Finstere Pläne [1/2]

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Das Büro der Schulleiterin materialisierte sich, während Hermine sich nunmehr mit beiden Händen an Draco klammerte. Sie mochte das Apparieren ebenso wenig, wie das Fliegen auf einem Besen. Sobald der Raum aufhörte zu schwanken, ließ sie Draco los.
Professor McGonagall stand hinter ihrem Pult und sah sie neugierig an. »Nun?«
Hermine überließ Draco das Antworten. Sie war noch viel zu verwirrt von dem, was sich in den letzten zwei Stunden zugetragen hatte. Später konnte sie darüber nachdenken. Jetzt musste sie schnell hier raus und hinüber zum Spielfeld eilen. Von draußen tönte Jubel herein. Einer der Jäger hatte offenbar ein Tor geschossen. Hoffentlich würde Gryffindor gewinnen. Hermine war sicher, dass ihr Fehlen von ihren Freunden bemerkt worden war, doch bei einem Sieg wäre es leichter, sie davon abzulenken, da der Freudentaumel alle mitreißen würde.
»Miss Granger, gehen wir«, sagte Professor McGonagall. »Potter hat den Schnatz noch nicht gefangen. Sie kommen also noch zur rechten Zeit. Gryffindor führt mit einhundertzehn Punkten zu neunzig.«
»Draco, ich möchte, dass Sie bleiben«, sagte Snapes Porträt. »Ich habe noch etwas mit Ihnen zu besprechen.«
»Wie Sie wünschen«, antwortete der junge Mann, doch Hermine spürte den gereizten Unterton. Wahrscheinlich hatte er gehofft, mit ihr allein reden zu können. Mit Sicherheit wollte er sie auf das zurückgegebene Weihnachtsgeschenk ansprechen. Die Muggelwelt hatten sie so schnell wie möglich verlassen müssen, deshalb hatte Draco dort zum Glück dazu die Zeit gefehlt. Doch ihm alleine zu sein, musste Hermine auf jeden Fall vermeiden. Sie war sich ihrer selbst nicht mehr sicher in seiner Nähe.
Hermine verließ an McGonagalls Seite das Büro. Sie unterdrückte den Wunsch, sich von Draco zu verabschieden. Nicht einmal einen Blick warf sie ihm zu, obwohl es ihr schwer fiel. Die Knöchel ihrer linken Hand brannten immer noch, wo seine Lippen sie berührt hatten. Beharrlich fühlte sie seine Finger zwischen den ihren und seinen Oberschenkelmuskel an ihrem Handrücken.
Die beiden Frauen folgten der Wendeltreppe abwärts, gingen vorbei an dem Wasserspeier nach draußen. Keine fünf Minuten, nachdem sich Hermine zu den Gryffindors auf die Tribüne gesellt hatte, fing Harry den Schnatz. Sie jubelte und stieß Neville, der neben ihr stand, in die Rippen.
»Hermine, seit wann bist du denn da?«, fragte er verdutzt.
»Eine kleine Weile«, antwortete Hermine und ließ sich von Neville schnell den Spielverlauf erzählen, während die Spieler sich bereits auf den Weg zu den Umkleiden begaben.
Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors ging es mal wieder hoch her. »Hast du gesehen, Hermine, wie ich den letzten Quaffel gehalten habe?«, dröhnte Ron. Er hob sie hob und wirbelte sie herum. »Du hattest doch nichts damit zu tun?«, flüsterte er ihr dabei ins Ohr.
»Als wenn ich jemals in ein Spiel eingegriffen hätte«, antwortete sie entrüstet.
Die Party dauerte noch Stunden. Erschöpft fielen alle in ihre Betten. Hermine war froh, dass ihr Verschwinden unbemerkt geblieben war, jedenfalls hatte niemand sie darauf angesprochen. Sie fiel in einen unruhigen Schlaf.

Hermine fror. Sie trug nur ihr Nachthemd und umklammerte die Hüften des Mannes, der vor ihr auf dem Besen saß und durch die Nacht rauschte. Sein blondes Haar berührte den Kragen seines Mantels.
»Wohin bringst du mich?«, fragte sie und zitterte vor Kälte.
»In mein Haus. Dort werden deine Freunde dich nicht finden«, antwortete er und der Wind wehte die Worte an ihrem Ohr vorbei.
»Ich will nicht dorthin!«, rief sie verzweifelt.
Er drehte ein wenig den Kopf, so dass sie sein Profil mit dem spitzen Kinn sehen konnte. »Zu spät. Du wusstest, auf was du dich einlässt, wenn du mit mir kommst.«
Hermine wimmerte.
Draco ging in einen steilen Sinkflug über. Er landete vor der Tür seines Elternhauses, den Besen warf er achtlos weg. Am Handgelenk zog er sie mit bis in den Salon.
Seine Eltern standen am Kamin und neben ihnen - seine Tante Bellatrix Lestrange. Sie blies sich eine ihrer schwarzen Strähnen aus dem Gesicht und warf ihrem Neffen einen angeekelten Blick zu. Ohne Vorwarnung zückte sie ihren Zauberstab und kreischte: »Crucio.«
Hermine schrie, doch nicht ihr galt der Fluch. Draco krümmte sich vor Schmerzen und fiel ihr stöhnend vor die Füße. »Strafe muss sein, du Blutsverräter«, zischte Lucius. Jetzt drehte er sich leicht und seine hellen Augen suchten Hermine. Ein grüner Blitz schoss aus seinem Zauberstab auf sie zu und dann wurde es dunkel.
Hermine erwachte schweißgebadet. Ihr Herz raste und sie hatte Dracos Namen auf den Lippen. Hatte sie ihn herausgeschrien? Doch im Saal war nur das regelmäßige Atmen der Schläferinnen zu hören.
Hermine erhob sich schwankend und setzte sich in die Fensternische. Sie zog die Beine an und legte die Arme darum. Sie lehnte den Kopf an die Mauer hinter sich und starrte durch die Scheibe in die Nacht.
Wie schaffte man es, einen Menschen aus seinen Gedanken zu verbannen, wenn er sich nachts mit Macht Zugang zu ihren Träumen verschaffte? Sie nahm jetzt, allein und in der Dunkelheit, Dracos Präsenz wahr, als würde er neben ihr stehen. Fühlte seine Lippen erneut auf ihren Knöcheln, roch wieder diese Mischung aus Pfefferminz und Gras, spürte wie schon hundertmal zuvor seinen Kuss und sehnte sich nach mehr. Seine Nähe heute auf der Couch war kaum zu ertragen gewesen. Elaine Rawlish hatte etwas in ihm gesehen, was nicht da sein konnte. Hermine kannte Draco jetzt seit siebeneinhalb Jahren und hatte ihn bisher ganz für den Sohn seines Vaters gehalten. Doch vielleicht hatte seine Angst vor Voldemort ihn tatsächlich verändert. Er konnte immer noch unerträglich arrogant und respektlos sein, das würde wahrscheinlich auch sein Leben lang so bleiben, doch irgendetwas war mit ihm geschehen. Was immer es auch war, es reichte nicht aus, ihm zu vertrauen. Der Traum hatte Hermine nochmals deutlich vor Augen geführt, dass sie ihre Freunde verlieren würde, wenn sie sich mit Draco einließe. Außerdem konnte er doch nicht im Ernst gemeint haben, seine Mutter hätte nichts gegen eine Beziehung mit einer muggelstämmigen Hexe einzuwenden. Doch plötzlich erschien ihr Narzissa Malfoys Lächeln in einem anderen Licht. Nein, unmöglich. Selbst wenn, dann war da immer noch sein Vater. Hermine konnte sich nichts in der Welt vorstellen, was Lucius Malfoy dazu bringen könnte, sie als Schwiegertochter zu akzeptieren. Sie konnte nicht ihre Freunde und die Wärme der Weasleys gegen die Kälte, die Ablehnung und sogar den Hass eintauschen, die ihr die Malfoys entgegenbringen würden.
Zwischen Draco und ihr gab es keine Liebe. Es war bestenfalls so etwas wie Anziehungskraft. Sie würde sie überwinden und auch Draco musste das tun.
Und was, wenn er das nicht wollte? Doch auf diese Frage hatte Hermine keine Antwort.

Brennendes EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt