Trickbetrüger - Teil 24

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"Nach dem Anruf von Claus habe ich mich alleine auf den Weg gemacht, Palle wollte nicht mit kommen."

pov. Zombey

20:17_10. November

Ich hatte mir relativ schnell einen Plan davon gemacht, wie ich nach München kommen wollte. Zwar hatte ich den Rucksack dabei, in dem fanden sich allerdings nur zwei kleine Flaschen Wasser, ein Hoodie von Maudado, ein paar Turnschuhe, das nicht mehr in den Koffer gepasst hatte und die kleine Tasche mit Pflastern und Kopfschmerztabletten, die Palle beim Auto noch eingepackt hatte. Ich stand ohne Geld da, doch das war für mich das kleinste Problem. Immerhin war ich ein Trickbetrüger und zwar kein Schlechter.

Schnell fand ich mich mitten in der Stadt wieder, auch wenn es mir zuvor nicht bewusst gewesen war, war ich mitten in Berlin. Nun stellte sich nur die Frage wie ich am besten zum Hauptbahnhof käme. Ich versuchte den Weg nach München zu Googlen, doch mein Handy wollte mir ohne genügend Datenvolumen nicht weiter helfen und sah ich mich letztendlich gezwungen jemanden zu fragen.

"Entschuldigung.", hielt ich ein junges Mädchen mit hellbraunen, glatten Haaren an. Sie drehte sich verwundert herum, offensichtlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass jemand sie ansprach. "Ich muss zum Bahnhof, mein Handy hat aber leider den Geist aufgegeben.", erklärte ich freundlich und widerstand der Versuchung nach dem Bahnticket in ihrer Jackentasche zu greifen, ich könnte auch schwarz fahren. Sie rückte ihre Brille etwas weiter nach oben und dachte kurz nach: "In diese Richtung ist eine U-Bahnstation, dort müssen sie in die Fünfundfünfzig steigen und drei Stationen fahren, den Rest sollten sie finden."

"Okay, Dankeschön. Hab noch einen schönen Abend.", verabschiedete ich mich und mit einem leisen "Danke.", lief sie weiter. Ich folgte ihrer Beschreibung und lief die Straße hinunter. Tatsächlich dauerte es keine zwanzig Minuten bis ich am nächsten Bahnhof stand und auf einer Anzeigetafel einen Zug suchte, der über München fuhr.

Ich wurde zwar recht schnell fündig, auch wenn ich einige Zeit brauchte um das System hinter den angezeigten Stationen und Ankunftszeiten zu durchblicken, doch fuhr der Zug erst in zwei Stunden. Genug Zeit um an etwas zu essen zu kommen und zum Zeitvertreib etwas spazieren zu gehen.

Selbstsicher ging ich zu einem jungen Mann hinüber, der mit einem Portemonnaie in der Hand am Geldautomaten stand. Ich tippte ihm auf die Schulter und fragte mit ausreichend verwirrtem Gesichtsausdruck: "Entschuldigen sie, können sie mir sagen wie ich zum Gleis 5 komme? Ich bin das erste Mal hier und verlaufe mich ständig."

"Eh, ja klar.", antwortete er und hielt in der Bewegung, mit der er soeben das Geld aus dem Automaten in seine Brieftasche befördert hatte inne. "Okay, zum Gleis fünf müssen sie dort entlang und dann rechts die Treppe rauf.", er zeigte in die Richtung und während ich mich vergewisserte auch alles richtig verstanden zu haben, nahm der anderen Hand einen fünf Euro schein aus seinem Portemonnaie, ohne dass er etwas bemerkte. Das Geld hatte ich längst in meiner Hosentasche verschwinden lassen, als ich mich bedankte und auf den Weg zu Gleis fünf machte.

Vielleicht würden ihm die fünf Euro fehlen, vielleicht würd er es auch überhaupt nicht bemerken und für das Zugticket hatte ich schon eine andere Idee. Ich bog kurz vor der Treppe in eine andere Richtung ab und kaufte bei einer kleinen Bäckerei einen Kaffee und ein belegtes Brötchen, dann machte ich mich auf den Weg aus dem Bahnhof heraus.

Ich schlenderte eine Straße hinab, am Touristenbüro vorbei und fand bald einen kleinen Park. Im Gegensatz zu der Straße, waren die Wege hier wie ausgestorben und nur vereinzelte Passanten kamen mir entgegen. Ich ließ mich schließlich auf einer Bank, mit Blick auf einen kleinen Teich nieder. Ich aß mein Brötchen und trank den Kaffee dazu, auch wenn das Essen eigentlich erst für den Zug gedacht war, ich hatte Hunger. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir, dass ich in einer guten Stunde am Gleis sein sollte und ich stand auf um mir noch ein wenig die Beine zu vertreten. Nach München bräuchte ich vermutlich fünf Stunden, wie es dann weiter gehen würde, wusste ich noch nicht.

Ich lief, die Hände in dem Taschen vergraben durch die kleine Grünanlag. Dabei achtete ich kaum auf den Weg und war in meine Gedanken versunken. Sie hingen bei Maudado, es war nicht nur die Frage was los war, ob es ihm gut ging oder wo genau er überhaupt war. Das alles waren Fragen die ich nicht lösen konnte und es hatte keine Sinn sich den Kopf darüber zu zerbrechen, bevor ich mit Claus sprechen könnte. Dennoch beschäftigte es mich, was er damit gemeint hatte mein Leben könnte davon abhängen, dass ich es keinem verraten würde.

Irgendwann steckte ich in den Erinnerungen an Norwegen fest, die schon so unendlich lange her zu sein schienen, dabei waren es gerade mal einige Tage. Allein wie Dado damals so oft seinen Kopf an meine Schulter gelehnt hatte, oder wie oft wir zu zweit durch den Wald spaziert waren, ließ mich lächeln. Was war ich nur für ein Idiot mich in meinen besten Freund zu verlieben.

Wenn ich genauer darüber nachdachte, hätte mir das auch schon auffallen können als wir uns kennen gelernt hatten. Doch bis ich mir eingestehen konnte dass ich mich eventuell in ihn verguckt hätte, waren dann doch einige Jahre vergangen. Wirklich sicher war ich mir erst seit Norwegen und in gewisser Weise schämte ich mich für den Wunsch es könnte mehr zwischen uns sein.

Ich wollte mich eigentlich nicht von meinem Ziel ablenken lassen, doch es wollte mir nicht recht gelingen das Thema einfach bei Seite zu wischen und so schlenderte ich versunken in Gedanken zurück zum Bahnhof. Zielsicher fand ich den Bahnsteig von dem der Zug in einigen Minuten befahren sollte. Aufmerksam musterte ich die Umgebung und danach die Menschen die mir besonders ins Auge fielen. Ich blieb hängen bei einem mittelalten Mann, er telefonierte laut und spekulierte genervt dabei. Ich entdeckte eine teure Uhr an seinem Handgelenk und sein Hemd war akkurat gebügelt. Mein Opfer stand fest.

Grinsen schlenderte ich hinüber zu dem Mann und als der Zug einfuhr, blieb ich wie zufällig neben ihm stehen. Unaufmerksam stieg er mit den anderen Fahrgästen und mir in den Zug. Währenddessen kramte er sein Ticket aus der Innentasche seines Mantels. Das Handy hatte er sich hinters Ohr geklemmt und er stand mitten im Gang. Mehrere Manschen quetschten sich ungehalten an ihm vorbei, der Letzte davon war ich. Als ich fast an ihm vorbei war, griff ich nach dem kleinen Papierstapel in seiner Hand und fischte zielsicher das Bahn ticket heraus.

Unbemerkt machte ich mich auf den Weg in die folgenden Wagons, während der Mann seine Papiere auf dem Sitz ablegte um das Gepäck zu verstauen. Wenn die Schaffnerin kommen würde, wäre ich schon so weit weg, dass keiner auf die Idee kommen würde, ich könnte etwas mit den verschwunden Ticket zu tun haben.

Ich warf einen Blick auf den Papier in meinen Händen und stellte fest, dass ich bis nach München durchfuhr. Sehr zu meinem Glück, denn wie mir erst jetzt auffiel hätte es auch sein können, dass der Mann an einer der früheren Haltestellen aussteigen hätte wollen.

22:29_10.November

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Be Brave! (Eine Freedomsquad Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt