Die Heulende Hütte [1/3]

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Draco schlug in seinem Gemeinschaftsraum mit der Faust gegen die Wand. Der Auftritt Rita Kimmkorns versetzte ihn immer noch in Wut.
Was hatte sich die blöde Schnepfe dabei gedacht, hier in Hogwarts aufzukreuzen? Irgendjemand musste sie informiert haben. Schließlich hatten genug Schüler ihn gesehen, wie er Potter – Harry – verbesserte er sich in Gedanken, zu Madam Pomfrey gebracht hatte.
Hoffentlich zog das keine Komplikationen nach sich. Er würde die nächste Ausgabe des Tagespropheten genau studieren müssen.
Einerseits konnte er sich nicht vorstellen, was an einem Beinahe-Badeunfall eines Schülers so besonders sein sollte. Andererseits handelte es sich hierbei um den Retter der Zaubererwelt und immerhin war die Kimmkorn persönlich hier aufgetaucht.
Draco war drauf und dran, seinen Uhu zu seiner Mutter zu schicken. Seit der Entlassung seines Vaters hatte er kein Wort mehr von ihr gehört. Offenbar hatte sie ihm noch nichts von Dracos Verbindung mit Hermine erzählt. Sonst wäre schon längst eine Eule von ihr eingetroffen. Dracos Anspannung wuchs kontinuierlich an, seit er wusste, dass sein Vater wieder auf Malfoy Manor residierte. Er hoffte sehr darauf, dass kein Artikel im Tagespropheten erschien, der seine Pläne untergraben würde.
Als die Eulenpost am nächsten Morgen kam, schlug Draco fieberhaft die Zeitung auf. Das Titelbild zeigte den Zaubereiminister Kingsley Shacklebold, wie er ein neues Gesetz zum Schutz muggelstämmiger Hexen und Zauberer unterzeichnete. Hastig blätterte Draco weiter. Auch auf den Seiten zwei und drei war nichts über Hogwarts zu lesen. Erst auf der vorletzten Seite wurde er fündig. Dort stand ein Artikel mit der Überschrift: Harry Potter vor dem Ertrinken gerettet. Darunter war ein Bild abgedruckt, das Harry im Krankenbett zeigte. Seine Besucher waren eindeutig zu identifizieren. Draco stockte der Atem. Er konnte deutlich erkennen, dass seine und Hermines Hände miteinander verschlungen waren. Noch dazu drehten sie immer wieder ihre Köpfe zu einander. Dracos Gesicht konnte man nicht sehen, aber auf Hermines lag ein liebevoller Ausdruck. Dann sahen beide wieder zu Harry hin.
Der Inhalt des Artikels fachte erneut Dracos Zorn an.
Harry Potter vor dem Ertrinken gerettetWie der Tagesprophet aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, wurde am vergangenen Dienstag niemand anderer als Harry Potter, den die meisten immer noch den Auserwählten nennen und der gerade sein letztes Schuljahr in Hogwarts wiederholt, beinahe das Opfer eines Badeunfalls. Der Retter der magischen Welt hatte sich entschlossen, im schwarzen See zu schwimmen, trotz der Gefahren, die darin lauern, oder vielleicht auch gerade deshalb. Nach dem Tod desjenigen, dessen Name immer noch nicht genannt werden sollte, erschien Harry Potter das Leben wohl ein wenig zu langweilig.
Während er im Wasser seinen Todeskampf bestritt, wurde er von niemand anderem als Draco Malfoy beobachtet, der den Beinamen der Eisprinz von Slytherin trägt. Entgegen den sonstigen Charaktereigenschaften, die man einem Malfoy zutraut, sprang er hinterher und lieferte sich einen heldenhaften Kampf mit den Wasserwesen. Es gelang ihm, Harry Potter aus deren Fängen zu befreien und auf die Krankenstation zu bringen.
Dort wurde auch die unten stehende Aufnahme gemacht. Weder Potter noch Malfoy waren zu einer Stellungnahme bereit. Schlimmer noch, meine Wenigkeit, Ihre Reporterin Rita Kimmkorn, wurde von beiden verbal angegriffen. Wie immer an der Seite des Auserwählten, seine muggelstämmige Freundin Hermine Granger, die mir sogar gedroht hat.
Sofort stellt sich mir und damit natürlich auch Ihnen, meine lieben Leserinnen und Leser, die Frage: Was sucht eine Schlange zwischen lauter Löwen? Was hat den Sohn des vor kurzem entlassenen Todessers Lucius Malfoy dazu bewogen, Harry Potter zu retten? Hat er dabei wirklich sein Leben riskiert, oder war die Aktion eine Absprache zwischen ihm und den Wassermenschen? Welche Rolle hat die nur mäßig hübsche Miss Granger inne, die Harry Potter schon während des Trimagischen Turniers so verletzt hatte (der Tagesprophet berichtete ausführlich über den Liebesschmerz des jüngsten Teilnehmers aller Zeiten)? Hat sie sich jetzt dem Reinblüter Malfoy zugewandt?
Wenn ja, wie ist es ihr gelungen, den Slytherin für sich zu gewinnen? Mit Charme, den sie nicht besitzt, oder vielmehr mit Hexerei, die sie ganz passabel beherrscht? Vielleicht ist es aber vielmehr so, dass der Eisprinz selbst die Fäden zieht. Erhofft er sich aus der Verbindung mit einer Muggelstämmigen eine Rehabilitation seines Namens und seines Ansehens? Sucht er die Nähe des anderen Hauses und dessen Mitgliedern aus ehrlichen oder berechnenden Gründen?
Ich persönlich glaube an ein perfides Spiel von Malfoy Junior. Der Tagesprophet wird wie immer seine Leserinnen und Leser auf dem Laufenden halten. Wir werden der Sache auf den Grund gehen und die Hintergründe aufdecken. Denn eines scheint sicher, die Annäherung der Erzfeinde Potter/Malfoy liegt nicht in der neuen Philosophie der Schule für Hexerei und Zauberei begründet, über die einzelnen Häuser hinweg, die Schülerinnen und Schüler zu einer Gemeinschaft werden zu lassen, deren oberstes Ziel das Wohl aller Menschen darstellt.
Ihre
Rita KimmkornDraco hob den Blick und schaute zum Tisch der Gryffindors hinüber. Hermine und ihre Freunde lasen den Artikel offensichtlich ebenfalls gerade. Sie hatten die Köpfe zusammen gesteckt und tuschelten. Er wusste nicht, wie sein Vater auf den Bericht reagieren würde, aber eines war klar. Sollte seine Mutter bis jetzt noch nicht mit ihm geredet haben, so war sie gezwungen, es endlich zu tun. Nun würde es nicht mehr lange dauern, bis ihre Eule mit der Nachricht eintraf.
Ginny Weasley hob den Kopf sah ihn an. Natürlich würden jetzt alle Gryffindors auf Hermine einreden und die Möglichkeiten durchsprechen, die diese widerliche Schreibertante aufgezeigt hatte. Draco rollte die Zeitung zusammen. Da jetzt ohnehin alle Schüler Bescheid wussten, konnte er auch ganz offiziell zum Haustisch der Löwen hinübergehen. Dennoch spürte er viele Blicke auf sich ruhen, als er die Halle durchquerte.
Ronald Weasley blickte auf und zog eine Grimasse. »Was sucht der denn hier?« Doch niemand antwortete ihm. Draco stellte sich hinter Hermine. »Ich muss dich sprechen.«
Nicht nur sein Mädchen erhob sich, auch Harry Potter stand auf. Das störte Draco, doch er wollte vor den anderen keinen Streit vom Zaun brechen.
Hermine ging voran und führte die jungen Männer in den nächsten Korridor. Dort öffnete sie die Tür zu einer Besenkammer. »Wie romantisch«, konnte sich Draco nicht verkneifen.
Doch die ernsten Gesichter der beiden anderen veranlassten ihn, sich weiterer Kommentare zu enthalten.
»Also Malfoy, was ist dran an dem Artikel?«, begann der Gryffindor ohne Umschweife.
»Kannst du dich nicht ein wenig klarer ausdrücken, Potter?«, erwiderte der Slytherin augenblicklich.
»Hey Jungs«, unterbrach Hermine sofort und legte beiden die Hand auf die Schulter. »Wir waren doch schon bei Harry und Draco.« Sie sah von einem zum anderen und fuhr fort: »Wir wissen doch alle, was für eine schlechte Journalistin Rita Kimmkorn ist. Ich glaube, dass keine von ihren Vermutungen zutrifft, nicht wahr, Draco.«
Das Vertrauen in ihren Augen tat ihm gut, gleichzeitig gemahnte es Draco aber daran, dass die Federschwingerin in einem Punkt nicht ganz Unrecht hatte. Er fasste nach Hermines Händen. »Es gibt keine Absprache zwischen mir und den Grindelohs. Ich bin Pott... – Harry – einfach so nach gesprungen.«
Hermine lächelte. »Das hätte ich auch nicht anders erwartet.«
Auch Harry nickte überzeugt. »Vollkommener Blödsinn. Was mir allerdings nicht gefällt ist der Verdacht, dass du dich an Hermine rangemacht hast, um deinen guten Namen zurückzuerobern. Wie stehst du dazu?«
Draco wusste, dass ihn jetzt nur absolute Ehrlichkeit weiterbrachte. »Ich gebe zu, das ist genau der Punkt, weshalb meine Mutter bereit ist, Hermine zu akzeptieren. Wobei ihr ebenso wichtig ist, dass meine Freundin mich wirklich liebt.«
»Das war aber nicht der Grund, weshalb du dich ihr genähert hast?«, bohrte der Gryffindor weiter.
»Ich habe mich in sie verliebt, Harry, allen Widerständen und der Vergangenheit zum Trotz. Auf die Idee, dass unsere Verbindung in der Zaubererwelt positiv aufgenommen würde, hat mich erst meine Mutter gebracht. Es ist für mich zugegebener Maßen ein angenehmer Nebeneffekt, aber nicht wirklich von Bedeutung.«
Draco hielt Harrys prüfendem Blick stand. Hermines Hände umklammerten weiterhin fest die seinen.
Harry rückte seine Brille zurecht und fuhr sich mit der Hand durch das ohnehin verstrubbelte schwarze Haar. »In Ordnung, Draco. Ich glaube dir. Du treibst kein Spiel mit uns.«
»Mir geht es einzig um Hermine. Du und die anderen seid nicht meine Freunde, sondern ihre. Ich suche eure Gesellschaft nicht, nehme sie aber um Hermines Willen in Kauf. Ihr seid ihr wichtig und das allein zählt für mich«, stellte Draco klar.
»Dann verlasse ich euch beide jetzt und informiere die anderen darüber.« Harry drängte sich an ihnen vorbei.
Kaum hatte er die Türe hinter sich geschlossen, als Draco Hermine in seine Arme zog. Er versenkte seine fein geschnittene Nase in ihrem Haar. »Egal, was auch immer kommen wird, vergiss nie, dass ich dich liebe.«

Brennendes EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt