Gegengift - Teil 43

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pov. Zombey

14:00_11.November

Es kostete mich einiges an Anstrengung den Beiden zu erklären was los war, anstatt sie anzuschreien, doch etwas zu unternehmen. Meine Gedanken schienen wild zu rotieren, immer und immer weiter angefacht von der schrecklichen Angst, es könnte längst zu spät sein.

Mir war ein Gedanke gekommen, ein Gedanke der, wirklich das letzte war, an dass ich mich klammern konnte. Stegi hatte erwähnt er wolle nach unten gehen, um eine weitere Dosis Gift zu besorgen. Doch er war nicht dumm.

"Nicht dumm gewesen.", verbesserte mich eine fast irre Stimme in meinen Kopf, die mir den Moment in dem ich realisiert hatte, dass Stegi in den Tod gestürzt war, in Erinnerung rief. Er war nicht dumm gewesen, genau wie Claus, der sicherlich gewusst hätte, dass Stegi "unten" ein Gegenmittel aufbewahrte.

"Ich brauche Hilfe.", stieß ich nach einigen Sekunden, in denen ich die Beiden angestarrt hatte hervor. "Maudado wurde von Stegi vergiftet. Wir müssen ein Gegengift finden, sonst...", ich sprach nicht weiter sondern stürmten an den Beiden vorbei. "Worauf wartete ihr denn?!", schrie ich aufgebracht, obwohl ich wusste, dass die Beiden kaum etwas tun konnten.

"Wo ist Maudado?", wollte Manu wissen und lief mir hinter her, die Treppen wieder nach unten. "Auf dem Dach.", antwortete ich fahrig und bekam kaum mit, wie er Patrick nach oben schickte, um mir dann zu folgen. "Wo willst du denn überhaupt hin?", fragte er etwas außer Atem, als ich im Erdgeschoss die Tür zur Kellertreppe auf stieß. "Nach unten. Irgendwo unten muss es eine Gegenmittel geben." Manuel seufzte, gab sich jedoch mit meinen mageren Auskünften zufrieden.

Die erstbesten Türen, die ich fand waren Lager, gefüllt mit Ordnern und staubigen Kartons. Unterscheiden konnte man die Räume nur anhand von kleinen Zahlen in den Ecken der Türen. Die letzten Türen auf dem schmalen Gang, waren nicht beschriftet und sie beide waren abgeschlossen. Genau da musst ich suchen, ich war mir sicher. Verzweifelt rüttelte ich an der Klinke, warf mich gegen die Tür, doch natürlich brachte das nichts.

Schließlich zog mich Manu an der Schulter bei Seite. Er sah mir ernst, aber völlig entschlossen in die Augen. "Zombey. Ich weiß, dass du Angst hast. Aber wenn wir etwas suchen, bringt es uns bestimmt nicht weiter wenn du so kopflos herumrennst, wie du es gerade tust. Wir werden das Gegengift finden und wenn nicht, finden wir eine andere Lösung."

"Für eine andere Lösung ist es doch viel zu spät. Vielleicht ist es jetzt schon-", mitten im Satz brachte Manu mich zum Schweigen und ich wusste, dass er voll und ganz Recht hatte. Aus der Bauchtasche seines Hoodies zog er eine kleine Pistole, die er mit erstaunlicher Sicherheit auf das Schloss der Tür richtete. "Geh ein Stück weg.", wies er mich an, bevor er ohne zu zögern schoss.

Der Knall war Ohren betäubend, doch trotzdem ging das Splittern des Holzes nicht darin unter und während sich Manu der zweiten Tür zu wandte, stieß ich die Erste auf.

Vor mir lag ein steriler Raum, graue Wände, gefließter Boden und rundum eine metallene Arbeitsfläche, mit verschlossenen Schränken darunter. In einigen offenen Regalfächern standen Holzklötze mit leeren Reagenzgläsern und Pipetten. Es erinnerte mich an eine eher düstere Version des Chemieraumes meiner alten Schule.

Weiter hinten ließ die nahezu klinische Ordnung nach. Neben einem Edelstahlwaschbecken lag ein Stabel ausgefranster Bücher und ein schwarzer Bürostuhl stand im Raum. Einige Zettel lagen präzise sortiert und gestapelt in einer Ecke des Arbeitsplatzes und eine kleine Schreibtischlampe war an der Wand montiert um für angenehmeres Licht zu sorgen.

Leere Kartons standen auf einem mit Rollen versehenden Beistelltisch. Auf gut Glück hob ich den Deckel einer der Boxen an, entdeckte darin aber nichts als Verpackungsmüll.

Die panischen Gedanken, die Manu tatsächlich für einige, wenige Minuten wegsperren konnte, bahnten sich langsam aber sicher einen Weg zurück in meinen Kopf und ließen meine Bewegungen gehetzt von dem Wille endlich fündig zu werden, unpräzise werden.

Ich zwang mich zur Ruhe, genehmigte mir für eine Sekunde die Augen zu schließen, durchzuatmen. Die Lösung lag direkt vor mir!

Ich sah den krakeligen, handschriftlichen Brief, auf einem weiteren Papkarton liegen, der kleiner war als die anderen, unaufgeräumt zurück gelassen neben dem Bücherstapel.
Meine Augen überflogen den Text und auch wenn ich nicht jedes Wort entziffern konnte, wurde mit jeder Zeile klarer, was in dem Karton sein musste.
Ich schrie nach Manu. Es war mir längst egal, was alle anderen von uns mitbekamen, sie schienen sich sowieso nicht dafür zu interessieren.

Manu brauchte keine drei Minuten um zu mir zu kommen und den Brief ebenfalls zu lesen. "Irgendwer schickt "endlich" die tödliche Krönung seiner Arbeit, Absender steht nicht drauf, aber das Gegenmittel ist, wie immer, mit dem gelben Aufkleber markiert.", murmelte er leise vor sich hin. Doch ich hörte ihm gar nicht richtig zu, sondern zog mit angehaltendem Atem den Deckel der Box ab.

Im Inneren lagen Spritzen, bestimmt zwanzig Stück und sie sahen alle exakt so aus wie die, mit der Stegi Maudado vergiftete hatte.
Nur zwei der gläsernen Phiolen waren ganz am Ende mit einem kleinen gelben Aufkleber versehen. Ich nahm vorsichtig eine davon heraus.
Meine Finger zitterten, ob vor Angst es könnte schon zu spät sein oder aus Hoffnung, endlich das gefunden zu haben was ich suchte, konnte ich nicht sagen.
"Meinst du es ist das Richtige?", fragte ich Manu leise. Er schüttelte den Kopf, aber nicht um meine Frage zu verneinen, sondern um mir zu sagen, dass er genau so wenig Ahnung hatte wie ich.
"Etwas Besseres werden wir nicht finden." Er musterte den Brief noch einmal. "Was sollte sonst die "tödliche Krönung" sein?"

"Wir müssen zurück.", entschied ich mit einer Sicherheit in der Stimme, die ich mir in diesem Augenblick nicht zugetraut hätte und war schon im Begriff den Raum zu verlassen.

Es war nur das leise Kratzen des Papkartons, dass entstand als Manu den Deckel wieder auf die Box klappte. Nur der Augenblick in dem ich mich erschrocken fragte, was das war, bevor es mir klar wurde, reichte aus.
Wie in Zeitlupe, sah ich die Spritze aus meiner Hand rutschen. Sah wie sie zu Boden fiel und wusste, dass ich sie auffangen müsste, doch ich war nicht im Stande zu reagieren.
Erst in dem Moment, in dem das Glas klirrend auf dem Boden zersplitterte, kehrte die Welt in ihr normales Tempo zurück.
"Scheiße!", es war das erste was mir über die Lippen kam und all die Panik, der Stress und die Frustration wollten folgen. Wie ein Schwall aus Gefühlen, die mich überrennen und in die Knie zwingen wollten, doch Manu war schneller.

Er griff sich kurzerhand die zweite Spritze, packte mich am Arm und zog mich mit sich. "Nicht jetzt Zombey, es gibt Wichtigeres.", wies er mich forsch zurecht und überfordert musste ich ihm Recht geben.

14:11_11.November

Be Brave! (Eine Freedomsquad Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt