich nie mehr groß über die Meinung von anderen zu dem Thema nachgedacht. Ich machte halt einfach mein Ding und es war ja auch nicht so, dass ich in der Öffentlichkeit irgendwelche Kerle flachlegte. Aber er hatte recht. Südkorea war schon ziemlich homophob und ich konnte verstehen, dass ihn das einschüchterte.
Wenn ich jetzt darüber nachdachte, war ich zuvor ja selbst noch nicht in die Situation gekommen, dass ich einen anderen Kerl öffentlich küssen wollte oder ähnliches. Aber der Gedanke daran, das nicht mit Tae tuen zu können, gefiel mir nicht.

„Das stimmt schon... aber ehrlich gesagt habe ich bis jetzt nicht allzu häufig was davon mitbekommen...", versuchte ich ihn zu beruhigen.
Nicht wirklich überzeugt sah er mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an: „Ich weiß nicht einmal selbst, welche Sexualität ich eigentlich habe... dieses ganze Thema überfordert mich so dermaßen und ich bin einfach noch nicht bereit, mich der Gesellschaft zu stellen. Nichtmal die WG weiß irgendetwas..."
Frustriert grub er sein Gesicht tiefer in meine Umarmung.
„Ist das auch der Grund, warum du mich manchmal vor den anderen verheimlicht hast?"

Ertappt sah er wieder auf und nickte. „Tut mir leid dafür.", flüsterte er, woraufhin ich ihm gerade klar machen wollte, dass er sich nicht entschuldigen sollte, da setzte er erneut zum Sprechen an: „Manchmal hatte ich einfach Panik, dass irgendwer irgendein Urteil über mich fällen würde, was ich selbst noch gar nicht gefällt hatte. Es war nicht nur so, dass ich in diesen Momenten Angst vor den andern hatte... sondern auch vor mir selbst. Und dann hab ich irgendwie versucht, diese Momente mit uns wieder ungeschehen zu machen...", er lachte kurz und hielt sich die Hand an die Stirn, „das funktioniert so natürlich nicht... weiß ich auch."

Ich schmunzelte und war einfach froh, endlich mal so offen mit ihm über diese Themen sprechen zu können.
„Also wenn du möchtest...", schlug ich vor, „können wir uns irgendeine andere Art Zuneigungs-Bekenntnis ausdenken, was andere vielleicht nicht so schnell durchblicken."
Das hatte Tae's Interesse geweckt.
„Und welches?"
Ich überlegte kurz, dann formte ich meine Hand zu dem Symbol „ich liebe dich" und sah Tae fragend an.
Er beäugte dies kurz und formte seine Hand dann zu dem Symbol „ich verspreche".
Wie auf Knopfdruck führten wir unsere Hände zusammen und es entstand eine Art kleiner Handschlag, der soviel hieß wie: „ich verspreche, dass ich dich liebe."

Zufrieden blickte ich auf unsere Hände, dann nahm ich seine und hauchte eine Kuss auf diese. Für eine Weile lagen wir einfach nur im Bett und lächelten uns an.
„Jetzt komm her du Holzkopf. Und denk nie wieder, dass du nicht gut genug bist oder da draußen etwas besseres existiert."
Ich schlang meine Arme um ihn und zog ihn ganz nah an mich, sodass ich seinen Atem an meinem Hals spüren konnte.

Was um Himmels Willen war bloß in seinem Leben vorgefallen, dass er so verunsichert war und an sich selbst zweifelte. Auch wenn er mir zuvor vermutlich noch nie so viel über seine Gefühle preisgegeben hatte, wurde ich einfach nicht schlau aus ihm.

⭒ 𝐖𝐞 𝐚𝐫𝐞 𝐭𝐨𝐭𝐚𝐥𝐥𝐲 𝐝𝐢𝐟𝐟𝐞𝐫𝐞𝐧𝐭 𝐁𝐚𝐛𝐲 (𝚃𝚎𝚒𝚕 𝟸) | ᵏᵒᵒᵏᵛ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt