Weihnachten [1/2]

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Weihnachten

Hermine stürzte auf Draco zu. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Du musst mit mir kommen. Schnell, sobald wir im Pokalzimmer sind, hört der Schmerz auf.«
»Was hast du mit mir gemacht?«, brüllte Draco und stieß ihre Hand weg, die nach seiner Schulter greifen wollte.
»Gar nichts. Das muss eine Strafe von McGonagall sein.«
»Weshalb hast du dann nichts?«, stöhnte er.
»Ich will ja die Strafarbeit machen. Komm jetzt, sonst wird es nur noch schlimmer.« Sie merkte selbst, wie besorgt sie klang.
Hermine legte sich seinen Arm um ihre Schulter und umfasste seine Hüfte. Diesmal ließ Draco die Berührung zu. Gemeinsam schleppten sie sich zum Pokalzimmer. Erschöpft lehnte sich Draco neben die Tür. Sein Hemd war vorne mittlerweile blutdurchtränkt. Die Schmerzen schienen jedoch nachgelassen zu haben.
»Lass mich mal sehen«, sagte Hermine, trat auf ihn zu und begann die obersten Knöpfe zu öffnen.
»Finger weg, Granger«, sagte er rau.
»Dann mach's doch selbst du Idiot«, fauchte Hermine verletzt. »Ich wollte dir nur helfen.«
Sie sah, wie Dracos Kieferknochen mahlten. Dann öffnete er mit bebenden Fingern sein Hemd und zog es auseinander.
Hermine keuchte. Brust und Bauch waren blutverschmiert. Es sah aus, als wäre seine Haut aufgeschlitzt worden. Sie drehte sich um, in die Richtung, wo der Gryffindorturm war und hob ihren Zauberstab.
»Accio Murtlapessenz«, sagte sie und wenig später kam durch die Luft eine Schale gesegelt, die bis zur Hälfte mit einer Flüssigkeit gefüllt war, in der sich ein kleiner Schwamm befand.
Hermine öffnete die Tür und ließ Draco hineingehen. Dann nahm sie die Schale, die immer noch neben ihrem Kopf schwebte und folgte ihm.
»Leg dich auf die Couch«, sagte sie streng.
»Ich sehe aber keine, Granger.«
»Ach so, das haben wir gleich.« Einen kurzen Moment später hatte sich das braune Pult in eine breite bequeme Ledercouch verwandelt.
Draco zog eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts. Vorsichtig ließ er sich darauf nieder und streckte sich der Länge nach aus.
Hermine setzte sich neben ihn, nahm den Schwamm aus der Schale und fragte, ob er sich selbst abwaschen wollte.
Draco schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Hermine schob die Enden des Hemdes weit auseinander und begann mit der Säuberung. Draco zuckte jedes Mal zusammen, wenn Hermine den Schwamm erneut in die Essenz tauchte und ihn damit berührte. Sie sprachen nicht ein Wort miteinander. Schließlich lehnte Hermine sich aufatmend zurück.
Draco öffnete die Augen und sah an sich hinab. »Sag mal, steht da was?«
Hermine schluckte. Sie hatte die Nachricht längst gelesen und es hatte ihr einen Schock versetzt. Die Schnitte auf seiner Haut waren in Form von Buchstaben angeordnet, die nach und nach zum Vorschein gekommen waren, nachdem sie das überflüssige Blut abgewaschen hatte.
»Lies sie vor«, befahl Draco.
Hermine räusperte sich, dann las sie mit zittriger Stimme: »Ich muss lernen, Verantwortung für meine Taten zu übernehmen.«
In Dracos Augen schienen weiße Flammen zu tanzen. Er richtete sich halb auf und stützte sich auf den Unterarmen ab. Sein Mund war ein Strich. »Das werde ich der alten Hexe heimzahlen, das schwöre ich.«
»Du bist immer so voller Wut. Ich wundere mich allerdings selbst über Professor McGonagall. Das ist sonst gar nicht ihr Stil.« Gedankenverloren fuhr Hermine mit den Fingerspitzen die Buchstaben nach. »Die Schnitte sind nicht tief. Es werden keine Narben zurückbleiben. Jedoch solltest du nicht riskieren, die Strafarbeit noch einmal zu verweigern.«
Hermine sah in Dracos Augen. Es war nur noch ein hellgrauer Ring zu sehen, so groß waren seine Pupillen. Wie die Corona bei einer Sonnenfinsternis, dachte sie, ehe seine merkwürdig heiser klingende Stimme sie zurück in die Gegenwart holte. »Granger, nimm deine verdammte Hand da weg.«
Sofort gehorchte sie. Was hatte sie nur dazu bewogen, das feste Fleisch mit den darunter lauernden Muskeln zu berühren? Er fühlte sich anders an, als Ron, der eher weich und kuschelig war. An Draco war nichts Anschmiegsames, sein Oberkörper war einfach nur hart.
»Tergeo«, murmelte sie verlegen und sog das Blut aus seinem Hemd. »Du kannst dich wieder anziehen, der Rest verheilt auch so.«
Sie erhob sich. Draco setzte sich gerade hin und knöpfte sein Hemd zu. Kaum war er aufgestanden, verwandelte Hermine die Couch in das Pult zurück.
Dann holte sie eine Akte aus dem Schrank und begann, die Einträge zu überprüfen. Draco half ihr und eine gute Stunde arbeiteten sie, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, das nicht mit ihrer Strafe zu tun hatte. Irgendwann hörten sie das Türschloss.
Schweigend packten sie die Sachen zusammen. An dem Punkt, an dem sie sich trennen mussten, sagte Hermine nur: »Bis Morgen.«
Sie hatte sich erst halb herumgedreht, als Draco sie am Handgelenk packte.
»Ich habe noch eine Frage, Granger. Was ist gestern beim Mittagessen passiert? Du hast wütend ausgesehen. Hat diese Lavender Brown dich beleidigt?«
Hermine nickte.
»Hatte das etwas mit uns zu tun?«
»Es gibt kein uns, Malfoy. Es gibt nur dich und mich. Aber die Antwort auf deine Frage lautet: Ja.«
»Falsch Granger«, sagte Draco so leise, dass sie es kaum verstehen konnte. »Seit der Hydra gibt es ein uns. Wir wären beide nicht mehr, wenn wir einander da unten nicht geholfen hätten.«
Er ließ ihr Handgelenk los und Hermine eilte ohne ein weiteres Wort davon.

Brennendes EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt