Erste Veränderungen [1/3]

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Erste Veränderungen




Hermine stand im Gemeinschaftsraum und war wie vom Donner gerührt. Ihre Lippen und ihre Haut brannten, wo immer Ron sie berührt hatte.
Er war so anders gewesen als sonst. Nicht täppisch und vorsichtig, sondern zielgerichtet und wissend. Es war Hermine schwer gefallen, seine Zärtlichkeiten zu beenden und in diesem Moment fragte sie sich, ob sie das Richtige getan hatte.
Sie setzte sich erneut auf das Sofa und nahm ihre Aufzeichnungen zur Hand. Doch sie konnte sich nicht mehr darauf konzentrieren. Eine ganze Weile saß sie da und starrte vor sich hin.
Schließlich schüttelte sie sich und griff nach dem Buch, das Ron ihr gebracht hatte. Er war jetzt schon fast eine halbe Stunde weg. Natürlich war er enttäuscht gewesen. Sie hatte es ihm doch angesehen, wie gerne er sie weiterhin im Arm gehalten hätte.
Ron hatte mit seinen Zärtlichkeiten heute etwas in ihr geweckt, von dem Hermine bis jetzt nicht wusste, dass es überhaupt da gewesen war. Die Küsse, die sie bisher getauscht hatten, kamen ihr dagegen wie die zwischen Geschwistern vor. Sie fieberte regelrecht Rons Rückkehr entgegen. Hermine musste einfach mit ihm über das eben Vorgefallene sprechen, ihm klar machen, wie sehr es ihr gefallen hatte.
Obwohl sie wenig Hoffnung hegte, sich auf das Buch zu konzentrieren, schlug sie es wahllos auf.
Es öffnete sich an der Stelle, an der Ron seine Haarsträhne hineingelegt hatte. Sie war jedoch nicht mehr rot, sondern silberblond. Hermines Atem setzte aus. Sie kannte nur einen Menschen auf der Schule, der eine solche Haarfarbe hatte.

Draco ging geradewegs zu dem leeren Klassenzimmer, in dem der echte Ron Weasley immer noch schlief. Er steckte ihm den Zauberstab zurück in die Tasche und tauschte Schuhe und Umhang. Dann holte Draco seinen Ersatzstab aus dem Schrank.
Der Gryffindor schnarchte.
»Mensch, Weaselby. Du weißt gar nicht, was für ein Glück du hast«, sagte Draco leise.
Er wanderte hinunter in den Kerker. Erleichtert ließ er sich auf sein Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Wenn ihm vorher jemand gesagt hätte, er würde Spaß daran haben, ein Schlamm..., eine Muggelstämmige zu küssen, er hätte demjenigen einen Fluch aufgehalst, der ihm hätte Hören und Sehen vergehen lassen.
Am meisten hatten es ihm Grangers Augen angetan. Draco konnte sich nicht erinnern, jemals so liebevoll angesehen worden zu sein. Er seufzte. Das hatte ihm außerordentlich gefallen. Mittlerweile musste sie herausgefunden haben, dass er es gewesen war, den sie geküsst hatte.
Sie musste unglaubliche Ängste ausstehen. Weasley gegenüber würde sie mit Sicherheit nichts sagen, um sich nicht selbst eine Blöße zu geben. Wahrscheinlich verbrachte Granger eine schlaflose Nacht, in der sie sich den Ablauf des morgigen Unterrichtes vorstellte. Er musste acht geben, dass sie ihn nicht vorher verhexte.
Draco war sich noch nicht schlüssig darüber, wie er sich verhalten sollte. Er schlief unruhig. Im Traum erschien ihm eine wütende Granger, der Flammen aus dem Kopf schossen, die ihn vernichten wollten. Schweißgebadet erwachte er.

Hermine lag wach in ihrem Schlafsaal. Regelmäßige Atemzüge waren von den anderen Betten aus zu hören.
Es war ihr gelungen, sich halbwegs unter Kontrolle zu bringen, bevor Ron zurückkehrte. Er hatte sich zunächst entschuldigt, weil er das Buch vergessen hatte, und dann ein wenig verwundert darauf gestarrt. Hermine hatte ihm erzählt, er hätte es vor einer Weile vorbeigebracht, wäre aber gleich darauf wieder gegangen. Wo er denn so lange gesteckt hatte, wollte sie wissen.
In einem leeren Klassenzimmer, nicht weit von der Bibliothek. Ron konnte sich nicht erinnern, wie er da hinein gekommen war. Als er aufwachte, war er sofort zurück zum Gemeinschaftsraum geeilt.
Hermine wälzte sich auf die andere Seite. Sie fürchtete sich vor dem nächsten Tag. Malfoy würde alles ausplaudern, mit einem hämischen Grinsen im Gesicht.
Sie schluchzte leise in ihr Kissen. Wenn sie es doch nur nicht so genossen hätte.

Der nächste Morgen kam unerbittlich. Beim Frühstück achtete Draco darauf, ganz normal zu erscheinen. Nicht einen Blick warf er zum Tisch der Gryffindors. Zu Verwandlung erschien er im letzten Augenblick und setzte sich auf seinen Platz.
Eine Sekunde später betrat Professor McGonagall den Raum. Sogleich kam sie auf die Aufgabe zu sprechen, die bis heute erfüllt werden sollte. Einzeln rief sie die Schülerinnen und Schüler auf, vor der Klasse ihre Aufgabe laut vorzulesen und anschließend nicht nur die Lösung zu nennen, sondern vor allem, wie es ihnen gelungen war, sich diese geheime Information zu beschaffen.
Draco schluckte. Er musste sich schnell etwas einfallen lassen.
Einige hatten wirklich einfache Aufträge gehabt. Weasley zum Beispiel brauchte bloß das Passwort der Hufflepuffs herauszufinden. Stolz berichtete er, wie er einem Zweitklässler nachgeschlichen war.
Draco verzog den Mund.
Andere mussten, wie er, diffizile Informationen beschaffen. Nicht allen war das gelungen, jedenfalls nicht, wenn es um etwas ging, was einem nur der Betreffende selbst beantworten konnte.
Jetzt war Granger an der Reihe. Unwillkürlich richtete sich Draco auf, als sie an ihm vorbei ging. Vorne drehte sie sich um. Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie begann, ihren Aufsatz über einen gewissen Nicolas Flamel vorzulesen. Einmal warf sie Draco einen kurzen Blick zu und errötete leicht. Fahrig fuhr sie mit ihrem Vortrag fort, verhaspelte sich hier und da und rollte schließlich sichtlich erleichtert das Pergament zusammen. Leise erzählte sie, wie sie bereits in der ersten Klasse auf den Hersteller des Steins der Weisen gestoßen war. Insofern hatte ihr der Aufsatz wenig Mühe bereitet.
Professor McGonagall rief Draco auf.
Er erhob sich und ging nach vorne. Sanft streifte er Grangers Schulter, als sie an ihm vorbei ging. Sie drehte den Kopf in seine Richtung und er fühlte ihre Worte mehr, als dass er sie hörte. »Bitte nicht.«
Vorne angekommen drehte er sich um und ließ seinen Blick über die Klasse schweifen. Weasley und Potter konnte man die Neugierde an den Gesichtern ablesen, während Granger, die sich eben setzte, bleich vor sich hinstarrte. Sie hatte ihre Hände so fest ineinander verschränkt, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Draco genoss die Macht, die er in diesem Augenblick über sie hatte.
Er entfaltete seine Aufgabe und las sie vor.
Es war mucksmäuschenstill in der Klasse. Professor McGonagall räusperte sich. »Ach herrje, Mr. Malfoy. Ausgerechnet Ihnen ist diese Aufgabe zugeflogen. Es ist verständlich, wenn es Ihnen nicht gelungen ist, sie zu lösen.«
Draco schenkte seiner Lehrerin ein überhebliches Lächeln. »Wer sagt denn, Professor, dass ich die Information nicht beschaffen konnte?«
Weasley zog hörbar die Luft ein.
Professor McGonagall sah Draco respektvoll an. »Wir hören Ihnen alle zu, Mr. Malfoy.«
Draco erzählte der Klasse von dem Muttermal der Gryffindor, das einer Schlange ähnelte, und sich an der Innenseite ihres linken Oberschenkels befand.
»Ausgezeichnet Mr. Malfoy. Wie haben sie es herausgefunden?«
Draco sah Granger an. Ihre Augen waren angstvoll auf ihn gerichtet. Ihre Lippen bebten.
»Ich hatte Hilfe«, sagte Draco langsam.
»Von wem?«, schrie Weasley. Alle zuckten zusammen.
Draco hob die Mundwinkel ein wenig. »Von dir.«
Weasley erbleichte und sah seine Freundin verwirrt an. »Ich habe ihm nichts erzählt, Hermine, ehrlich.«
Natürlich wusste Granger, dass dies die Wahrheit war. Draco erkannte, dass Tränen in ihren Augen schimmerten. Er erinnerte sich, dass er sie schon einmal zum Weinen gebracht hatte, als er sie in der zweiten Klasse als wertloses Schlammblut beschimpft hatte.
»Was hast du getan, Malfoy? Spuck's endlich aus«, mischte sich Potter verärgert ein.
»Ja, machen Sie dem Spiel ein Ende. Sie haben Ihren Spaß gehabt«, ergänzte Professor McGonagall.
»Ob Sie es glauben oder nicht, Professor, den hatte ich tatsächlich«, grinste er.
Bei diesem Satz schien Granger noch ein wenig tiefer in ihren Sitz zu rutschen.
Draco holte Luft. »Im Gegensatz zu anderen, habe ich bei Professor Snape gelernt, die unterschiedlichsten Tränke zu brauen, auch mein Repertoire an Zaubersprüchen ist groß. Für diese Aufgabe brauchte ich das Veritasserum und den Vergessenszauber.«
Granger hob den Kopf und richtete sich auf.
»Du lügst, Malfoy!« Weasley war außer sich.
»Ruhe und hinsetzen«, sagte Professor McGonagall streng. »Lassen Sie Mr. Malfoy gefälligst ausreden.«
Draco lächelte zynisch. »Na, Weasley, kannst du dich erinnern, wo du gestern Nachmittag gewesen bist?«
Der brummte etwas Unverständliches.
»Dann will ich deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen.« Draco sah Granger kurz an, bevor er sich erneut Weasley zuwandte. »Du bist in einem leeren Klassenzimmer in der Nähe der Bibliothek aufgewacht. Wahrscheinlich hast du nicht einmal eine Ahnung, wie du da hineingekommen bist.«
Der Rotschopf nickte widerstrebend.
»Wenn ich den Zauber richtig angewandt habe, dürfte deine letzte Erinnerung ein Kürbistörtchen gewesen sein, das du dir beim Verlassen der Bibliothek zwischen die Zähne geschoben hast.«
Der Gryffindor wurde schneeweiß unter seinen Sommersprossen.
»In dem Törtchen war Veritasserum. Ich habe dich in das Klassenzimmer gedrängt und du hast mir alles erzählt, was ich wissen musste. Anschließend habe ich dein Gedächtnis gelöscht. Es reicht, wenn Granger erst ab heute nicht mehr mit dir spricht.«
»Nie hätte ich dir freiwillig etwas erzählt!«, schrie Weasley.
»Hast du auch nicht. Ich war gezwungen, dich erst zu entwaffnen und dich anschließend zu bedrohen, bis die Wirkung des Trankes einsetzte.«
Weasley kratzte sich am Kopf. Es sah aus, als dachte er angestrengt nach. »Das kann nicht stimmen, Malfoy. Ich wusste zwar von Hermines Muttermal, aber nicht, wo es sich befindet.«
»Ups, da habe ich den Vergessenszauber wohl doch zu stark dosiert.«
Alle lachten.

Brennendes EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt