9.Kapitel Auch tollkühne Handlungsmöglichkeiten in den Lebensplan integrieren

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Es war Zeit, seinen Plan zu erklären, soweit Bilbo es überhaupt konnte. Aber er war keineswegs sicher, wie die Zwerge ihn aufnehmen würden. Und in der Tat - seine Befürchtungen waren berechtigt, denn mit einem solchen Gedanken mochten die Zwerge sich nicht im geringsten befreunden. Trotz der Gefahr fingen sie laut zu murren an"

Da sitzen sie nun unsere lieben Zwerge, bei Wasser und Brot und in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt. Zwar geht von den Elben keine akute Lebensbedrohung aus, doch die ganze Umgebung hat etwas potentiell Lähmendes. Da harren sie also der Dinge, warten in ihren Gefängniszellen auf eine Weiterentwicklung der Geschehnisse. Einsam und schon fast mürbe gemacht von dieser Situation sind sie beinah bereit Zugeständnisse zu machen und den Elben alles zu verraten. Allein die durch den Hobbit zugeflüsterte Botschaft, auch Thorin sei von den Elben gefangen, also noch am Leben, hilft ihnen ihre innere Moral aufrechtzuerhalten. Und dann: mitten hinein in diesen inaktiven, gelähmten Gefühlszustand stolpert der Hobbit mit seinem äußerst tollkühnen und in Nuancen auch verzweifelt wirkenden Plan. Von Null auf Hundert wird den Zwergen plötzlich Bewegung und Flexibilität abverlangt und das sich Einlassen auf einen Plan, der viele Unwägbarkeiten in sich trägt. Ein Bereich also, bei dem sie ganz auf Bilbo vertrauen müssten. Und dann kommt erst einmal was kommen muss: die Zwerge meutern und sind nicht bereit, sich auf einen solchen Rettungsversuch einzulassen. Erst als Bilbo ihnen schonungslos vor Augen führt, was die anderen Alternativen wären, sind sie willens, sich ins Unvermeidliche zu schicken („Auch gut, sagte Bilbo niedergeschlagen und ziemlich verärgert. Kommt zurück in euere hübschen Zellen. Ich sperre euch alle wieder ein, und ihr könnt bequem darin sitzen und einen besseren Plan ausdenken - aber ich werde vermutlich nie wieder an die Schlüssel kommen, selbst, wenn ich noch einmal die Neigung verspüren sollte, es zu versuchen").

Die Situation in den düsteren Gefängniszellen ist für sie kaum auszuhalten, andererseits ist der Zustand an sich aber gar nicht einmal so schlecht. Keiner der Zwerge möchte die Gefahr eingehen, seine Lage in irgendeiner Weise zu verschlechtern. Und genau das ist das Lähmende. Lähmend ist, wenn man anfängt mit einer harten Gefängnispritsche und etwas zu essen Zufriedenheit auszubilden. Verharrt man in diesem Zustand, dann hat man bereits verloren und droht für immer und ewig in den Hallen der Elben zu verbleiben. Diese Gefahr eines „ewigen" Stillstandes, wenn sie diese Möglichkeit nicht ergreifen, wird bald auch denZwergen bewusst, worauf sie sich dem Plan des Hobbits fügen („Das war zuviel für sie, und sie schwiegen augenblicks still").

Auch wir, in unseren realen Lebenswelten, ähneln den Zwergen. Selbst wenn wir aus einer verzwickten Lebenssituation heraus wollen und einen möglichen Weg heraus finden, ist unsere erste Reaktion beim Entdecken dieser Lebensmöglichkeit oder neu zu erlernenden Verhaltensweise allzu oft, „nur alles andere, aber das nicht".  Leben nicht auch wir manchmal frei nach dem Motte: „Alles nur das nicht", obwohl wir innerlich sehr wohl wissen, dass nur dieser Weg und kein anderen uns aus einer unhaltbar, verworrenen Lebenssackgasse herausbringen könnte. Unsere Weigerung geht sogar soweit zu akzeptieren weiter in unserer „Lebens-Gefängniszelle" sitzen zu bleiben. Oftmals wird die Sicherheit einer Gefängniszelle der Freiheit vorgezogen. Bei der Gefängniszelle weiß man wenigstens, was man hat, aber ohne sie bleibt vorerst nur Ungewissheit, bevor man herausfinden kann, ob der eingeschlagene Weg einen in eine bessere Lebensposition bringen kann. Die Situation als ein „Gefangener der Umstände" mag zwar noch so unangenehm sein, aber schließlich weiß man, woran man ist, was man schließlich nicht weiß, wenn man sich auf solche unabwägbare „Rettungsrisiken" einlässt.

Ob dies die tollkühne Lösung einer beruflichen Situation, ein Partner- oder Familienproblem, ein Identitätsproblem oder was auch immer ist. Oft hängen wir bewegungslos in unserer Entwicklung fest und eine Lösung ist nicht ad hoc und einfach zu finden. Und der lebbaren radikalen Lösung drehen wir unseren Rücken zu, wir lassen keine originellen, flexiblen Handlungsmöglichkeiten zu. Zu sehr verstrickt sind wir in der Haltung: „alles ist nicht wie es sein sollte, aber Risiken um aus der Verstrickung herauszufinden, will ich auch nicht eingehen". Manche Menschen halten diese Patt-Situation über Jahre und Monate aufrecht. Risiko wird in unserer Zeit klein geschrieben. Sicherheit um alles ist der Wunsch (vielleicht auch, weil die gesellschaftliche Unsicherheit wächst). Würden sie jedoch den Sprung wagen, (und das stellen viele dann viel zu spät fest), verbessert sich ihre Lebenssituation, nach einigen Unebenheiten und blauen Flecken in enormen Ausmaß, so dass sie sich später fragen (in ihrem Selbstbewusstsein gewachsen). „Wie konnte ich nur so lange in meiner Gefängniszelle verharren?" All die verlorene Zeit in der sie sich dem Leben nicht gestellt haben - ist es nicht schade um sie? Bräuchten wir da nicht oft, wie die trägen sicherheitsdenkendenZwerge einen kleinen Hobbit, der uns schubst und uns gnadenlos vor Augen führt, was passiert, wenn wir uns weigern uns weiter fortzubewegen.

Sicher ist es legitim, sich so gut wie es geht vorzuinformieren und sich möglichst gut abzupolstern, um unnötige blaue Flecken zu vermeiden („Er wollte jeden so ordentlich verpacken, wie es in der kurzen Zeit nur eben möglich war"). Aber wichtig ist es auch, mit blauen Flecken richtiggehend zu rechnen. Was sind schon ein paar blaue Flecken verglichen mit der Möglichkeit seine Freiheit, sein Selbstentwicklungspotential gänzlich zu verlieren. Keiner sagt, dass es bei dem beschriebenen Lebensstil keine Blutergüsse, Rückschlägeund negative Erfahrungen gibt. Einen Weg einzufordern, der all dies ausschließt ist utopisch, Leben ist nicht immer gut, gerecht und einfach. Deshalb denke lieber über deine Ziele nach, als über die Hindernisse. Ein ausreichend motivierendes Ziel lässt uns viele Hürden spielerisch überwinden.

Habe aber lieber mehr Angst vor den fesselnden Gefühlen von Mittelmäßigkeit, von sich selbst nicht genug lieben, von dem „ach eigentlich geht's mir doch ganz gut" - im Grunde deines Herzens weißt du jedoch ganz genau, dass du dir selbst etwas vormachst. Bitte geh niemals freiwillig zurück in deine Gefängniszelle, sondern finde deinen individuellen, kreativen, tollkühnen Ausgang. Vorangetrieben von der Vorstellung, wie es wäre, sich noch mit schneeweißen Haaren Jahre später an der gleichen Stelle stehen zu sehen und sagen zu müssen, „das also war mein Leben" - das Leben eines Gefangenen der Umstände". Dazu sage ich, und du hoffentlich auch: „NIEMALS".

Der "Kleine Hobbit" als praktischer Begleiter durch die Reise des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt