Vierundzwanzig

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Das alles war vor einem Monat geschehen. Ein weiterer auf der Insel. Das heißt sie waren schon ganze zwei Monate dort gefangen. Es war Mitte August.

Nachdem Kyungsoo sich wieder beruhigt hatte, schlief Tae fast jede Nacht bei ihm im Zimmer. Er ließ ihn kaum noch aus den Augen, nur noch wenn er mit jemand anderen unterwegs war oder sich sicher sein konnte, dass sein Freund einen guten Tag hatte.

Yoongi konnte seine Sorge nachvollziehen. Er würde Jimin, seinen Bruder oder jeden anderen aus dem Lager nicht mehr alleine lassen.

Sie konnten überleben, sie mussten es nur genug wollen.

Gott, er vermisste seine Familie so sehr. Sie hatten es noch immer nicht geschafft sie zu finden und ihre Chancen schwanden dahin. Seine Hoffnungen sie lebend wiederzusehen wurden kleiner...

„Denk nicht darüber nach.", sagte Jimin, so wie jedes Mal, wenn er es doch tat.

Yoongi wusste, dass er nicht so denken sollte. Aber es ließ sich nicht verhindern. Was würdet ihr tun?

Seufzend setzte er sich auf einen Dosenstapel nieder, den sie in einem Supermarkt gefunden hatten - in dem sie sich in dem Augenblick befanden. Seine Beine waren ganz zittrig und er musste sich stützen. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Während Jimin seiner verstorbenen Mutter nachweinte, tat es Yoongi bei seinem Vater und Bruder, von denen er nichts Aktuelles wusste.

Er wollte zu ihnen, sie in den Armen halten. Er wollte die schönen Erinnerungen wieder aufleben lassen; Wirklichkeit werden lassen. Er wollte Namjoon nach ein paar Ideen fragen, seinen Bruder ärgern und Jin um Rat bitten. Er wollte sie wissen lassen, dass es ihm gut ging, wollte Jin beruhigen. Wer wusste wie sehr es ihm zu schaffen machte? Wer wusste wie es zuhause lief? Ging es ihm gut? Hatte er selbst einen Unfall oder eine Panikattacke erlebt?

Weil Yoongi das manchmal von sich erwartete. Dass er jeden Moment losschrie oder zusammensackte. Dass er jeden Moment die Fassung verlieren würde.

„Yoongi." Jimin's sanfte Stimme drang an sein Ohr, aber er konnte nicht aufsehen. Er machte sich Tag für Tag nur noch mehr Sorgen und das nagte an ihm.

Er weinte. Er ließ es zu, er wollte nichts zurückhalten. Weswegen auch? Jeder andere verstand ihn.

Yoongi's Schultern bewegten sich im Takt zu seinem Schluchzen und als Jimin das bemerkte, kniete er sofort vor ihm und zog ihn in seine Arme. Der Ältere nutzte seine Schulter, um sein Gesicht darin zu verstecken, während Jimin ihm den Rücken streichelte. Behutsam und aufmerksam.

„Ich liebe dich." Yoongi's Stimme bebte, als er das sagte; leise.

Jimin küsste ihm die Wange und liebkoste sie weiterhin mit seiner Nase. „Das weiß ich doch."

„Ich will es dir nur sagen." Yoongi's Schluchzen wurde weniger.

„Du darfst nicht aufgeben." Der Jüngere hielt ihn fester. „Nicht jetzt. Noch nicht, das ist zu früh. Versprich mir das. Wir werden sie finden. Ich will sie finden."

„Ich doch auch." Er klang erschöpft.

Jimin zog sich zurück, hielt ihn bei den Schultern und sah ihm streng in die Augen. „Dann glaub auch daran!"

Nun fühlte sich Yoongi schuldig. Jimin hatte recht. Also nickte er und legte seine Stirn an die von seinem Freund.

„Ich liebe dich, Suga."

Yoongi lächelte. „Weiß ich doch."

„Wollte es nur gesagt haben." Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, jedoch sah er seinen Freund mehr bedrückt an. „Versprich es mir."

Those beautiful days are gone...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt