Moro

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MAGNUS
Wir fuhren knapp zwei Stunden, bis wir in einen abgelegenen Waldweg abbogen. Die Stadt hatten wir schon lange hinter uns gelassen. Wo brachte Alec uns nur hin? Hier war doch nichts außer Wiese und Bäumen!
Nach weiteren 30 Minuten hielt Alec's Wagen vor einer Tiefgarage. Hier war jedoch gar kein Haus?! Wo zur Hölle brachte er uns hin? Ich sah ihn fragend an, doch er ignorierte meinen Blick und drückte auf einen Knopf. Das Tor öffnete sich und wir fuhren hinein. Meine Augen mussten sich erstmal an die Dunkelheit gewöhnen, doch als ich alles genauer betrachtete sah ihn hunderte von Autos und Motorräder, die hier geparkt waren. „Wie viel Geld hast du gleich nochmal für deine Arbeit bekommen?" fragte ich skeptisch und zugleich ziemlich beeindruckt. „Ich rede nicht gerne über Geld." antwortete er nur schlicht und stieg aus. Ich folgte ihm kurz darauf. „Wow. Wo sind wir?" fragte Jace, als die anderen zu uns stießen. „Ihr seid bei mir zuhause." entgegnete Alec monoton und lief auf einen Fahrstuhl zu. Wir stiegen ein und er drückte den Knopf mit der Nummer 4. „Was ist in den anderen Etagen?" wollte Isabelle neugierig wissen. „Wenn ihr Glück habt werdet ihr das nie erfahren." entgegnete er nur leise. Ich war mir nicht sicher, was er damit genau meinte, aber irgendwie war er mir doch etwas unheimlich. Die Türen öffneten sich und ein riesiger, hell belichtetet Raum kam zum Vorschein. Es war wohl der Wohnbereich. In der Mitte des großen Raumes stand eine riesiges Sofa. Eine Küche rechts von uns und ein Flur, der vermutlich zu den Schlafzimmern führte. Alles sah so aus, als wäre es jahrelang nicht benutzt worden. Es war zwar top modern, doch das meiste war eingepackt in Tücher oder leicht verstaubt. „Wie lange warst du nicht mehr hier?„ fragte ich nachdenklich. „Keine Ahnung." erwiderte Alec nur. "Ich bin hier und dort gewesen." fügte er noch hinzu. "Du bist ein Geist." stellte Clary leise fest. "Du kennst Moro, oder?" fragte sie dann vorsichtig, aber etwas lauter. Alec sah keinen von uns an. Er sah nur auf eine der Wände und sagte nichts. "Du scheinst ihn nicht besonders zu mögen, das steht schonmal fest. Was hat er getan?" schlussfolgerte sie weiter und zunehmend sicherer. Wieder keine Antwort, Alec begann einfach nur damit einige Möbel abzudecken. "Er hat dir weh getan, oder? Warst du eines seiner Versuchsobjekte?" fuhr sie unbeirrt fort auch, wenn Alec nicht reagierte. Bei diesen Worten stoppte er zu meiner Überraschung und kam ihr bedrohlich nahe. "Du solltest besser lernen, dass man weniger frage stellt. In meinem Geschäft beseitigen wir Leute wie dich einfach." flüsterte er und verschwand in dem kleinen Gang, der von uns weg führte. "Was weißt du?" fragte ich Clary, sobald ich mir sicher war, dass Alec verschwunden war. Alle sahen sie gespannt an, bereit ihr zuzuhören. "Ich habe in meinem alten Team viel über Moro lernen können. Er ist ein reicher Mafia Boss, allerdings einer von der wirklich gefährlichen Sorte. Er hat sich von Valentin Kinder besorgen lassen, mit denen er Experimente gemacht hat. Er soll es sogar geschafft haben ein Kind so zu verändern, dass es zu einer Waffe wurde. Er hat seine Experimente als Geister bezeichnet und es soll angeblich drei von ihnen gegeben haben, die all seine Torturen überlebt haben. Man weiß nicht genau wie seine Versuche den Körper der Kinder beeinflusst haben, aber es hat funktioniert. Seine Geister haben sich aber nach einiger Zeit gegen ihn aufgelehnt, sie sind geflohen und verstecken sich jetzt vor ihm. Nachdem Moro alle schwachen Kinder, die seine Versuche überlebt hatten getötet hatte, soll er sich selbst mit den gleichen Mitteln behandelt haben, aber er kam nie an sein Meisterwerk heran. Angel. Ich glaube, dass das unser Angel, beziehungsweise Alec ist. Er scheint es nur verdrängt zu haben." erklärte sie leise. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um unseren Angel handelt ist echt hoch. Leute, ich glaube Clary hat recht." warf Simon flüsternd ein. Ich konnte noch nicht ganz glauben, was sie da gerade gesagt hatte, aber ich hatte sie ja schließlich danach gefragt. "Das würde auch erklären, warum er so gut darin war Valentin zu schützen." fügte Isabelle im Gedanken hinzu. "Aber warum blockt er so ab, wenn wir ihn fragen und warum hat er uns das damals nicht gesagt?" fragte ich ratlos. "Magnus, vielleicht waren die Erfahrungen damals so traumatisierend, dass sein Gehirn ihn durch Verdrängung davor schützt. Wer weiß." warf Clary ein. "Man merkt wirklich, dass du die Psychologin bist." merkte Jace grinsend an. "Ich gehe mal nach Angel... eh, ich meine Alec suchen." sagte ich und verschwand in die Richtung, in die Alec gerade verschwunden war. Er musste jetzt so einiges verarbeiten, schließlich war sein Bruder gerade gestorben. Ich konnte mir gar nicht vorstellen was er in dem Moment durchmachte. Max hatte mir auch viel bedeutet, aber er war nun mal nicht mein Bruder oder Sohn. Ich lief den Gang immer weiter hinunter, bis ich an eine unabgeschlossene Türe kam. Leise klopfte ich, doch ich bekam keine Antwort. Schließlich trat ich einfach ein und fand Alec vor. Er stand vor einem großen Schreibtisch, gegenüber von ihm befand sich ein Regal mit vielen Kabeln und Bauteilen. "Was willst du?" fragte er, ohne sich zu mir zu drehen. "Ich wollte fragen, wie es dir geht." entgegnete ich leise und ging ein Stück auf ihn zu. Er drehte sich noch immer nicht um, ich packte ihn schließlich an der Schulter und drehte ihn vorsichtig zu mir. Irgendetwas war anders, etwas merkwürdiges lag in seinem Blick. Ich konnte es zuerst nicht deuten. "Bekomme ich auch eine Antwort?" fragte ich nach einer Weile sanft. "Keine Ahnung. Was sollte man denn fühlen, wenn man gerade seinen Bruder verloren hat?" fragte er leise. "Ich weiß nicht... vielleicht Trauer? Oder Wut?" warf ich ein. "Ich fühle aber nichts davon. Warum nicht?" antwortete er leise. Instinktiv zog ich ihn an mich, in eine Umarmung. "Was fühlst du dann?" flüsterte ich in sein Ohr. "Gar nichts....warum fühle ich einfach nichts?!" seufzte er und ließ sich vollkommen gegen mich sinken. "Keine Ahnung. Lass uns einfach dafür sorgen, dass du etwas fühlst." schlug ich leise vor. Ich wusste selbst nicht, wo das auf einmal herkam, doch ich wusste eins, ich wollte dafür sorgen, dass er etwas fühlte! Denn nichts zu fühlen ist schlimmer als Schmerz, Trauer und Wut zusammen. Nichts auf der Welt war schlimmer, als nichts zu fühlen.

In love with an angelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt