1.Kapitel Kosten-Nutzen-Analyse

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Außerdem müsste ich Bescheid wissen über das Risiko, über die Nebenausgaben, die benötigte Zeit, die Belohnung usw.!, womit er meinte: Was bekomme ich selbst dafür, und kehre ich überhaupt lebendig zurück?"

Auf den ersten Blick scheint es so, als habe der Hobbit viel zu verlieren, wenn er seine Tuksche Seite zum Leben bringt. Vorrangig den Verlust von Respekt, von der guten Meinung, die die Gemeinschaft der Hobbits, in der er lebt, von ihm haben. Es scheinen im Hobbitland sehr starke äußere Zwänge zu herrschen, was man als Hobbit zu tun und zu lassen hat - und dazu gehört das Erleben von Abenteuern auf jeden Fall nicht. Der Hobbit aufgewachsen in einer Umgebung, die durchgängig die Beutlin-Seite lebt, hat viele dieser Werte selbst intensiv verinnerlicht. Wer findet sich darin nicht selbst wieder, - so weit ist „Hobbitland" und „Hobbitgesellschaft" nicht von mancher Umweltgegebenheit, der wir uns selbst ausgesetzt sehen, entfernt.

Die Entscheidung für den Weg mit dem Zauberer beinhaltet für Bilbo gleichzeitig die Entscheidung gegen bestimmte Werte bzw. das Hinter-sich-Zurücklassen von Werten, die er selbst früher anerkannt und gelebt hat. Es ist also ein riskantes Unternehmen, das ihn von der Gruppe, der Familie, der er sich so lange zugehörig gefühlt hat, trennt. Es besteht immer die Gefahr, wenn neue Aspekte ins eigene Leben integriert werden, dass man von anderen, oft auch nahestehenden Menschen nicht mehr verstanden wird. Es kann sein, dass solche Menschen sich von einem abkehren und die von einem neu entwickelten Persönlichkeitsanteile ablehnen. In extremster Ausprägung kann es dazu kommen, dass die umgebenden Menschen, einen einfach zum wunderlichen Außenseiter abstempeln. Manchmal entsteht der Druck durch die anderen, wenn wir uns einer neuen Lebensstufe und neuen Erkenntnissen zuwenden einfach deshalb, weil die anderen Menschen, indem sie uns zum wieder Einordnen bringen wollen, selbst ihre Tuksche Seite ignorieren und vergraben können. Es ist ja dann niemand mehr da, der ihnen vorlebt, dass es auch anders gehen kann. Ein sich Herauslösen aus diesen Zwängen ist wirklich nicht einfach, da die damit verbundenen Risiken oftmals für den Durchschnittshobbit zu hoch angesiedelt sind.

Nun stellt sich aber die Frage, will der gute Hobbit sich denn überhaupt verändern? Er wirkt doch ganz zufrieden in diesem ersten Kapitel. Pfeife rauchend sitzt er in der Sonne vor seinem Haus, ganz zufrieden also. Weshalb kann man es als etwas Positives, geradezu als Gnade ansehen, wenn das Abenteuer in sein Leben tritt? Er ist zufrieden, behaupte ich einfach einmal, weil er gar nicht weiß, welche wunderbaren Möglichkeiten das Leben für ihn noch bereit hält. Sein Horizont geht nicht weiter als bis zu seiner Türschwelle. Er ist zufrieden, da er vollkommen in seiner Beutlin-Seite aufgeht, ohne Fragen, ohne Bedauern, es ist das Selbstverständlichste der Welt, alles andere wäre undenkbar, tabu, so tabu wie Abenteuer und der Kontakt zu Zauberern. („Tut mir leid. Ich wünsche keine Abenteuer. Vielen Dank, und heute schon gar nicht. (....) Damit drehte sich der Hobbit um, verschwand hinter der runden grünen Tür und schloß sie, so schnell er es, ohne unhöflich zu erscheinen, wagen konnte, denn Zauberer sind schließlich Zauberer"). Erst im Nachhinein nach erfolgreicher Beendigung seines Abenteuers, wird unser Mister Beutlin wohl noch sehr häufig auf seinem Sofa gesessen und beim Zurückdenken, noch oft über sich den Kopf geschüttelt haben, wie er am Anfang seines Abenteuers so gewesen ist.

Wie kann es bei Bilbo zu einem solchen Nichtwissen über sich kommen, über seine eigenen bis dato verborgen gebliebenen Fähigkeiten und über die Möglichkeiten sie in der Welt auszuleben, schließlich ist er schon über fünfzig und damit sollte man denken, kein ahnungsloser Jungspund mehr? Und nicht einmal das Nichtwissen um diese Dinge ist das absonderlich Erscheinende, sondern das Fehlen jeglicher Suche nach solchen Möglichkeiten, das Nichtvorhandensein jeglicher Fragen und Bestrebungen in diese Richtung. („Man konnte im voraus sagen, was ein Beutlin auf eine Frage antworten würde, ohne dass man sich die Mühe machen musste, diese Frage wirklich zu stellen").

Der "Kleine Hobbit" als praktischer Begleiter durch die Reise des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt